Louise Glück gewann den Literatur-Nobelpreis. Quotenmeter stellt die Schriftstellerin vor.
"Es gibt immer etwas, das man aus Schmerz machen kann." Wem diese Zeile aus einem Gedicht aus dem Jahre 1968 etwas sagt, dem wird auch Louise Glück ein Begriff sein. In den USA ist die Dichterin längst bekannt wie der sprichwörtliche "bunte Hund". Hierzulande ist der Name noch eher ein Geheimtipp. Allerdings dürfte sich das nun schlagartig ändern, denn jüngst gewann Louise Glück den Literatur-Nobelpreis für ihre "unverkennbare poetische Stimme".
Liebe und Schmerz - Louise Glück
Ihre dichterischen Werke handeln zumeist von Schmerz, Tod und immer wieder auch von unerfüllter Liebe und gescheiterten Beziehungen. Schon früh erlebte Louise Glück am eigenen Leibe, was Schmerz und Trauer bedeuten. Denn schon in ihrer Kindheit wurde sie mit der düsteren Seite des Lebens konfrontiert, als ihre ältere Schwester starb. Dieses Unglück ereignete sich zwar noch vor 1943, also dem Jahr, in dem Louise Glück selbst das Licht der Welt erblickte. Aber die Trauer und der Schmerz über den Tod des Kindes war in ihrem Elternhaus nahezu allgegenwärtig. So ist sich die frisch gebackene Nobelpreisträgerin sicher, dass der Tod ihrer Schwester der Grund dafür gewesen sei, dass es sie - Louise Glück - überhaupt gibt. Die damit verbundenen Emotionen und Gedanken hat sie seinerzeit in ihrem Essay "Education of the poet" niedergeschrieben. Der Fokus ihrer Worte liegt dabei auf der Einsamkeit und an ihre verzweifelte Suche nach Aufmerksamkeit und Liebe. Ob diese Gefühle die Ursache für die Magersucht war, unter der Louise Glück in ihrer Jugendzeit gelitten hatte? In ihrer sieben Jahre dauernden Therapie wurde dieser Aspekt jedoch immer wieder durchleuchtet.
"In Dedication to Hunger" - Sehnsucht nach Aufmerksamkeit
Es ist jetzt 52 Jahre her, als die Autorin ihren allerersten Gedichtband publizierte. Ein halbes Jahrhundert später erhielt sie für ihre Werke den Nobelpreis. 1968 erschien "Firstborn - Erstgeborene". Die Lyrikerin beschäftigte sich darin vor allem mit ihrem Körper und mit der Frau, die ihr einst das Leben geschenkt hatte. In der Tat war die Verbindung zu ihrer Mutter zeitlebens schwierig, und eben diesen Umstand wollte sie literarisch verarbeiten. Wenngleich sie seinerzeit in Expertenkreisen für dieses Buch zwar ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit seitens der Öffentlichkeit erhielt, gelang ihr Durchbruch erst 1975. Zwei Jahre, nachdem sie selbst ein Kind gebar, erfuhr die Autorin mit ihrer literarischen Sammlung "The House on Marshland" eine bahnbrechende Veränderung ihrer Karriere. Und nur wenig später erschien bereits das Gedicht "Brown Circles", in dem erneut deutlich wird, wie schwierig die Beziehung zu ihrer Mutter einst war und wie sehr sich dieser Aspekt auf ihre eigene Mutterliebe auswirkte, die sie ihrem Sohn entgegenbrachte. Louise Glück könne ihr Kind einfach nicht so lieben, wie es sein sollte. Die Quintessenz dieser poetischen Arbeit war, dass Frau Glück selbst erst lernen müsse, ihrer Mutter zu vergeben. Denn sie fühle sich jetzt einfach zu hilflos, um ihren Sohn retten zu können.
Ararat - ein weiteres Werk voller Schmerz und Trauer
"Ein Unglück kommt selten allein", besagt eine alte Redewendung. So brannte eines Tages das Haus der Louise Glück in Vermont ab, und ihr Vater fand dabei den Tod. Erneut musste Louise Glück Schmerz und Trauer erleben und machte auch aus diesen Empfindungen einen Gedichtband. "Ararat", aber auch das wenig später veröffentlichte Gedicht "Crossroads" zählen bis heute zu ihren bedeutsamsten Werken, weil sie sich durch ihre ganz besondere Intensität auszeichnen. So emotional und gefühlsstark die Arbeiten der Glück sind, so einfach ist letztlich doch ihre Sprache. So verzichtet sie vollends auf Fremdworte und vermeidet "Gefühlsduseleien". Vielmehr handeln ihre Gedichte mit Titeln wie "Education of the poet" (Erziehung der Dichterin) oder "Children coming home from School" (Kinder kommen von der Schule nach Hause) von völlig alltäglichen Dingen. Besonders nüchtern ist dabei sogar das Gedicht "The drowned children" (Die ertrunkenen Kinder), das zwar einerseits große Emotionen ausdrücken soll, andererseits auch deutlich macht, dass Leid und Schmerz nun einmal zum Leben dazu gehören. Die Quintessenz aus ihren Werken wird demgemäß in ihrer poetischen Arbeit "First Memory" ganz besonders deutlich. So bringt Louise Glück es mit folgenden Worten auf den Punkt: "Ich dachte schon in meiner frühesten Kindheit, dass Schmerz nichts anderes bedeutet, als nicht geliebt zu werden. Dabei bedeutet Schmerz vor allem eines: Ich liebe!"
Bleibt in jedem Fall zu hoffen, dass die amerikanische Autorin noch viele weitere tiefgreifende Werke veröffentlicht. Denn Gefühle derartig sachlich zu formulieren und dabei den Leser gleichzeitig so zu berühren, das kann wohl nur eine Louise Glück.
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