Stell dir vor, du nimmst einen dir unbekannten Mann mit, planst mit ihm eine kleine Überraschung für deine Mutter, der Mann ist auch ganz nett, alles könnte ganz wunderbar laufen, würde sich der Fremde nicht zufällig als dein Vater entpuppen, der deine Mutter vor 33 Jahren verlassen hat und nie wieder aufgetaucht ist. Das hast du bestimmt so nicht vorhergesehen?!
Stab
REGIE: Jurij Neumann
DREHBUCH: Christian Pfannenschmidt
KAMERA: Harald Cremer
SCHNITT: Johannes Schäfer
MASKE: Susanne Weiß-Rudat, Sabine Lanzinger
MUSIK: Michael Beckmann, Tom Stöwer
PRODUZENTEN: Jan Kromschröder, Eva Holtmann
DARSTELLER: Diana Amft, Margarita Broich, Lucas Prisor, Nikolaus Benda, Stephan Bieker, Ramona Kunze-Libnow, Uwe OchsenknechtDer Titel verrät es schon. Im sechsten Teil der ARD-Reihe «Meine Mutter …» lüftet sich das Geheimnis um die Vaterschaft von Antonia Janssen (Diana Amft), der Betreiberin eines Landgasthofes, dem versehentlich vor Jahren einmal ein Gourmetstern verliehen worden ist. Dabei beginnt ihre Geschichte unspektakulär. Eigentlich möchte die Eifelwirtin ihr Leben einen Schritt herunterfahren. Während die Pension ihrer Mutter Heidi (Margarita Broich) auf Hochtouren läuft, krempelt Antonia das Konzept ihres Landgasthofes um. Mit einem neuen Namen, „Kupferkännchen“, setzt sie auf ein bodenständigeres, einfacheres Konzept mit Hausmannskost für ganz normale Gäste. Es ist Zeit, einige Angelegenheiten in ihrem oft turbulent verlaufenden Leben geradezurücken.
Dass der obdachlose Mann, den sie zufällig kennenlernt und dem sie eigentlich nur einen Gefallen mit einem kleinen Job tun will, sich als ihr Vater entpuppt, setzt das idyllische Anwesen des Mutter/Tochter-Gespanns jedoch sehr bald und sehr plötzlich unter Feuer. Zumindest sinnbildlich, denn Heidi will Kurt (Uwe Ochsenknecht) auf keinen Fall im Haus haben. Der hat sie vor 33 Jahren schließlich nicht einfach nur verlassen. Er ist gegangen, ohne jemals auch nur einen Pfennung Unterhalt zu zahlen – oder sich wenigstens einmal zu melden. 33 Jahre hat er sich nicht blicken lassen und alles, was heute Mutter und Tochter gehört, haben sich die Frauen selbst erarbeitet. Man könnte sagen, Heidi gibt sich unversöhnlich. Kurt soll verschwinden. Punktum. Allein Antonia möchte mehr über ihren Vater erfahren. Nicht, dass sie ihm sein Verschwinden direkt verzeihen würde. Allerdings hat sich ihre Mutter stets geweigert, ihr etwas über Kurt zu erzählen. Antonia weiß nichts über ihn und nun, da er da ist, wünscht sie sich zu erfahren, warum er damals gegangen ist. Kurt, der selbst vollkommen überrascht ist, sich plötzlich im Haus seiner Ex-Frau und seiner Tochter wiederzufinden, ist bereit über alles zu reden. Dazu gehört auch, dass er ungeschönt zu seiner Schuld steht. Allerdings zeigt sich Heidi trotz seiner Aufrichtigkeit wenig auskunftsfreudig. Ganz so, als habe sie etwas zu verbergen, das im Verborgenen verbleiben soll.
„Inszenatorisch ist ‚Meine Mutter ist unmöglich‘ unambitioniert, aber auch nicht negativ auffallend“, hieß es 2018 an dieser Stelle bezugnehmend auf den ersten Spielfilm der Reihe, ganz genau,
«Meine Mutter ist unmöglich». Im Grunde genommen braucht man nur den Titel austauschen und schon könnte die Kritik von damals in die Wiederverwertung gehen. «Meine Mutter und plötzlich auch mein Vater» ist Freitagabend-Gebrauchsfernsehen im Degeto-Stil. Was bedeutet, dass sich der Handlungsverlauf in einem Wort zusammenfassen lässt: Vorhersehbar. Die Geschichte bewegt sich auf Wegen, die nur allzu bekannt sind. Da ist der Konflikt Mutter/Vater, da ist die Tochter, die mehr erfahren möchte und nicht zu vergessen sind da die dunklen Flecken auf der weißen Weste der Mutter. Um das nicht allzu dramatisch werden zu lassen, wird der Fokus der Inszenierung von Zeit zu Zeit auf den Nebenplot dieser Geschichte verschoben, der Antonia im Kampf mit ihrem neuen Koch Sebastian (Lucas Prisor) zeigt, der sich nicht mit dem heruntergefahrenen Konzept seiner Chefin einfach abfinden will und den Landgasthof eh am liebsten gleich unter seinem eigenen Namen wiedereröffnen würde. Die eher amüsanten Konfrontationen erden die Mutter-Vater-Tochter-Story und nehmen ihr bewusst etwas an Dramatik, schließlich bewegt sich die Serie «Meine Mutter …» am Ende des Tages in Komödiengewässern und streift das Genre des Dramas im besten Fall ganz vorsichtig. Was am Ende des Tages bedeutet, dass sowohl die Geschichte als auch die Inszenierung recht oberflächlich bleiben. Die Vorhersehbarkeit des Geschehens können auch die durchweg tadellosen Darstellungen nicht überdecken.
Ein bisschen Dramödie hier, ein bisschen Screwball da, eine dramatische Familiengeschichte als Aufhänger und schöne Eifellandschaften als Sahnekrönchen obendrauf: Zum Ausklang nach einem harten Arbeitstag mag dies vielen Zuschauerinnen und Zuschauern ja ausreichen, was nichts daran ändert, dass die Geschichte wirkt, als sei sie direkt aus dem Klemmbausteinkasten „Freitagskomödien im Ersten“ nach Plan zusammengesetzt worden, ohne auch nur einen Baustein mal um zwei Noppen zu verschieben, um zu schauen, ob sich daraus nicht vielleicht etwas Überraschendes ergeben könnte.
«Meine Mutter und plötzlich auch mein Vater» ist am Freitag, den 12. März 2021, im Ersten zu sehen.
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