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«Neustart auf dem Campingplatz»: Marokko, Major Tom und Mobile Homes

Der SWR hat die alternativen Wohnformen als Format entdeckt.

Schon gemerkt, dass im Fernsehen die Themen Tiny House, Camping oder Wohnmobile in den letzten Wochen überrepräsentiert sind? Das mag ja mit Corona und den fehlenden Fernreisemöglichkeiten zusammenhängen, aber anscheinend auch mit der zunehmenden Lust der Deutschen auf alternative Wohnformen. Wenn weniger mehr sein soll.

Der SWR hat sich das zum Beispiel genommen und startete am letzten Mittwochabend eine kleine Serie. Mit dem passenden Vorprogramm. Auf «Neustart im Wohnmobil» folgte «Neustart auf dem Campingplatz». Es geht um Menschen, die im "Mobile Home" leben wollen und nicht mehr in der gewohnten Art mit Mauern rund um die Zimmer.

Conny und Thomas sind um die 50 Jahre alt und haben nun Lust auf ein anderes Leben. Die beiden Söhne brauchen ihre Eltern nicht mehr - und die wiederum ihr Haus bei Heilbronn nicht. Sie haben sich einen lilafarbenen Laster umgebaut zum geräumigen Wohnmobil und beschließen, darin zu leben. Zu Aussteiger Thomas passen die Dreadlocks, die er anfangs der Reportage noch trägt.

Die Testreise mit Hund führt nach Marokko - und als sie nach Wochen wieder zuhause sind, merken sie: Das ist nicht mehr so richtig ihr Zuhause. Also wird das Haus verkauft und gegen künftig 17,5 Quadratmeter eingetauscht. Sowas ist mutig, sowas erweckt auch vor dem Bildschirm Lust und stellt die Frage nach dem Mut: Alles zurücklassen, neu anfangen? Auf die Familie und auch auf Freunde verzichten zugunsten des Abenteuers? Und wie ist das mit dem Geld, das ja irgendwann mal ausgehen könnte?

Conny und Thomas haben vor dem zweiten Lockdown den Absprung geschafft. Armenien und Aserbaidschan reizen, und das Haus fühlte sich für sie nicht mehr stimmig an, nachdem die Kinder ausgezogen waren. Den letzten Sommer verbrachten sie noch daheim, wohnten aber im Laster. Er arbeitete auf einem Spargelhof und auf einem Campingplatz, um Geld in die Reisekasse zu holen. Im Herbst dann der "Abflug" über zunächst Italien.

Das ist spannend - und der SWR setzte gleich hinten drauf die Neustarter auf dem Campingplatz. Sonja und Tochter Eva ziehen zu Ehemann und Vater Thomas, der seinen Job als Filialleiter geschmissen hat und vorab schon mal als "Major Tom" Platzwart wurde im Westerwald. Second Life, an erste Stelle gerückt! Hier packt er an, auch für andere Bewohner. Und scheint glücklicher zu sein als im bisherigen Leben.

Ob das auch für Eva so kommen wird? Die 13-Jährige darf von den geschätzt 243 Kuscheltieren maximal die Hälfte mitnehmen ins mobile Heim. 42 statt 100 Quadratmeter für drei Personen. Sonja weiß, dass die Allgemeinheit denkt, nur Hartz IV-Bezieher oder solche Menschen, "die den Anschluss irgendwie verloren haben", leben auf einem Campingplatz... Sie bringt immerhin 20 Paar Schuhe mit dorthin.

"Straße zum harten Kern" lautet die neue Adresse. Denn gut die Hälfte des Jahres besteht ja auch aus nieseligem Herbst, zu kühlem Frühjahr und vor allem eiskalten Winter. Schön mal draußen sitzen in blühender Natur ist da meistens nicht. Übrigens haben Camper nur zu oft billige Plastik-Klappstühle, was umso mehr verdeutlicht, dass ihnen Luxus nichts bedeutet. Das Pils aber fließt.

Auch Claudia und Detlef haben keine Lust mehr auf ein großes Haus. "Vier Wände, was zu essen - und Leute außenrum, die einen nehmen, wie man ist" - sie sagt, was ihr künftig wichtig ist. 180 Quadratmeter auf 42 zu reduzieren lautet die Aufgabe. Zunächst aber muss das Mobile Home über den sumpfigen Grund auf seinen neuen Platz gezogen werden. Als es klappte, fließt wieder Pils.

Wolfram kann sich bei 1.000 Euro Rente nichts anderes mehr leisten als ein Leben auf dem Campingplatz. Zum Duschen muss der 73-Jährige nun stets 500 Meter mit dem Auto fahren. Fünf Minuten Wasser kosten einen Euro. Frühmorgens kommt täglich eine Pflegekraft vorbei. Alleine kann er die Kompressionsstrümpfe für seinen entzündeten Beine nicht anziehen.

In Folge zwei von sieben baut er sich eine eigene Dusche - und die Gemeinde macht ein bisschen Stress, weil sie künftig keinen Erstwohnsitz auf dem Platz mehr zulassen will. Claudia pflanzt dennoch zwei Apfelbäume vor den Wagen. Major Tom hat nun auch eine Bachterrasse gebaut für sich und zwei Frauen.

«Neustart auf dem Campingplatz» wird zwischen 06. Mai und 17. Juni mit weiteren fünf Folgen fortgeführt und ist dann außer an den Feiertagen Christi Himmelfahrt und Fronleichnam immer donnerstags um 21 Uhr zu sehen. In der ARD-Mediathek sind die Folgen allesamt noch/schon zu sehen.
03.05.2021 11:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/126526
Michael Horling

super
schade

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Neustart im Wohnmobil Neustart auf dem Campingplatz

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