Zwei Männer, die einander lieben. Und ein kleines Mädchen, das von ihren Papas liebevoll umsorgt wird. An sich eine Bilderbuchfamilie, an der sich nur reiben kann, wer den Sprung ins 21. Jahrhundert verschlafen hat. Das Problem: Eines Tages steht der leibliche Vater des Kindes vor der Tür, der bislang nichts von der Existenz seiner Tochter wusste.
Stab
REGIE: Esther Gronenborn
BUCH: Kirsten Peters
KAMERA: Birgit Gudjonsdottír
MUSIK: Gert Wilden jr.
DARSTELLER: Tobias van Dieken, Steve Windolf, David Rott, Jerr Kwarteng, Felicitas Woll, Peter Lohmeyer, Tim Oliver Schultz, Dietrich Adam, Gitta Schweighöfer, Sophia Heinzmann, Christina Große, Stephan BöttcherDie Ausgangssituation ist ein bisschen verworren, lässt sich aber schnell entflechten. Christian ist Feuerwehrmann und mit Andreas verheiratet. Christians Schwester ist kurz nach der Geburt ihrer Tochter Stella verstorben. Daher haben Christian und Andreas das Mädchen aufgenommen und als ihre Tochter erzogen. Stellas Vater war nur eine kurze Beziehung für Christians Schwester; er, der Sohn afrikanischer Einwanderer, ist noch vor der Geburt seiner Tochter in die Heimat seiner Eltern gegangen. Warum? Niemand weiß es (zumindest zu Beginn der Geschichte).
Nun ist Stella sieben Jahre alt. Und ein bisschen konservativ sind Christian und Andreas schon. Während Christian als Feuerwehrmann arbeitet, hat sich Andreas als Hausmann rund um die Uhr um Stella gekümmert. Nun aber ist sie in einem Alter, in dem sie in die Schule geht und Andreas eben nicht mehr rund um die Uhr für sie da sein muss. Das Problem: Der studierte Ingenieur Andreas hat nie in seinem Beruf gearbeitet, sondern ist de facto direkt nach seinem Studium Hausmann und Vater geworden. Was potenzielle Arbeitgeber in ihm sehen? Eine siebenjährige Lücke im Lebenslauf. Aber nicht nur die Suche nach einem Job gestaltet sich schwierig. Am siebten Geburtstag von Stella zieht sein Vater Herbert bei ihm und Christian ein. Herbert, ein erfolgreicher Zahnarzt, ist ein schwieriger Charakter. Er hat Probleme damit, dass sein Sohn mit einem Mann zusammenlebt. Stella muss ihn Herbert nennen (was das Mädchen nicht wirklich versteht, da ihre Cousine Herbert Opa nennen darf). Überhaupt muss seine Welt in geordneten Bahnen verlaufen – wobei er die Ordnung bestimmt. Was nach über 30 Jahren Ehe dazu geführt hat, dass seine Frau ihn vor die Tür gesetzt hat.
Und dann steht da plötzlich Samuel vor der Tür, Stellas leiblicher Vater. Er ist schon seit längerer Zeit wieder in Deutschland, arbeitet als Zahnarzt, ist verheiratet und Vater einer Tochter. Das heißt, eigentlich ist er Vater zweier Töchter – jedoch wusste er nichts von Stella, da seine Beziehung zu Lara, Christians Schwester, nur kurz weilte und er bekanntermaßen Deutschland verließ, bevor Stella geboren wurde.
«Väter allein zu Haus: Andreas» arbeitet nicht nur hier und da mal mit einem kleinen Klischee, um vielleicht etwas Dramatik zu generieren oder zwei Szenenblöcke miteinander zu verbinden. Drehbuchautorin Kirsten Peters hat in den Drehbuchtopf alles eingekocht, was der Klischeekorb an Zutaten hergibt.
Da ist der pedantische Vater, der mit der Homosexualität seines Sohnes hadert.
Da sind die Personalchefs, vor denen Andreas spricht, und die bei dem Gedanken an einen Mann, der sieben Jahre nur „Vater“ gewesen ist, in Panik verfallen.
Da ist der unbekannte leibliche Vater, der ausgerechnet in einem Moment auftaucht, in dem das Leben der Protagonisten eh eine Zäsur erfährt.
