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Beniamino Brogi: 'Es war die krasseste Liebeszene, die ich je gespielt habe'

Im Jubiläums-«Tatort» ist Beniamino Brogi gleich 180 Minuten zu sehen. Wir haben uns mit dem Darsteller unterhalten.

Anlässlich des 50-jährigen «Tatort»-Jubiläums, werden am 29. November und 06. Dezember zwei zusammenhängende Fälle gesendet. Der erste Fall spielt in Dortmund, der zweite in München. Beniamino Brogi spielt in beiden Episoden die Episodenhauptrolle Luca Modica, den Besitzer einer italienischen Pizzeria. Ihm steht das Wohl seiner Familie an erster Stelle, doch nicht mal sie weiß, woher das Geld stammt, von dem die Familie lebt. Als ein Mitglied der Mafia bei ihm Unterschlupf sucht, weil dieser einen Mord begangen hat, überschlagen sich die Ereignisse und Luca gibt sein normales Leben auf…

Sie spielen im neuen «Tatort»-Special Luca Modica, den Besitzer einer italienischen Pizzeria, bei dem die Familie über alles geht. Inwieweit können Sie sich mit ihm identifizieren?
In der Hinsicht wie liebevoll und sensibel er ist und auch in seinem Wunsch alles ausleben zu wollen, was für ihn wichtig ist. Was uns aber unterscheidet ist sein innerer Kampf und sein Selbstwertgefühl. Er ist überzeugt, dass es oft nur den einen Weg gibt; dass man sein eigenes Leben nicht wirklich beeinflussen kann. Da sind wir extrem unterschiedlich.

Wie ist es, nach dem Kennenlernen der Tradition «Tatort»-Schauen nun wirklich vor der Kamera zu stehen? Wird damit ein Traum wahr?
Ich bin sehr glücklich, denn es geht um eine Geschichte, die wirklich toll geschrieben und besetzt ist, von der Regie bis zu meinen Schauspiel-Kolleginnen und Kollegen. Es ist eine Ehre für mich, da es auch um einen wichtigen Anlass geht: das 50te Jubiläum des «Tatort». Und ich fühle mich, als ob das Geburtstagskind mich gefragt hätte: “Magst du die Kerzen mit mir auspusten?”. Der «Tatort» wurde ja auch mit der Absicht geboren, Menschen zusammen zu bringen, oder?

Was ist Ihre schönste Anekdote am Set?
Eine kleine, einfache Szene - die im Schnitt aus dem Film herausgenommen wurde - wo meine Figur in einem großen Bahnhof durch das Bild laufen musste. Da die Szene nicht so aufwendig war, hatten wir kein großes, geschlossenes Set. Wir selbst waren sehr wenige Leute, dafür mit allen anderen Reisenden um uns herum: Regisseur Dominik Graf, ein Kameramann, der Regieassistent, der Produktionsleiter und ich. Obwohl sie viel Erfahrung mitbrachten, hatten alle so viel Spaß und Enthusiasmus wie bei einem kleinen Studentenfilm.

Es heißt, Sie spielen gerne mit Klischees. Inwiefern hilft dies Vorurteile in unserer diversen Welt abzubauen, insbesondere mit der sehr vorurteilbehafteten Rolle im «Tatort»?
Ich finde Klischees an sich sehr langweilig. Die sind aber trotzdem da. Die zu leugnen oder zu ignorieren bringt nichts. Was man aber machen kann, ist sie so ins Spiel einzubringen, dass man sie brechen kann. Das Gegenteil zeigen, genau da wo sie erwartet werden und stattdessen mit Vielfalt erzählen. Dann wird es interessant.

Luca ist ein Italiener, der in Deutschland ein Restaurant besitzt. Das bindet ihn zuerst an das übliche Mafiaklischee. Und in diesem Moment, wo wir erwarten, dass er Pizzateige schleudert und gleichzeitig auf Menschen schießt, passiert was anderes: er befindet sich inmitten eines Familiendramas. So wie er sich ausdrückt und wie er mit verschiedenen, extremen Situationen umgeht, könnte es vielen von uns auf ähnliche Weise passieren.

