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«Nobody» – Der cineastische Erfolg von Einzelkämpfern

Regisseur Russen Ilja Naischulle hat neben «Better Call Saul»-Star Bob Odenkirk auch «Zurück in die Zukunft»-Legende Christopher Lloyd verpflichtet.

Viele Kinogänger lieben den einsamen Kämpfer, der nichts und niemand braucht, um seine Ziele zu verfolgen. Dabei möchte er meist in Ruhe gelassen werden, weil er eine raue Vergangenheit hinter sich gebracht hat und sich nun ganz auf sein eigenes Leben konzentrieren will. Dann kommt es doch anders, die Vergangenheit holt ihn wieder ein oder die Ungerechtigkeit in seinem Umfeld wird doch zu unerträglich für ihn. Er ist ein Rächer, ein schlafender Riese mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Er nimmt es mit einer ganzen Armee auf - und ja, er ein Kerl, wortkarg und schlagfertig. Eben pures Männerkino, weil man von diesem Antihelden eine einladende Identifikationsfläche bekommt. Aus diesem Holz sind in den letzten Jahren Actionfilmserien wie «The Equalizer», «96 Hours» oder «John Wick» entstanden. Sowohl Denzel Washington, Liam Neeson und Keanu Reeves sind zum Aushängeschild dieses Genres geworden, sogar Sylvester Stallone kehrte in «Rambo: Last Blood» sichtlich gealtert als alleinkämpfender Vietnamveteran auf die Leinwand zurück. Mit Bob Odenkirk («Breaking Bad») will sich nun noch ein weiterer Haudegen in diese Riege einreihen. Obwohl weniger zugkräftig als Washington und Neeson, erfüllt er aber das gleiche Männerbild und macht seine Sache noch nicht mal schlecht.

Niemand ist ein Niemand
Zunächst lernen wir Hutch Mansell (Bob Odenkirk) aber als spießigen Familienvater kennen, als Schlappschwanz, weil er immer brav die Mülltonnen rausschiebt und so wirkt, als würde er keiner Fliege etwas zu leide tun. So verhält er sich zumindest, als zwei Einbrecher nachts in sein Haus einsteigen und er mit erhobenen Händen vor ihnen steht. Bloß keine Gewalt. Sein Sohn hingegen stürzt sich mutig auf die Diebe, die entkommen können. Seinen Respekt hat Hutch damit verloren, selbst seine Frau Becca (Connie Nielsen) straft ihn mit Nichtachtung. Um sich selbst wieder in die Augen schauen zu können, muss er die Einbrecher ausfindig machen und ihnen einen Denkzettel verpassen. Und dazu ist er durchaus in der Lage, denn was keiner weiß: Hutch hat einst die Dreckarbeit für die Mafia gemacht. Als er die beiden Übeltäter endlich vor sich hat, entpuppen sie sich als junges Paar mit kleinen Kindern, die stets knapp bei Kasse sind. Sie haben Glück, dass Hutch unverrichteter Dinge wieder von dannen zieht. Doch sein alter Killerinstinkt ist wiedererwacht. Diesmal will er auf der richtigen Seite stehen und legt sich mit der Mafia an.

Nobody ist der Größte
Zuerst steigt Odenkirk alias Hutch aber einen öffentlichen Nahverkehrsbus - frustriert und niedergeschlagen, weil er seine Rachegelüste nicht befriedigen konnte. Aber auf den hinteren Bänken sorgen einige Rüppels für Randale. Die anderen Fahrgäste bibbern vor Angst. Nicht aber Hutch, denn diese Jungs bräuchten unbedingt mal eine Tracht Prügel. Und dann geht‘s auch schon los. Der Angreifer muss erst mal einiges einstecken, weil er noch gar nicht richtig in Form ist. Aber je doller die Typen auf ihn einschlagen, desto stärker haut er zurück. Das ist im Film die Schlüsselszene! Denn hier kriegt der Protagonist seine frühere Stärke zurück und signalisiert dem Publikum: Nobody ist der Größte! Diese brachiale Prügelszene wird richtig lang ausgekostet, bis es selbst dem Zuschauenden wehtut, um das choreografische Geschick der Stuntleute ins Rampenlicht zu stellen. Auf moralischer Ebene ist einem aber schon klar, dass man Rowdys in einem Selbstjustizakt nicht gleich halbtotschlagen muss. Doch auf diese Ebene will sich «Nobody» gar nicht erst begeben. Wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört, ist hier klar definiert. Der Rest funktioniert wie in einem Comic.



