Schauspieler Schmid gewann den Hörspielpreis der Kriegsblinden für seine Produktion „Screener“. Mit Quotenmeter sprach er auch über die Dreharbeiten während Corona.
In der ZDF-Produktion «Immer der Nase nach» (in der Mediathek verfügbar) spielen Sie Nick, der sich in eine 15 Jahre ältere Frau verliebt, gespielt von Claudia Michelsen. Was hat Ihnen an dem Drehbuch, an der Geschichte gefallen?
Das Drehbuch hat mich sofort eingenommen. Nicht nur die Entwicklung der Hauptfigur ist spannend erzählt, die Stationen und Situationen, in welche Tanja stolpert, auch die Wünsche und Sehnsüchte der anderen Figuren sind wunderbar beleuchtet. Keine Figur ist Mittel zum Zweck, alle haben Fleisch, Seele oder wie man das nennen möchte. Und das konnte man auch in den Dialogen und den Regieanweisungen wiederfinden. Nichts war plakativ, weil alles mit einem liebevoll detaillierten Blick gefüllt war, der sich glücklicherweise genauso im Film wiederfindet.
Im «Tatort» vom 29. August sahen wir Sie als Frederick Seibold. Glückwunsch, Sie werden zu Beginn nicht ermordet, sondern „nur“ entführt. Eine besondere Rolle?
Den schnellen «Tatort»-Tod habe ich bereits beim Tatort «Tschill out» erlebt und ein Geheimnis mit in den Tod genommen, insofern kann auch ein frühes Filmableben durchaus „besonders“ sein. Hier war ich aber ganz glücklich, dass es für Freddy im Film noch ein paar weitere schräge Momente gab. Eine schön durchgeknallte, skrupellose Figur. Die Mischung aus totaler Hybris und gleichzeitiger Naivität hat großen Spaß gemacht zu spielen.
Die Produktion vom «Tatort» liegt schon einige Zeit zurück. Wann haben Sie den 13. Frankfurter-Film „Wer zögert, ist tot“ gedreht und wie waren die Produktionsumstände?
Die Produktion musste von Mai 2020 in den Herbst des gleichen Jahres verlegt werden, da wir alle noch nicht genug über diesen Virus wussten. Im Herbst gab es dann bereits Testmöglichkeiten und gute Schutzkonzepte, so dass wir einen relativ normalen Ablauf hatten. Klar sind die Masken erstmal nervig, aber die Freude am Job und die Möglichkeit überhaupt arbeiten zu können, überwiegen diese kleinen Einschränkungen, die man dafür hinnehmen muss, eindeutig. Einzig die Abschlussfeste, das Miteinander nach dem Dreh, das Zusammenkommen vermisse ich schon sehr. Das ist für den Ablauf und das Teamgefühl nicht zu unterschätzen.
Im Jahr 2020 hofften wir, dass im Sommer das Corona-Virus eingedämmt werden könnte. Der Herbst wurde dann ziemlich dramatisch. Wie haben Sie den Arbeitsalltag erlebt? Wurden Projekte verschoben?
Bis auf den «Tatort» wurden keine Projekte, an denen ich beteiligt war, verschoben. Nach den ersten Monaten wurde schnell eine neue Normalität hergestellt. Und auch solche Experimente wie „Online Konstellationscastings“, musste ich nur einmal erleben (ich meine nicht E-Castings, sondern Online-Begegnungen mit Spielpartnern vor einem anderen Rechner - da hängt die Chemie stark von der Stabilität des Netzes ab). Spätestens seit den Testmöglichkeiten konnte ein relativ normaler Ablauf gewährleistet werden.
Seit Frühjahr haben auch gesunde Menschen – wie wir – die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Wurden seither die Produktionsbedingungen gelockert?
Nicht, dass ich wüsste. Zudem hängen die Bedingungen auch von der jeweiligen Produktionsfirma ab. Gut durchdacht sind die Konzepte alle, schließlich will keiner einen Drehabbruch riskieren.
Die Schauspielerin Eva Herzig wurde aus einer Folge des «Steierkrimi» herausgeschrieben, nachdem sie sich nicht impfen lassen wollte. Während man dies bei der ORF/ARD Degeto-Produktion hinter vorgehaltener Hand machte, schreibt Netflix Impfungen vor. Zu viel des Guten?
