Der Vorgänger spielte bei einem Budget von 17 Millionen US-Dollar rund 340 Millionen ein. Klar, dass nun eine Fortsetzung kommen musste.
Das Kino lebt von seinen Monstern. Meist sind es schrecklich aussehende Kreaturen, die wild um sich schlagen und furchterregende Schreie von sich geben. Mittlerweile ist es nach Riesenaffen, prähistorische Wiederauferstehungen und außerirdischen Varianten schwer geworden, sich immer wieder neue Spezies ausdenken zu müssen. Dem Schauspieler und Regisseur John Krasinski («13 Hours») ist es vor drei Jahren dennoch gelungen. In seinem postapokalyptischen Science-Fiction-Schocker «A Quiet Place» werden auf der Erde die letzten Überlebenden nach einer Invasion von Aliens gejagt. Diese sind blind, dafür aber verfügen sie über ein ausgeprägtes Gehör. Jedes geflüsterte Wort, jedes Geräusch wird so zu einer tödlichen Gefahr. Da ist auch im Kinosaal jedes Rascheln und jedes Räuspern verstummt - so sehr ist das Publikum in diese Welt eingetaucht, in der eine Familie nach einem geeigneten Versteck sucht. John Krasinski führte nicht nur Regie, sondern spielte auch den Familienvater, Emily Blunt («Sicario»), mit der er auch im echten Leben verheiratet ist, seine Ehefrau. Mit einem Budget von 17 Mio. Dollar war «A Quiet Place» gewiss ein preiswerter Film, weltweit spielte das Horrorszenarium jedoch mehr als 340 Mio. Dollar ein. Eine Fortsetzung war nie angedacht, und doch ist sie entstanden und kommt mit 16-monatiger Verspätung nun endlich doch noch auf die große Leinwand – dorthin, wo große Monsterfilme nun mal hingehören.
Die Courage einer Mutter und ihrer Kinder
Nachdem sich Lee Abbott (John Krasinski) geopfert hatte, ist Evelyn Abbott (Emily Blunt) auf sich allein gestellt, um für sich und ihre drei Kinder einen neuen Unterschlupf zu finden. Die gehörlose Regan (Millicent Simmonds) und ihr kleiner Bruder Marcus (Noah Jupe) haben gelernt, wie sie sich in dieser menschenfeindlichen Umgebung verhalten müssen. Das neugeborene Baby hingegen muss ein Beatmungsgerät tragen, damit sein Geschrei abgedämpft wird. Ihre Reise führt sie zu einem vermoderten Industriegelände, wo sie auf einen weiteren Überlebenden treffen. Emmett (Cillian Murphy) ist ein Einzelkämpfer, der nach dem Verlust seiner Liebsten jedoch jede Hoffnung verloren hat und glaubt, dass das Ende der Menschheit nicht mehr aufzuhalten ist. Evelyn weiß nicht, inwieweit sie Emmett trauen kann. Derweil will Regan unerlaubt einem Radiosignal nachgehen, das zu weiteren Überlebenden führen könnte und vielleicht die einzige Rettung bedeutet. Doch es kommt, wie es kommen muss: Die blinden Kreaturen machen auch dieses Versteck ausfindig und greifen auf der Stelle an.
Das Spiel mit den Urängsten
Während es im ersten Teil noch darum ging, die Farm, in der die Abbotts ein neues Zuhause zu finden hofften, wie eine Festung auszubauen und zu verteidigen, wird die Fortsetzung zunächst wie ein Roadmovie durch dystopische Landschaften eingeführt. Aber das Drehbuch, an dem Krasinski ebenfalls wieder mitgewirkt hat, musste dann doch noch etwas mehr bieten als eine vielleicht nicht endende Odyssee. Weshalb mit Cillian Murphy («Inception») zunächst eine neue männliche Figur eingeführt wird und die Story anschließend zweigeteilt wird, indem wir zum einen der Mutter auf dem Industriegelände beiwohnen und zum anderen der Tochter auf ihrer Suche begleiten. Damit kann der Spannungsbogen tatsächlich noch ein bisschen erweitert werden, denn die Grundidee wurde ja bereits im ersten Teil ausgereizt und kann in der Fortsetzung kaum noch für Überraschungen sorgen. Dennoch funktioniert die tonale Verknüpfung aus absoluter Stille, minimalen Geräuschen und dem plötzlich auftretenden Gekreische der Aliens auch beim zweiten Mal sehr effekt- und wirkungsvoll. Da gibt es wieder etliche Schockmomente und die Zuschauenden werden ein weiteres Mal voll in den Bann gezogen - so als würden sie sich selbst in höchster Gefahr befinden. Letztlich ist es das Spiel mit den Urängsten, die jedem Menschen angeboren sind, obwohl wir in unserer zivilisierten Welt gar keine Angst mehr vor großen Tieren haben müssten, die uns nachts überfallen und fressen könnten.
Das Kino als Ort der Katharsis
«A Quiet Place 2» beginnt mit einem spektakulären Donnerschlag. Weil John Krasinski diesmal gewiss doch etwas mehr Geld zur Verfügung stand, wird uns die vernichtende Invasion der Aliens aus der Sicht der Familie Abbott rückblickend vor Augen geführt. Eine gespenstische Einführung, entstanden zu einer Zeit als noch nicht die Rede von Corona war und die Welt noch insoweit in Ordnung schien, dass Pandemien bis dato nur im Kino stattfanden. Nun hat uns die Realität eingeholt mit der Erkenntnis, dass die wahren Monster mikroskopisch kleine Viren sein können, die unseren Organismus von innen befallen. Doch je unruhiger die Zeiten, desto größer die Sehnsucht nach phantastischen Filmen, in denen uns der Kampf mit großen Monstern vorgeführt wird. Mit der Wiedereröffnung der Kinos werden schon in den nächsten Wochen weitere Spektakel dieser Art folgen von «Godzilla vs. Kong» über «Monster Hunter» bis hin zu «Dune». Das Kino als Ort der Katharsis, um uns unseren Ängsten zu stellen und wieder Mut zu fassen. Ein dritter Teil von «A Quiet Place» ist auch schon angedacht, ob John Krasinski und Emily Blunt wieder mit dabei sein werden, ist aber noch offen.
Fazit: Die Fortsetzung von «A Quiet Place» ist zwar nicht mehr so originell, aber das Spiel mit den Urängsten geht auf und die bedrückende Endzeitstimmung garantiert auch diesmal wieder einen fesselnden Science-Fiction-Horrorthriller.
«A Quiet Place 2» ist ab Donnerstag, den 1. Juli 2021, im Kino verfügbar.
Es gibt 7 Kommentare zum Artikel
01.07.2021 23:48 Uhr 5
02.07.2021 18:22 Uhr 6
Insgesamt bin ich zufrieden
04.07.2021 22:42 Uhr 7