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«On the Rocks» - Papa wird‘s schon richten

Sofia Coppola und Bill Burray arbeiteten wieder zusammen. AppleTV+ hat einen tollen Film im Angebot.

Längst hat sich Sofia Coppola aus dem Schatten ihres übermächtigen Vaters geboxt, Francis Ford Coppola schrieb mit «Der Pate» und «Apocalypse Now» Filmgeschichte, besetzte seine Tochter sogar für eine Rolle in «Der Pate III». Aber die Schauspielerei interessierte Sofia weit weniger als die Arbeit hinter der Kamera. Insofern ist die heute 49-Jährige in die Fußstapfen ihres Vaters getreten, und das sogar ziemlich erfolgreich. Mit «Lost on Translation» setzte sie sich 2003 als Regisseurin und Autorin endgültig durch, bekam ein Jahr später sogar den Oscar fürs ‚Beste Originaldrehbuch‘.

Dass hatte sie vor allem ihrem Hauptdarsteller Bill Murray zu verdanken, der in der Rolle des Filmstars Bob Harris brillierte, der wegen eines Werbedrehs für eine Whiskeymarke in Tokio verweilt und sich in dieser fremdartigen Welt, in der er nicht mal die Sprache versteht, schrecklich verloren fühlt. Murray verhalf die Rolle zum Comeback, weshalb er sich auch bei seiner Regisseurin bedanken konnte. Nach 17 Jahren haben sich die beiden nun wieder vereint. Dabei ist die Komödie «On the Rocks» herausgekommen. Der Titel lässt sich als Verweis verstehen, denn in «Lost in Translation» süffelte Murray vorzugsweise Whiskey, der ‚On the Rocks‘ bekanntlich am besten schmeckt.

Sauftour durchs nächtliche New York
Für Schriftstellerin Laura (Rashida Jones) verhärtet sich der Verdacht, dass ihr Mann Dean (Marlon Wayans) fremdgeht. Mit seiner neuen Kollegin arbeitet er oft bis spät in die Nacht, jettet nach Kalifornien und Mexiko, während sie Zuhause sitzt, auf die Kinder aufpasst und beruflich mit Schreibhemmungen zu kämpfen hat. Kurzum: Laura ist alles andere als glücklich. Um nicht verrückt zu werden, wendet sie sich an ihren Vater Felix (Bill Murray), ein leichtfüßiger Millionär, der ihr sofort mit Rat und Tat zur Seite steht.

Zunächst einmal beauftragt er einen Detektiv, der Dean beschatten soll. Aber das allein reicht Felix nicht. Er ergreift die Chance, seiner Tochter wieder so nah zu sein und überredet sie zu einer eigenen Aktion, Dean heimlich auf den Fersen zu bleiben. Bei ihrem Streifzug durchs nächtliche New York klappern sie eine Bar nach der nächsten ab. Papa nimmt dabei stets einen Drink zu sich, und gemeinsam reden sie über Beziehungsprobleme, Sexismus und Vater-Tochter-Konflikte.



Ein kleiner, feiner Film
Zauberhafte New York-Bilder, ein grooviger Jazz-Soundtrack und zwei Menschen, die über Gott und die Welt palavern - eigentlich typische Zutaten eines Woody-Allen-Film. Nicht das erste Mal, dass man das Gefühl hat, Sofia Coppola wurde von Allen mehr geprägt als vom eigenen Vater. Kleine, feine Filme liegen ihr, mit zugespitzten Dialogen auf der Humor-Ebene, gewürzt mit ein wenig Melancholie. Da hört man gern zu, schaut dem Geschehen verschmitzt zu und lässt sich einfach mal treiben. Mehr als dieses Feeling sollte man aber auch nicht erwarten, denn die von Sofia Coppola selbsterdachte Story fällt ziemlich dünn aus und kann am Ende nicht wirklich befriedigen.

Dass man sich trotzdem 100 Minuten darauf einlässt, liegt allein an Bill Murray. Der Charmebolzen mit Dackelblick kann den sexistischsten Spruch absondert, ohne dass man es ihm wirklich übelnehmen will. Ist ja vielleicht nicht so gemeint, nur ein verbaler Fehltritt, seinem seichten Sarkasmus geschuldet. Coppola hat das Drehbuch voll und ganz auf Murray zugeschnitten. Der Rest der Geschichte über ein Pärchen, dass sich auseinandergelebt hat, bleibt belanglos.



Charmebolzen mit Dackelblick
Am 21. September feierte Bill Murray seinen 70. Geburtstag. Damit ist er seit über 40 Jahren im Filmgeschäft, wobei Komik bis heute sein Metier geblieben ist. Hierzulande fiel der US-Amerikaner erstmals neben Dustin Hoffman in der Verwechslungskomödie «Tootsie» auf, mit der Fantasy-Klamotte «Ghostbusters» wurde er zum Weltstar, feierte mit «Und täglich grüßt das Murmeltier» oder «Was ist mit Bob?» weitere Hits.

Ende der Neunzigerjahre wurde es etwas ruhiger um ihn. Seit «Lost in Translation» ist Murray wieder voll da, begeistert als regelmäßiger Darsteller in Wes-Anderson-Filmen wie «Moonrise Kingdom» oder «Grand Budapest Hotel» ebenso wie in Horrorklamauks wie «Zombieland» oder «The Dead Don’t Die». Mit «On the Rocks» schenkte ihn Sofia Coppola ein weiteres Vehikel, sein komödiantisches Talent auszukosten. Ob er den leichtfüßigen Lebemann, der sich schon zu so manchen Verrücktheiten hinreißen ließ, nur mimt oder wirklich so ist? Wir wollen gern glauben, dass Bill Murray einfach nur Bill Murray ist – immer und überall.

Fazit: Alles ist auf Bill Murray abgestimmt. Da kann die Story ruhig etwas dünn sein. Murray gleicht das mit Witz, Charme und etlichen Drinks ‚on the Rocks‘ wieder aus.

«On the Rocks» ist bei AppleTV+ verfügbar.
12.11.2020 11:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/122674
Markus Tschiedert

super
schade


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Der Pate Apocalypse Now Der Pate III Lost on Translation On the Rocks Lost in Translation Tootsie Ghostbusters Und täglich grüßt das Murmeltier Was ist mit Bob? Moonrise Kingdom Grand Budapest Hotel Zombieland The Dead Don’t Die

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