Und da dies noch nicht genug ist, gibt es da auch noch Andreas' Freunde Gerd, Mark und Timo, seine „Kindergartenclique“, die ihrem Kumpel Andreas natürlich zur Seite stehen – dabei aber nicht unbedingt nur eine emotionale Hilfe sein möchten, sondern Samuel auf die Pelle rücken, was sich natürlich als nur bedingt gute Idee herausstellt.
So, und weil das immer noch nicht reicht, muss Stella schließlich auch noch schwer erkranken, so dass ihre Genesung auch noch maßgeblich in den Händen von Andreas' Schwester Judith liegt, die nicht nur Ärztin ist, sondern auch noch die Ehefrau seines Kumpels Mark (Ehekrise für einen dramatischen Nebenstrang inklusive).
Selbst im ZDF-Sonntagskino würde man ob einer solch Aneinanderreihung von Drama-Bausteinen wohl die Frage stellen, ob es nicht vielleicht auch ein oder zwei Steinchen weniger sein dürften. Jedoch... Obwohl die Autorin wirklich ganz tief in den Klemmbausteinkasten des großen Gegenwarts-Reihenhausgeschichtendramas greift und den Bauplan für das Zusammensetzen einer solchen Story sehr genau studiert hat – ist das Ergebnis dennoch überraschend kurzweilig und sympathisch anzuschauen. Und das ist den wohl gezeichneten Charakteren zu verdanken. Andreas und Christian etwa ergänzen sich von der ersten Minute an. Ihre Beziehung definiert sich dabei nicht über das große Drama um Stella. Es sind die Momente, die man fast übersieht – die aber dennoch den Figuren Tiefe verleihen. Es ist etwa die Tatsache, dass Christian keine Probleme damit hat, dass Andreas seinen Vater aufnimmt – obwohl der Christian nicht als Ehemann seines Sohnes akzeptiert. Dass Christian eine gewisse Schadenfreude nicht verbergen kann, dass Herbert von seiner Frau rausgeschmissen worden ist, macht ihn in diesem Kontext menschlich. Dabei ist es das lockere Zusammenspiel von Andreas-Darsteller Tobias van Dieken und Steve Windolf (Christian), das es möglich macht, sehr schnell eine emotionale Nähe zu diesen Männern aufzubauen. Sie sind gute Väter – und dass ihr Idyll nun durch das Auftauchen von Samuel ins Schwanken gerät: Kann niemand wollen.
An diesem Punkt der Geschichte erlaubt sich die Autorin dann aber doch einen kleinen Bruch mit den Konventionen. Samuel nämlich ist – sympathisch. Er ist kein sinistrer Familienzerstörer, der einem Dämon gleich das kleine Familienidyll von Christian, Andreas und Stella zerstören will, indem er einfordert, was ihm gehört. Samuel, dargestellt von Jerry Kwarteng, ist ebenfalls ein liebender Familienvater, der als Arzt nach seinem Studium für Ärzte ohne Grenzen gearbeitet (und daher Deutschland verlassen) hat und der selbst von der Tatsache, eine siebenjährige Tochter zu haben, vollkommen überrascht worden ist. Spätestens in dem Moment, wenn er erstmals mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter im Haus von Andreas und Christian aufläuft, wird klar: Dieser Samuel ist ein netter Kerl, der doch auch nur irgendwie mit dieser Situation klarkommen und eine Entscheidung treffen muss. Kwarteng findet dabei einen sehr eigenen Ton für seine Figur, indem er Samuel an sich durchgängig als einen Zweifler anlegt. Ist es richtig, dass er sich in Stellas Leben einmischt? Ist es richtig, dass er seine Vaterschaft einfordert? Mit nur wenigen ergänzenden Samuel-Szenen und einigen Kürzungen in der Geschichte von Christian und Andreas – könnte dies auch ein Film über Samuel sein.
Der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, dass Stella-Darstellerin Sophia Heinzmann mit Charme zu punkten versteht, auch da die Inszenierung schlau genug ist, sie nicht zu überfordern, sondern ihr vor allem Raum in den eher lockeren – familiären – Szenen bietet, in denen sie sich schnell in die Herzen spielen kann.
Fazit: Trotz des ganz tiefen Griffes in die noch tiefere Klischeekiste ist «Väter allein zu Haus: Andreas» ein überraschend sympathisches Herzkinostück für den heimischen Bildschirm.
«Väter allein zu Haus: Andreas» ist am Freitag, 26. Februar 2020, 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
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