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Marc Lepetit: ‚Wir wollen Filme machen, die berühren‘

Die UFA hat sich noch breiter aufgestellt und unterhält nun eine Doku-Abteilung. Lepetit leitet das neue Unternehmen, die erste größere Produktion war nun Mehrteiler über Angela Merkel.

Vielen Dank, dass für ein weiteres Gespräch bereitstehen. Seit Kurzem sind Sie mit Frau Gwendolin Szyszkowitz-Schwingel Leiter der neuen UFA-Einheit. Welchen Stellenwert soll Ihr Unternehmen langfristig bekommen?
Eine komplexe Frage knapp zwei Monate nach Start der UFA Documentary. Aber ich glaube, die Antwort wird auch in ein, zwei Jahren immer noch dieselbe sein: wir wollen Filme machen, die berühren, die informieren und die in der Lage sind, eine Diskussion aufzugreifen – oder noch besser: einen gesellschaftlichen Diskurs auszulösen. Darüber definieren wir dann auch gerne den Stellenwert der UFA Documentary. Wenn uns das langfristig gelingt, dann haben wir ein Unternehmen geschaffen, das relevant in dieser Branche sein darf. Und das ist natürlich unser Ziel: wir sind gekommen, um zu bleiben.

Ihr Unternehmen ist ja auch bestens im Bertelsmann-Konzern neben RTL als TV-Partner, Gruner + Jahr als Print-Partner und die Penguin Random House Verlagsgruppe vernetzt. Ist Ihr Unternehmen durch die Mutterfirma so gut aufgestellt?
Die Bertelsmann Content Alliance gab es schon vor uns. Aber wir merken, mit welcher Lust unsere Partner:innen hier auf uns reagieren und welche Möglichkeiten man hat. Herausragende Journalist:innen und Autor:innen sowie tolle Stoffe befinden sich in dem Verbund und wir freuen uns sehr, dass wir hier so gut aufgenommen wurden. Ebenso ist das aber auch ein Signal, dass Sender sehr goutieren – wir haben die Möglichkeit, aktuelle Themen in einem renommierten journalistischen Netzwerk anzugehen. Am Ende ist es aber auch so, dass jeder Stoff seine eigene Lösung braucht – auch unabhängig von unserem Mutterkonzern. Wir versuchen immer mit den besten Partner:innen für unsere Stoffe zusammenzuarbeiten bzw. die besten Partner:innen unter dem Dach der UFA Documentary zusammenzubringen.

Im vergangenen Jahr hat Penguin Random House die US-Verlagsgruppe Simon & Schuster übernommen. Haben Sie damit ein weiteres First-Pick-Recht an internationalen Stoffen?
So wie die UFA Documentary ist auch Penguin Random House mit seinen Verlagen unabhängig und frei im Markt. Wir tauschen uns sehr regelmäßig aus, national wie international, aber am Ende entscheidet immer das gesamte Paket. So haben wir z.B. auch nicht die Buchrechte an „Bad Company“ (Anmerk.: Buch über den Wirecard-Skandal) erworben. Am Ende haben wir einen eigenen Film auf die Beine gestellt und mit Bettina Weiguny ein eigenes Buch zu dem Thema auch bei einem Verlag von Penguin Random House herausgebracht. Die Synergien gibt es, wir unterstützen und schätzen uns sehr – aber ein „First Pick“-Recht haben wir an dieser Stelle nicht.

Haben Sie bei der neuen Angela-Merkel-Doku mit den Kollegen von Penguin Random House zusammengearbeitet? Immerhin sind dort ja auch viele Bücher über die deutsche Bundeskanzlerin erschienen.
Nein. Stefan Aust und sein Team waren hier im Lead und haben die Recherche geführt. Es gab eine Zusammenarbeit mit Spiegel TV.

Der ehemalige Spiegel-Chefredakteur und jetzige Welt-Herausgeber Stefan Aust war für die Produktion mitverantwortlich. Konnten Sie vom Erfahrungsschatz des jahrzehntelangen Medienmachers profitieren?
Absolut. Die Aufgabe bei einem solchen Stoff besteht ja nicht unbedingt darin, nur eine chronologische Abfolge der Ereignisse zu liefern, sondern sie im Gesamtkontext zu betrachten. Die Filme liefern nicht nur Angela Merkels Leben und Handeln. Stefan Aust betrachtet dies mit seiner Erfahrung auch im Kontext deutscher Geschichte. Und somit ergibt sich ein Bild, das wesentlich mehr ist als nur ein biographisches Werk. Das kann man nur, wenn man Angela Merkel, ihre und die deutsche Politik in Gänze betrachtet und mit großer Sorgfalt und Erfahrung in den Kontext bringt. Das ist der Verdienst von Stefan Aust in diesem Film.

