Özgür Yildirim: ‚«Para» ist Feel-Good und Drama zugleich‘
Mit «Para – Wir sind King» startet der Sender TNT Serie die nächste Eigenproduktion. Im Vordergrund stehen Jeanne Goursaud, Jobel Mokonzi, Soma Pysall und Roxana Samadi, die durch einen Fund die Hoffnung auf schnelles Geld haben. Quotenmeter sprach mit Regisseur Özgür Yildirim über das neue Format.
Herr Yildirim, vielen Dank für Ihre Zeit. «Para – Wir sind King» handelt von vier Jugendlichen, die in Berlin groß geworden sind und in eine eher skrupellose Welt abrutschen. Was kann der Zuschauer von der Serie erwarten?
Mein Ziel als Regisseur ist, den Zuschauern, die bereits ihre Zwanziger hinter sich gelassen haben, ein „Retroerlebnis“ auf der Reise mit unseren vier Heldinnen zu bieten. Das Gefühl der Unbeschwertheit, Wildheit und nur im Hier und Jetzt zu leben, das kennen wir alle noch. Dagegen bietet «Para - Wir sind King» den jüngeren Zuschauern jede Menge Identifikationsmöglichkeit. Beides hat sich bei den bisherigen Testvorführungen absolut bestätigt. Man liebt wirklich die «Para»-Mädels mit jeder Folge mehr.
Sie inszenierten schon das ebenfalls in Berlin spielende «4 Blocks». Warum kommen Sie immer wieder auf Berlin als Handlungsort zurück? Auch wenn dahinter keine strategische Vorgehensweise steckt, Berlin ist einfach eine spannende Metropole, die wahnsinnig bunt und lebendig ist. Die schrägsten Milieus prallen dort aufeinander und dabei finden eben Geschichten wie «Para» ihren Platz. Aber auch wenn Berlin der Handlungsort ist, bleibt unsere Serie universell.
Wenn man die Medien konsumiert, kann man schnell den Eindruck bekommen, dass Berlin eine furchtbare Stadt ist. Hier Clan-Kriminalität, dort eine ‚Querdenker‘-Demo, Drogen gibt es sowieso überall. Wann kommt endlich eine Feeld-Good-Serie über Berlin?
All diese Dinge gibt es natürlich auch in anderen deutschen Großstädten. Berlin ist nun mal groß und steht als Hauptstadt öfter im Fokus als Köln oder Bremen. Durch «4 Blocks» haben sicherlich manche das Thema „Clan-Familien“ mehr wahrgenommen als vorher, was ja nicht heißt, dass so etwas nicht vorher existierte. Und «Para» bedient eben nicht genau das. Wir wollten ein ganz anderes Lebensgefühl schaffen. «Para» ist Feel-Good und Drama zugleich, ohne dass unsere Mädels die weiblichen Versionen zu den Hamadys sind.
Mit «Blutzbrüdaz», «Nur Gott kann mich richten» und zwei «Tatort»-Filme haben Sie schon diverse Großprojekte filmisch inszeniert. Was macht ihnen mehr Spaß, Serie oder Film?
Als Filmemacher finde ich beides spannend und beides hat so seine Vor- und Nachteile. Das Format „Serie“ hat in den letzten zwei Jahrzehnten bewiesen, dass man wahnsinnig spannende Figurengeschichten erzählen kann, indem man sich viel Zeit für sie nimmt und vor allem sind die Zuschauer dankbar dafür, komplexen Charakteren dabei zusehen zu können, wie diese sich in bestimmte Richtungen weiterentwickeln. Gleichzeitig ist das Schaffen einer Serie unglaublich zeitintensiv, eben anders als beim Film.
Mit Wotan Wilke Möhring und Sido arbeiteten Sie schon mit sehr erfahrenen Größen der Branche zusammen, bei «Para» war der Cast wesentlich jünger besetzt. Ändert da Ihre Herangehensweise an die Arbeit?
Ich arbeite mit jedem erfahrenen Schauspieler genauso wie mit jedem unerfahrenen Schauspieler auch. Es finden im Vorfeld viele Gespräche statt, wir reden über die Figuren, versuchen herauszufinden, wie sie reden, wie sie sich bewegen und so weiter. Vor jeder Szene am Set - und damit meine ich wirklich vor jeder - bespreche ich mit meinen SchauspielerInnen erst einmal den Inhalt der jeweiligen Szene, stellen ggf. um und passen die Dialoge an. Dabei ist mir immer wichtig, dass sich alle vor der Kamera gegenseitig zuhören, um aufeinander besser reagieren zu können und daraus entstehen bei mir immer zusätzliche Improvisationen.
Wenn man nach dem Begriff ‚Para‘ – aus dem Türkischen übersetzt bedeutet es so viel wie ‚Geld‘ – sucht, landet man schnell im Hip-Hop. Übt diese Szene einen Einfluss auf die Serie aus?
„Para“ ist Slang und mittlerweile genauso im deutschen Jargon verankert wie „cool“ oder „cringe“. Hip Hop steht im Kern für Authentizität und deshalb hört man solche Begriffe eben von Rappern und nicht unbedingt von Schlagersängern. Letztendlich beeinflusst Film die Musik und umgekehrt genauso.
Wie erwähnt haben Sie zwei «Tatort»-Filme inszeniert – allerdings in Hamburg. Nach «Para» und «4 Blocks», wann dürfen wir uns auf einen Film von Ihnen mit Meret Becker beziehungsweise deren Nachfolgerin Corinna Harfouch und Mark Waschke freuen?
Keine Ahnung, wohin es mich in Zukunft verschlägt, aber im Moment liegen noch ein paar andere Pläne auf dem Tisch. Unter anderem auch ein eigenes Projekt.
Die Dreharbeiten fanden im Spätsommer des vergangenen Jahres statt. Wie stark war dennoch der Einfluss von Corona? Damals waren die Zahlen stark rückläufig und die Sorgen womöglich weniger groß.
Richtig, trotzdem haben wir alle das Thema sehr ernst genommen und uns dementsprechend am Set verhalten. Wir hatten klare Hygienevorschriften, ohne diese wäre das Drehen nicht möglich gewesen. Wir wurden regelmäßig getestet und mussten unsere Szenen, in denen wir viele Komparsen hatten, viel genauer planen als sonst. Das hat die Kosten stärker in die Höhe getrieben.
Auf welche Projekte von Ihnen kann sich das Publikum in nächster (oder mittelfristiger) Zukunft freuen?
Mal sehen. Auf spannende und abwechslungsreiche Projekte. Hoffe ich auf jeden Fall.
«Para» ist ab Donnerstag, den 22. April 2021, um 21.00 Uhr bei TNT Serie zu sehen.
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