Nicht so abgebrüht wie «Dr. House», aber auch lange nicht so altbacken und uncool wie die «Schwarzwaldklinik». Damit sitzt die neue ZDF-Serie irgendwie zwischen allen Stühlen.
Serien über Ärzte, die eine Schraube locker haben, gab es schon zur Genüge: vom misanthropischen «Dr. House» bis zum autistischen «Good Doctor». Dr. Ballouz (Merab Ninidze) dagegen, der sich gerade donnerstagabends durchs ZDF ermittelt, hat da ganz andere Qualitäten. Er ist vor allem: richtig nett. Er hört zu, ist aufmerksam, für ihn stehen immer die Patienten im Mittelpunkt. Dabei ist er hinter dieser aufmerksamen Freundlichkeit eigentlich ein gebrochener Mann. Kürzlich ist seine Frau verstorben, und auch sein jahrzehntealtes Kriegs- und Fluchttrauma wirkt bis heute nach.
Das verspricht erzählerischen Zündstoff: Doch genau hierauf zielen die ersten sechs Folgen der neuen Serie überhaupt nicht ab. Stattdessen steht viel vom Auf und Ab des Klinikalltags an. Ein aufstiegsgeiler Schnösel-Oberarzt will den freundlichen, verwundeten Chef eigentlich ausbooten und hat insgeheim darauf gehofft, dass der niemals wiederkommt. Eine junge Kollegin (Nadja Bobyleva) tut sich sehr schwer, totkranken Patienten die letzte Hoffnung zu nehmen und ihnen schonungslos die Wahrheit zu sagen. Ein junger Mann muss in der Klinik seine Sozialstunden ableisten und lernt dabei etwas über Menschlichkeit. Und mittendrin steht Dr. Ballouz, lächelt und findet neue Kraft.
Von Klassikern wie «Dr. Stefan Frank» oder der «Schwarzwaldklinik» ist das also gar nicht weit weg, auch wenn solche Vergleiche die Macher dieses Formats vielleicht grämen mögen. Vielleicht deshalb soll diese Heile-Welt-Klinik fast in jeder Folge konterkariert werden, indem als Patienten ein hoffnungsloser Fall nach dem anderen durch die Sendung geschoben wird.
Vielleicht wäre ein klareres Bekenntnis zu einer seichteren Art der Unterhaltung also hier einmal der bessere Weg gewesen. Noch interessanter wäre hingegen eine intensivere Auseinandersetzung mit der Hauptfigur und ihren psychologischen Hintergründen gewesen – vor allem weil Hauptdarsteller Merab Ninidze diese Mischung aus einer nahbaren, freundlichen, sympathischen Figur mit den deutlichen Anklängen an eine tief sitzende Traurigkeit so gut gelingen.
Den äußeren Rahmenbedingungen nach urteilend, dürfte als Fazit unter dieser Kritik eigentlich nicht stehen, dass sich diese Serie kaum von bisher bekannten Medizin-Dramen unterscheidet. Denn dafür hat sie – zumindest auf dem Papier – zu viele Faktoren aufzuweisen, die in die entgegengesetzte Richtung deuten: Die schweren Krankheiten und Schicksale der Patientenfiguren machen die seichte Leistenbruchdramaturgie der Arztserien alter Schule zunichte, während noch dazu die Hauptfigur ein paar Traumata vor sich her schleppt. So ganz will man sich dann aber doch nicht auf diese Themen einlassen, sondern seriengerecht oberflächlich bleiben.
Das ZDF zeigt «Doktor Ballouz» donnerstags um 20.15 Uhr. Alle sechs Folgen sind bereits in der ZDF-Mediathek verfügbar.
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