Warum «Grünwald Freitagscomedy» im BR unter dem Radar fliegt.
Günter Grünwald ist wohl einer der am meisten unterschätzten Kabarettisten unseres Landes. Einer, der irgendwie schon immer "unter dem Radar" fliegt. Der bald 64-Jährige könnte sich längst auf sein Altenteil zurückziehen. Doch dann würde dem Bayerischen Fernsehen einmal im Monat etwas fehlen. Seine
«Grünwald Freitagscomedy» gehört zu den Schmunzel-Garanten.
Man möchte sagen: Je länger es Grünwald gibt, desto besser wird er. Schenkelklopfer präsentiert er nicht, oft den stillen Humor zum Nachdenken oder bitterböse Satire. Hintergründiges, was ganz viele Leute - nennen wir sie Mario Barth-Fans - einfach nicht lustig finden. Wer aber auf den Spaß des gebürtigen Ingolstädters steht, der einst als Grüner OB-Kandidat dort antrat, muss Freitagabend vor dem TV-Gerät sitzen.
Nun die erste Late Night-Show des Novembers: Wie immer zur Einleitung Tagesaktualität. Ob Verkehrsminister Andi Scheuer wirklich das Hauptstromkabel durchschnitten hätte statt des Eröffnungsbandes, wäre er am Berliner Flughafen dafür vorgesehen gewesen? Hat Andrea Berg dort tatsächlich "Du hast mich 1000 Mal verschoben!" gesungen? Egal. Mutmaßlich hat ja auch Lothar Matthäus, als er nun Großvater wurde, nicht gesagt: "Zum Glück ist es ein Junge, bei einem Mädchen wäre ich jetzt ja Oma!"
Grünwald ("Ein Indianer kennt keinen Schmerz - aber ich kenn´ keinen Indianer!") darf den Wendler einen "Vollpfeifenkopf" und "naturbescheuert" nennen, tritt in seinen Paraderollen diesmal nicht als Kleinkrimineller Bonzo oder Hausmeister Bamberger auf, sondern als Sternekoch Joe Waschl, der seinen Geruchs- und Geschmackssinn wegen Corona mit Rotwein und Schnaps überprüft, natürlich mit - vorsichtshalber! - einem zweiten Versuch. Nach der geleerten Flasche Marillenschnaps ist das Gelalle großartig.
Eingeschickte Leserpost wird gezeigt: Beispielsweise der auf einem Werbeschild fotografierte und angebotene "Kack & Back"-Fertigteig im Supermarkt: "Herrlich, wenn am Sonntag dieser Duft durch die Wohnung zieht!", grinst Grünwald.
Wolfgang Krebs tritt als Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf, Christian Springer unterhält als weiterer Gast. Köstlich, wie im eingespielten Film der Außenreporter Karl Krallinger sein Interview mit Markus Söder vermiest oder Chris Boettcher im Studio musikalisch und mit Wortwitz die anstehende Trennung der Münchner Bayern von David Alaba verarbeitet. Schuld sei der "Berater", Katja Ebsteins "Theater" leicht umgetextet. "Manager sind Schweine" oder "Ich bin so gerne Millionär" spielt Boettcher kurz an. Mehrfaches Schmunzeln binnen weniger Sekunden.
Dann der Höhepunkt: Günter Grünwald in einem eingespielten Film als gruselig verdreckter Bauer, der auf dem Land einer schicken Frau den Weg zeigen soll, die sich verfahren hat. Das endet im Chaos. War ja zu erwarten! Oder mit Michael Altinger als die "Woislbuam", das Bayerische Volksmusik-Duo bei "Prominente daheim". Pippin und Qurin Woisl als Volldeppen - das ist oberste Spitzenklasse. Oder das Chaos am Ende die Diskussionen bei der schwer lösbaren Matheaufgabe der Großfamilie vor dem Abendessen. "Der Tisch, die Bücher, mei Bier!" - wer da nicht lachen muss, hat selber Schuld.
Ein aktueller Einstiegsgag der Show vom vergangenen Freitag ist im Nachgang schriftlich schwer zu schildern, weil missverständlich: Grünwald versicherte, bei der Wahl zum US-Präsidenten keinen bevorzugten Favoriten gehabt zu haben: "Ich wünsche es beiden!" Einfacher beim Lesen ist einer der Sprüche am Ende zu verstehen: "Es gibt genau drei Arten von Menschen: Die, die zählen können - und die, die nicht zählen können!"
«Grünwald Freitagscomedy» kommt bis Mitte Dezember im BR nun sogar alle 14 Tage immer am späteren Freitagabend. Alle Sendungen gibt´s in der ARD-Mediathek
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