Bereits seit ein paar Tagen steht die fünfteilige Dokumentation «Angela Merkel – Frau Bundeskanzlerin» bei TV Now zum Abruf bereit. Demnächst zeigt auch RTL eine Dokumentation. Ist dies das gleiche Projekt nur verkürzt?
Nein. Die Kolleg:innen von RTL werden sich an einem eigenen Themenabend noch einmal intensiv mit Angela Merkel und ihrem Schaffen beschäftigen. Dazu werden sie Ausschnitte aus unserer Dokumentation verwenden und Folge 5 wird in Gänze zu sehen sein. Wer alles sehen möchte, der wird auf TVNOW fündig.

An welche Momente von Angela Merkel erinnern Sie sich besonders gerne zurück?
Schwierige Frage. Es sind weniger Momente, die mir in Erinnerung bleiben, auch, wenn ich durch die Filme natürlich vieles jetzt wieder vor Augen habe. Grundsätzlich mochte ich ihre oft besonnene und ruhige Art, aber auch den Humor, mit dem sie die ein oder andere Situation getragen hat. Nicht immer aktionistisch zu sein, sondern auch erst einmal abwarten. Viele sahen das als Schwäche – ich persönlich bin froh, dass sie oft erst einmal Informationen gesammelt hat, bevor Entscheidungen getroffen wurden.

War die Elefantenrunde von 2005 der Game-Changer für Frau Merkel?
Ich erinnere mich gerne an diese Runde. Aber ob das der „Game-Changer“ für sie war, vermag ich im Nachhinein nicht zu sagen. Ich erinnere mich daran, dass ich damals nach ein paar Minuten ausschalten musste, da mir die Positionierung der „großen Parteien“ aufgestoßen ist. Ich bin ein politischer Mensch – aber in diesen Männerrunden war damals immer ein Ton, der mich persönlich irritiert hat. Ich weiß noch, dass sie sich lächelnd und klar äußerte und auch mit Schröders Attacken umgehen konnte. Dass sie in dieser männerdominierten Runde – damals auch noch mit zwei Moderatoren – saß und sich einfach und ruhig behaupten konnte, war imponierend. Damit war vielleicht auch dem letzten Zweifler klar, was sie leisten kann. Aber „Game-Changer“ würde ich das nicht nennen.

Unsere Bundeskanzlerin hat gerne die Meinungen der anderen Parteien übernommen und für sich selbst genutzt. Der Atom-Ausstieg beispielsweise, den Mindestlohn oder die „Ehe für alle“. War das die Stärkte von Frau Merkel oder doch die Schwäche der anderen Parteien?
Ich würde sagen, beides. Es geht ja immer auch darum zu erkennen, was zu tun ist, welches Problem zu lösen und welche Entscheidung zu treffen ist. Und mir hat es gefallen auch losgelöst von ihrer Person, wenn man in der Politik Bewegung ob der Sache und nicht ob einer persönlichen Eitelkeit oder einfach nur sinnloser Kontrahaltung entdecken konnte. Natürlich leidet dabei aber auch die sonst übliche Profilierung einer Partei und macht somit Platz für neue Bewegungen.

Welche Projekte stehen demnächst für UFA Documentary an?
Wir arbeiten an einer großen Sport-Doku für TVNOW und RTL, die noch in diesem Jahr fertig werden wird. Ebenso beschäftigen wir uns derzeit mit einer großen deutschen Pop Band, deren Geschichte wir gerade entschlüsseln und mit wunderbaren Interviews und ungesehenem Material aufbereiten. Auch sind wir dabei, einen großen Themenabend rund um das Thema „Female Power“ vorzubereiten und auch noch in diesem Jahr auszustrahlen. Für den Anfang eine Menge Holz, wie man so schön sagt. Aber das zeigt auch, wie breit wir aufgestellt sind. Es macht Spaß, sich jedes Thema in unserem Team anzuschauen und gemeinsam zu entscheiden, in welche Richtung man sich entwickeln möchte. Wir lernen auf dem Weg viele Filmemacher:innen kennen, die mit ihren Themen auf uns zukommen. Es ist ein dynamischer Prozess, in dem auch wir mit vielen Themen auf Filmemacher:innen zugehen und bei den Sendern erfahren wir eine große Offenheit, mit uns zusammenzuarbeiten.

Welches Feedback haben Sie eigentlich auf die Wirecard-Dokumentation bekommen?
Grundsätzlich gab es erst einmal sehr viel positives Feedback. Eine solche Geschichte, die nicht einfach zu erzählen und erklären ist, in der Kürze, Konkurrenz und Komplexität der Zeit weltweit zu recherchieren und zu produzieren, war nicht einfach – aber wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Für uns ist das Projekt, was die Zusammenarbeit mit Kolleg:innen sowohl innerhalb der Bertelsmann-Welt, als auch mit den Kolleg:innen der FAS und Presse in Österreich weiterhin eine Leistung, auf die wir stolz zurückblicken.

Ich wünsche weiterhin viel Erfolg!
06.07.2021 11:48 Uhr Kurz-URL: qmde.de/127893
Fabian Riedner

super
schade


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Angela Merkel – Frau Bundeskanzlerin

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