Und dann geht es plötzlich um die Frage, wie wir uns von unserer Vergangenheit emanzipieren können, oder wie wir unsere Töchter und Söhne vor unseren Fehlern schützen können, ohne sie zu verlieren. Plötzlich geht es nicht mehr um Italien oder die Mafia.

Sie leben nun seit etwa 15 Jahren in Berlin und sind in Italien geboren. Was war Ihr schönstes Erlebnis, als Sie erstmalig nach Deutschland gekommen sind?
Berlin hat mich an jeder Ecke Überraschungen finden lassen, und sie waren oft in Details zu entdecken. Wie damals, als ich mich in die Preisverleihung der Europäischen Filmakademie schleichen durfte und meine erste "Kinoveranstaltung" erlebte. Gegen 2 Uhr morgens war ich als Einziger auf der Tanzfläche geblieben - dachte ich - und tanzte wie verrückt zum Ghostbusters-Thema. Aber als ich mich umdrehte, sah ich Wim Wenders auf der anderen Seite der leeren Tanzfläche dasselbe tun.

Wo leben Sie lieber: Italien oder Deutschland?
Ich besuche Italien beruflich und privat ziemlich oft. In der Toskana habe ich meine Kindheit verbracht, aber in Berlin bin ich „erwachsen” geworden. Ich mag die Vorstellung, dass ich das Privileg ausübe, in zwei Ländern ein Zuhause zu haben. In beiden Ländern gibt es einen Teil meiner Wurzeln und in beiden leben Menschen, die mir sehr wichtig sind. Deshalb sage ich lieber, dass ich Europäer bin.

Was steckt hinter dem Titel „europäischer“ Schauspieler von Ihnen?
Am Anfang habe ich versucht, mich als „italienischen Schauspieler” vorzustellen, „der in Berlin wohnt, aber auch oft in Italien arbeitet”, aber das war definitiv zu lang. Es sind immer alle weggegangen, bevor ich das zu Ende erzählt hab. Ich brauchte was Kürzeres (lacht).

Spaß bei Seite, Schauspiel hat bei mir in Deutschland angefangen, und auf Deutsch. In Italien war ich Beleuchter. Die Lebenserfahrungen, die mich definieren, kommen nicht nur aus einem Land. Europäischer Schauspieler klingt inklusiver, weil dieser Begriff die Frage nach der Herkunft zur Nebensache macht.

Wir haben Glück, dass es schon lange keine Grenze mehr zwischen unseren Ländern gibt. Selbst jetzt, wo wir wegen einer Pandemie "getrennt" bleiben müssen, ist es klar, dass wir alle im selben Boot sitzen. Natürlich bin und bleibe ich Italiener, aber ist es nicht spannender zu sehen, wo wir etwas gemeinsam haben? Wo unsere Unterschiede uns reicher machen und uns nicht gegenseitig ausschließen? Ich denke, unsere Filme könnten das noch stärker betonen. In meinem Beruf geht es nicht darum, wo man herkommt. Es geht um die Menge an Fantasie, Sensibilität und Menschlichkeit, die in eine Geschichte eingebracht werden kann. Es ist natürlich ein Wortspiel, aber ich mag den Begriff europäischer Schauspieler. Weil es mit einer immer offenen Perspektive zu tun hat, mit dem Willen, Grenzen zu überschreiten.

Haben Sie schon mal etwas Kriminelles getan?
Ich habe so viele Bücher noch nicht gelesen, und so viele Filme noch nicht geguckt. Jetzt fragen Sie bitte nicht welche (lacht).

Werden Sie in Zukunft weitere Rollen bei «Tatort» und Co. In Betracht ziehen?
Natürlich!

Luca Modica soll eine sehr „krasse“ Szene zwischen den beiden «Tatort»-Specials haben. Können Sie uns nicht zumindest ein klein wenig spoilern?
Sagen wir so, es war die krasseste Liebeszene, die ich je gespielt habe.
27.11.2020 10:59 Uhr Kurz-URL: qmde.de/123041
Marcel Preisendörfer

super
schade


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Tags

Tatort

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