Die Geburt eines neuen Actionhelden
Gewiss, ein klischeehaftes Konzept, und dennoch geht auch diesmal wieder voll auf, zumindest für jene, die diesem Genre etwas abgewinnen können. Wunderlich ist das nicht, denn hinter diesem Projekt standen Produzent David Leitch («Atomic Blonde») und Drehbuchautor Derek Kolstad («John Wick»), die sich mit dem Genre richtig gut auskennen und wissen, welche Knöpfe zu drücken sind. Als Regisseur verpflichteten sie den Russen Ilja Naischuller («Hardcore»), der nebenbei auch noch zu einer Rockband (Biting Elbows) gehört. Da muss es also richtig krachen, einschließlich obligatorischer Autocrashs und dem Geknatter von Maschinengewehren. Ein personelles Highlight ist Christopher Lloyd, den die meisten noch als verrückten Zeitreisenden aus «Zurück in die Zukunft» kennen. Er spielt den Vater von Odenkirk, und was übrigbleibt, wenn sich Vater und Sohn gemeinsam ins Schlachtgetümmel stürzen, haben 2019 schon Nick Nolte und Gerard Butler eindrucksvoll vorgeführt. Bob Odenkirk macht als neuer Actionheld auf jeden Fall eine gute Figur und könnte zur ernsthaften Konkurrenz für alle anderen Schauspieler werden, die auch noch jenseits der 50 vor der Kamera ihren Mann stehen wollen.

Fazit: Im Fahrwasser von «John Wick» und «The Equalizer» ist ein handfester Actionthriller entstanden, in dem es brachial zur Sache geht, gewürzt mit einem Schuss Selbstironie. Kein Film für Weicheier.

«Nobody» ist im Kino zu sehen.
21.07.2021 11:21 Uhr Kurz-URL: qmde.de/128118
Markus Tschiedert

super
schade


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Tags

The Equalizer 96 Hours John Wick Rambo: Last Blood Breaking Bad Nobody Atomic Blonde Hardcore Zurück in die Zukunft

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Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
Torsten.Schaub
21.07.2021 12:12 Uhr 1
Bei Nobody brauch man schon etwas Geduld bevor etwas passiert. Anfänglich ermüdet das normale Familienleben und zerrt an den Nerven. Doch nach dem nächtlichen Einbruch ändert sich die Lage. Allerdings darf man hier nicht gleich erwarten, das der Vater alles platt macht und ohne Schrammen davon kommt. Im Gegenteil, er muss auch einige Einstecken. Dennoch geht es richtig brachial zur Sache. Gewürzt mit ein bischen Humor wo einmal mehr Christopher Lloyd kenn Witz auf seiner Seite hat. Alt ist er geworden, doch seinen unerreichbaren Schalk im Nacken hat er behalten. Die Story ansich ähnelt schon der von John Wick und auch wenn der Film alle Register öffnet, an der großen Bruder mit Keanu Reeves kommt er nicht ran. Dennoch, wer solche Action mag, wird an den Film seinen Spaß haben denn der Showdown kann aus guten Gründen dem von The Equalizer gleichgesetzt werden. Zumindest wurde ich nach dem zähen Anfang noch gut unterhalten.

(Für die Streaming-Leute sei noch erwähnt, dass es einige Szenen in russischer Sprache gibt, die auch keine Untertitel haben. Zurzeit ist sowas Mode, das sowas in der Sprache bleibt woher die Menschen stammen. Das wird zwar mit Untertitel versehen, hier aber nicht der Fall ist. Trotzdem kann man sich gut denken, was da gesprochen wird.)
Stargamer
21.07.2021 18:15 Uhr 2
"bis es selbst dem Zuschauenden wehtut"



Oder es hier dem Leser wehtut, ob der sprachlichen Fehler in der Kritik.
Filmtyp
22.07.2021 00:35 Uhr 3
Nobody ist doch sowas wie die Antithese zu den harten Knochen, die von ihrer Vergangenheit eingeholt werden!

Odenkirks Figur ist gelangweilt, zermürbt vom ruhigen Alltag. Der Gag ist doch, dass die Hauptfigur ein Mann ist, der geradezu darauf BRENNT, in das alte Leben von Gewalt und Gefahr zurückzukehren. Eben deshalb nimmt er doch den erstbesten Vorwand wahr, um die beiden Einbrecher aufzuspüren, und deshalb kommt es ja auch zu der Eskalation im Bus. Ich geb aber zu, dass der Film es hätte deutlicher machen können, und allgemein inhaltlich etwas dünn war.

Übrigens hat er früher für die Regierung gearbeitet, nicht die Mafia.


Ich hab den Film im Kino gesehen, da waren die russischen Dialoge deutsch untertitelt.
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