14 Jahre ist es bereits her, seit Sacha Baron Cohen als frauenfeindlicher Antisemit Borat die Zuschauer weltweit durch seinen kruden, entlarvenden Humor und so einige Fremdschämmomente begeisterte.
Gerade letzteres trieb er mit seinem nächsten Film «Brüno» allerdings so sehr auf die Spitze, dass für ein Großteil der Zuschauerschaft die Gürtellinie Richtung Erdkern schnellte und der Film schnell zum Flop avancierte. Da dieser auch mit seiner Folgerolle als «Diktator» nicht mehr an den Golden Globe und oscarnominierten «Borat» anknüpfen konnte, ist es wenig überraschend, dass er über kurz oder lang wieder in seine Paraderolle zurückgeschlüpft ist.
Schon vor Sichtung des Films muss sich die Frage gestellt werden, wie Cohens „Investigativjournalismus“, der 2006 in einer Welt, in der soziale Netzwerke noch in ihren Babyschuhen steckten und der Name Borat niemandem geläufig war, in einem Sequel funktionieren soll? Ein Film, dessen Sinn und Zweck es ist, die niederen Instinkte im Menschen zu entlarven und herauszukitzeln, um humoristisch Gesellschaftskritik zu üben, kann nicht funktionieren, wenn das Gegenüber weiß, dass es sich bei Borat um eine Kunstfigur mit dem einzigen Sinn und Zweck handelt, eben jene verwerfliche Seite von sich selbst zu zeigen. Und zum Teil merkt man dem Film genau dieses Problem auch deutlich an. Nahm man dem Erstling die Aussagen der interviewten Personen noch als ungestellt und real ab, so wirken im Sequel viele Szenen gescriptet, durch Laienschauspieler umgesetzt und teilweise auch aus dem Zusammenhang herausgeschnitten.
Dieser Problematik bewusst wurde auf zusätzliche Verkleidungen und die Einführung des neuen Sidekicks Tutar (Maria Bakalova) als Borats Tochter gesetzt. Letztere funktioniert zumindest besser als die meist schwachen Kostüme und Perücken. Man kann Cohen hinsichtlich des Castings aufrichtig gratulieren, denn es dürfte durchaus nicht einfach gewesen sein, jemanden zu finden, der gewillt war, sich gänzlich auf dessen Niveau herabzulassen. Bakalova scheint sich dabei für nichts zu schade gewesen zu sein, vom implizierten Inzest mit dem Vater, bis zur scheinbaren Entblößung der (äußerst fülligen) Schambehaarung werden dem Zuschauer eine große Bandbreite von Fremdschämmomenten präsentiert, die irgendwo zwischen einigen Schmunzlern und der Suche nach dem Aus-Knopf auf der Fernbedienung verpuffen.
Eine Vielzahl lauter Lacher dürfte man dem Großteil der mit Cohens bisherigem Werk vertrauten Zuschauerschaft damit jedoch nicht mehr entlocken können. Alles ist in der ein oder anderen Form in meist besserer Umsetzung bereits da gewesen, wer «Brüno» durchgestanden hat, kann vom hier gezeigten nicht mehr geschockt werden und die Zeit in der Cohen einen breitgefächerten Teil der amerikanischen Gesellschaft noch unentdeckt aufs Kreuz legen konnte, scheint endgültig vorbei zu sein. Dass er ein paar Rednecks auf die Frage, was schlimmer sei, das Coronavirus oder die Demokraten als Antwort „die Demokraten“ entlockt, reicht einfach nicht mehr für irgendeine Art von Aha-Erlebnis aus. Politisch orientierte Bloßstellung funktionierte vor zwei Jahren in seiner Serie «Who is America?» noch weitaus besser.
«Borat» schaffte es 2007 noch die Menschen gleichermaßen zum Lachen als auch zum Nachdenken anzuregen. Der Film hatte nicht nur den Überraschungsfaktor auf seiner Seite, sondern man konnte ihm auch noch einen gewissen Innovationsgeist zusprechen. «Borat 2» kann dies zu großen Teilen leider beides nicht. Etwas besser als die Vorgängerfilme «Brüno» und «Der Diktator» zu sein reicht letztlich nicht aus, um aus diesem Sequel einen guten Film zu machen.
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