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Sonntagsfragen an Hendrik Hey (Teil II)

«Welt der Wunder»-Moderator und -Produzent spricht mit Quotenmeter.de heute über die Entwicklung und Zukunft des Genres der Wissensformate. Desweiteren spricht er über die Sendezeitverlängerung im Sommer und über die Konkurrenz von ProSieben.


Herr Hey, wie sehen Sie die Entwicklung von «Wunderwelt Wissen»? Wir haben manchmal das Gefühl, dass das Format zunehmend boulevardesker wird…

Ja. Das sehe ich auch so. Bei «Wunderwelt Wissen» findet ein enormes Recycling statt. «Wunderwelt Wissen» hat die Library von «Galileo» übernommen. Eigentlich hätte ich als Sendermacher meine starke Marke – nämlich «Galileo» auf den freigewordenen Sendeplatz gesetzt. Somit hätte man die Fan-Community vom Werktag auch in das Wochenende holen können. ProSieben bedient sich dieser Beitragsart, da gibt’s viel vom Fließband, eher „Wissen Light“… Wirkliche Wissenschaft spielt sich dort hauptsächlich im Action-Bereich ab. Das funktioniert – ich will das auch nicht werten. Dennoch haben wir die wissenschaftliche Basis bei «Welt der Wunder» eben nicht aufgegeben. Dass wir mit diesen Themen unterhaltend umgehen, das bestreitet niemand.



Anfang des Jahres konnte man etwas Belustigendes im Programm feststellen. Die Wissensmagazine begannen zunächst um 19:00 Uhr, dann um 18:55 Uhr… Schließlich starteten beide Magazine bereits um 18:45 Uhr. Von wem ging dieses Wettrennen aus und haben Sie wirklich gedacht, damit mehr Zuschauer zu mobilisieren?

Da sind wir dran Schuld. Es gibt Statistiken, die darauf hindeuten, dass eine frühere Anfangszeit den Wettbewerbsnachteil des kleineren Senders etwas kaschieren. Das war auch so. Wir wissen, dass derjenige, der einmal bei «Welt der Wunder» zuschaut, nicht mehr so schnell wegschaltet. Es war nur schwer, ihn zu uns zu holen. Und so hat man immer noch ein bisschen verlängert und noch ein bisschen. Irgendwann haben wir aber zusammen mit RTL II festgestellt, dass das nicht das Wahre ist, dass es auch nicht so funktioniert hat und jetzt senden wir wieder ab 19 Uhr.



Einen wichtigen Punkt vergessen Sie aber: Um 18 Uhr läuft jetzt «Welt der Wunder – Schau dich Schlau». Somit starten die Wissenssendungen nicht erst um 19 Uhr. Vorteil ausgebaut?

Richtig, das ist ein anderes Format, bietet uns aber die Chance, das Genre volle zwei Stunden auszuleben.



«Galileo» dauert jetzt 60 Minuten, RTL II hat «Gut zu Wissen» gestartet, auch «Clever» auf Sat.1 beschäftigt sich mit Wissenschaft...

Ja, natürlich. «Clever» geht in eine ähnliche Richtung.



Wie sehen Sie die Zukunft dieses Genres?

Sehr rosig. Ich werde nun seit fast 10 Jahren gefragt, ob Wissen eigentlich ein Trend ist. Ich bezeichne dies jedoch nicht als Trend, sondern als Bedürfnis. Menschen sind nun mal neugierig. Erinnern wir uns doch an unsere Kindheit zurück. Ich kannte damals jede Brückenhöhe auswendig und begeisterte mich für das Weltall oder für die Tierwelt. