Anke Greifeneder, Executive Producer der TNT-Comedy-Serie «Ausgebremst», verrät im Quotenmeter-Interview, was für sie positiv an der Corona-Pandemie ist, ob sie sich von der Hauptheldin Beate Harzer beraten lassen würde und was den Zuschauer in der zweiten Staffel erwartet.
Frau Greifeneder, «Ausgebremst» ist eine Comedy-Serie, die durch und mitten in der Corona-Pandemie entstanden ist. Die Einnahmen kommen der Kunstnothilfe zu Gute. Nun kommt es zur zweiten Staffel. Freuen Sie sich eigentlich über den Erfolg des Formats? Oder hätten Sie gerne auf eine zweite Staffel verzichtet?
Beides! Natürlich wären wir gerne wieder in der Normalität angekommen, aber die Realität ist zumindest im Moment noch eine andere und deshalb ist es auch wichtig weiter auf die Situation des Kunst und Kulturbetriebs aufmerksam zu machen und wer könnte das unterhaltsamer als Maria Furtwängler in der Rolle von Beate Harzer machen? Gleichzeitig ist die Freude groß, dass wir so vielen Menschen mit diesem leicht anarchischen Programm unterhalten durften.
Haben Sie schon Lust auf eine dritte Staffel oder glauben Sie, dass es schon bald zu einer Besserung der Situation für die Künstlerbranche kommt?
Ich glaube die Figur Beate Harzer, diese unmögliche Person die Annette Hess sich ausgedacht hat, noch einiges an Überraschungen auf Lager hätte. Auch die Möglichkeit pro Folge tolle Schauspieler*innen mit ins Boot zu holen, die dann mit ihrer Spielfreude die einzelnen Geschichten improvisieren und dadurch das Gefühl entstehen lassen nie wirklich zu wissen, wo man landet, macht das Format unterhaltsam, unberechenbar und auf angenehme Weise leicht irre. Ich denke, abgesehen von der Pandemie, hatte man in der Kunst und Kulturbranche noch nie die Lizenz zum Geld drucken – von einigen wenigen abgesehen. Von daher finde ich ein Engagement für die Kunstnothilfe zu jeder Zeit sinnvoll.
Die fünfteilige erste Staffel feierte auf TNT Comedy Premiere und ist auch auf YouTube zu sehen. Zudem wurde sie vergangenen Sommer auch im Ersten ausgestrahlt. Leider nur nachts. In der Mediathek fehlt von den Folgen jede Spur. Ärgert Sie das? Schließlich geht es hier ja auch um einen guten Zweck für die Kunstnothilfe.
Auf YouTube stehen sie nach wie vor für alle, die sie gerne nochmal sehen möchten – die ARD wird Staffel zwei ab dem 28. Mai 2021 in ihre Mediathek stellen und am Sonntag den, 30. Mai 2021, um 0.05 Uhr ausstrahlen. Wir haben Staffel zwei in einer, wie ich finde, fruchtbaren und angenehmen Kooperation mit dem NDR produziert. Ich habe mich sehr gefreut, dass die Kolleg*innen genauso einen Spaß an dem Format haben, finanziell großzügig eingestiegen sind bei den Produktionskosten und auch damit der Kunstnothilfe Raum geben. Zudem möchte die ARD das Projekt auch in anderen Formaten begleitend promoten.
Am 20. März startet nun die zweite Runde. In der letzten Folge wurde erstmals das Coronavirus erwähnt. Worauf darf sich das Publikum in den neuen Folgen einstellen?
Auf die volle Dröhnung Pandemie! Wir haben sie in der letzten Staffel bewusst ausgelassen, finden aber mit all den Stilblüten und mannigfaltigen Themen, die die Pandemie hervorgebracht hat, wäre es zu schade sich das inhaltlich entgehen zu lassen. Außerdem ist es ja auch interessant zu sehen, was die Pandemie mit Beate Harzer gemacht hat. Unsere Head Autorin Annette Hess mit ihrem Writers-Room und Sebastian Colley, der bereits in Staffel eins mitgeschrieben hat, sind wirklich wieder herrliche Ideen eingefallen.
Während des Lockdowns sind viele soziale Probleme unter das Brennglas geraten. Die häusliche Gewalt gegen Frauen nahm zu. Die Schere zwischen arm und reich wurde vor allem durch das Homeschooling sichtbar. Werden solche Themen ebenfalls angesprochen?
Ja, vor allem das Thema Homeschooling und die Rolle der Frau in dieser Zeit war mir persönlich ein Anliegen...
Ein weiterer Punkt, der vor allem viel Angriffsfläche für ein Comedy-Format bietet, sind Verschwörungstheorien und deren Verbreiter. Wird das aufgegriffen?
Ja, wird es und es werden – wie im wahren Leben auch – zwei sehr konträre Ansichten und wenig gegenseitiges Verständnis aufeinandertreffen. Wir versuchen wie immer den Menschen dahinter zu sehen. Beate Harzer löst das wie immer auf ihre eigene unverwechselbare Art und Weise…
Was hat der Lockdown mit Ihnen gemacht? Spüren Sie Veränderungen?
Mir ist noch bewusster geworden, wie wichtig Kunst und Kultur für uns Menschen sind und welchen Stellenwert Unterhaltung und Eskapismus haben. Ich habe es schon immer als Privileg empfunden diesen Job machen zu können, aber im Moment finde ich es mehr denn eine Wohltat spannende Welten miterschaffen zu dürfen und in sie gedanklich zu reisen. Nach einem Jahr Homeoffice steht man ja kurz davor seinen Wänden Namen zu geben und da ist die Arbeit an Projekten mit berührenden Geschichten ein tolles Ventil und eine Bereicherung. Ansonsten fehlen mir natürlich wie vielen die sozialen Kontakte. Buchbesprechungen per Videokonferenz kann man machen, aber die echte Begegnung und Intimität innerhalb eines Raumes, wenn man Stoffe bespricht, ist einfach nicht zu ersetzen. Erst neulich traf ich kurz eine Kollegin vor der Tür für eine Paketübergabe und das war fast schon absurd sie in 3D und Farbe zu sehen – so als ob man eine Brieffreundin nach langen Jahren zum ersten Mal in echt sieht.
Würden Sie sich auch gerne mal von Beate Harzer beraten lassen?
Niemals! Höchstens um mich unterhalten zu lassen. Von Maria hingegen jederzeit.
Erkennen Sie auch positive Seiten an der Pandemie?
Natürlich! Das liegt an meinem Naturell. Die erzwungene Reduzierung von Kontakten, oder auch Reisen, lässt einen nochmal neu denken, was wirklich notwendig ist und Sinn macht. Auch das Abwägen von Qualität von Kontakten gegenüber Quantität – sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich – finde ich eine gute Sache. Außerdem schätze ich Dinge viel mehr, die vor dem Lockdown selbstverständlich waren. Auch die Tatsache, dass wir jetzt 80 Millionen Sauerteigbrotbäcker und Kohlrabizüchter in Deutschland haben ist doch ein ermutigendes Gefühl.
Maria Furtwängler alias Beate Harzer zeigt in der Staffel, dass aufgeben keine Option ist. Gab es im vergangenen Jahr Momente, in denen sie kurz vor dem Aufgeben standen?
Diese Situationen – vor allem die privaten – würde ich natürlich sofort und in aller Ausführlichkeit hier gerne besprechen! Spaß beiseite: Aufgeben ist ein sehr großes Wort und trifft es bei mir nicht. Als wir im Lockdown zum Stillstand gezwungen waren, haben wir «Ausgebremst» gestartet und wurden damit wieder aktiv, was ein gutes Gefühl war. Ich hatte auch das Glück mir keine Gedanken um meine Existenz machen zu müssen – im Vergleich zu vielen anderen Menschen – und die Firma hat sich gut um uns gekümmert.
Wir konnten alle Projekte verwirklichen, zwar unter anderen Bedingungen, aber immerhin! Natürlich waren die Umstände mit der Ungewissheit, wie es insgesamt weitergeht im ersten Lockdown, viel unklarer und haben zumindest mich mehr belastet als jetzt. Und nach einem Tag Homeschooling, nebenbei die Betreung eines vierjährigen Kindes, arbeiten und Essen zubereiten – man glaubt gar nicht wie viel man da schnippeln muss am Tag –, weiß man am Abend was man geleistet hat. Und ich würde sagen ein schlechter Tag im Lockdwon fühlt sich irgendwie nochmal extra schlechter an. Aber dafür gibt es auch ganz viele kleine schöne Momente und Menschen, die einem in solchen Situationen gut zureden. Mir hilft in solchen Situationen die imaginäre Glaskugel runter zu lassen, um Distanz zu den Dingen zu bekommen, alles in Relation zu setzen, ganz nach dem Motto: ‚Wir operieren nicht am offenen Herzen‘ und lachen, viel lachen…
Wird es eine dritte Staffel geben?
Im Moment ist nichts geplant. Aber wer Beate Harzer kennt, weiß, dass sie niemals aufgibt.
Vielen Dank für das Gespräch.
«Ausgebremst 2.0: Der 50. Geburtstag» ist am Samstag, 20. März, ab 18:35 Uhr bei TNT Comedy zu sehen. Der Sender zeigt alle sechs Folgen der zweiten Staffel am Stück. Zudem zeigt Das Erste die zweite Staffel am 30. Mai ab 0:05 Uhr und vorab ab dem 28. Mai in der Mediathek. Die erste Staffel ist bei YouTube kostenlos zum Streamen verfügbar.
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