Ich kenne mich mit Arbeitsrecht nicht aus, insofern kann ich zu dem Vorgang nicht viel sagen. Genauso wenig kenne ich mich mit Impfungen aus, sondern verlasse mich auf die Menschen, die Medizin studiert und wissenschaftlich fundiert Impfstoffe zugelassen haben. In dem ich eine Maske trage und mich impfen lasse, kann ich andere Menschen schützen, die sich nicht impfen lassen können. Das ist das was für mich persönlich zählt. Es geht dabei nicht um Filme, es geht um meine Verantwortung in der Gesellschaft.
Sie haben lange am Theater gearbeitet, unter anderem in Freiburg, Mannheim, Aachen oder Düsseldorf. Haben Sie sich während der Pandemie mit früheren Kollegen ausgetauscht?
Die Kolleg*innen haben ganz unterschiedlich berichtet, was an ihren Häusern passiert ist:
Bei manchen ging der Produktionsdruck unablässig weiter und es wurde ein Stück nach dem anderen geprobt, quasi auf Halde, um sie zur Aufführung zu bringen, wenn die Theater wieder öffnen. Andere konnten verdientermaßen etwas verschnaufen. Anders als beim Film waren die Schutzkonzepte bei den Proben noch nicht ausgereift - so habe ich es zumindest gehört - Theaterproben sind auch meist wesentlich körperlicher.
Alle haben aber gleichermaßen berichtet, dass sie es vermissen auf der Bühne zu stehen - ein Schauspieler*in ohne Publikum fühlt sich auf Dauer eben nicht erfüllt. Insofern war es für alle eine harte Zeit. Hoffen wir, dass es bald wieder normal weitergeht und auch hier die Impfungen einen gewissen Schutz und eine Normalität ermöglichen.
Welche Fernsehengagements stehen in den nächsten Monaten an?
Im Herbst steht ein «Polizeiruf» an, weitere Projekte sind in der Pipeline. Wie so oft, ungelegte Eier, aber eine aufregende Zeit. Ich bin gespannt, welches schlüpft.
Sie standen für «Professor T.» mit Matthias Matschke vor der Kamera, ansonsten drehen Sie meist Reihen und Fernsehfilme. Haben Sie einen Favoriten?
Als Spieler kommt es ganz auf die Rolle an, als Zuschauer interessieren mich gerade Filme mehr. Figuren und Geschichten konzentriert in 90 oder 120 Minuten zu erzählen, Bögen zu verdichten, und auch manche Dinge unbesprochen zu lassen, ist eine Kunst.
Serien können natürlich tiefer in die Figuren reingehen, mehr Bögen spannen, mehr Nebenschauplätze aufmachen, aber manchmal will ich das gar nicht. Ich will bei einer Sache dranbleiben und nach Ende des Films auch einen Abschluss finden.
Vielleicht bin ich immer noch von der Serie «Lost» traumatisiert: 6 Staffeln a 20 Folgen a 40 Minuten und jedes Mal ein Cliffhanger am Ende haben eine Menge Sitzfleisch erfordert, man war aber zu sehr gefangen, als dass man hätte aufgeben können. Letztlich hätte der Plot auch kunstvoll in einen Spielfilm mit Überlänge gepasst.
Dem Hörspiel „Screener“ in dem Sie die Hauptrolle sprechen wurde der „Hörspielpreis der Kriegsblinden“ verliehen. Wussten Sie, dass es solch eine Auszeichnung gibt?
Ja, das wusste ich. Es ist der bedeutendste Preis im Hörspielbereich in Deutschland. Lucas Derycke, der Autor und Regisseur, hat ein geniales Hörspiel geschrieben, das einem die Socken auszieht. Ich spreche darin Felix, einen Screener, der Youtube-Videos mit drei Wörtern taggen muss und darüber langsam den Verstand verliert. Auch hier sind wir wieder beim Verdichten, beim Konzentrat: Es braucht keine lange Erzählung. Man hört nur drei Wörter und zum Beispiel das Laden einer Waffe, aber im Kopf entstehen dazu die Bilder. Students - School - Shooting.
Zu guter Letzt: In welchem Film hätten Sie gerne mitgespielt?
«Forrest Gump». Weil ich die Figur so mag.
Und «Victoria». Weil ich die Umsetzung und den Thrill der Plansequenz gerne erlebt hätte.
Danke!
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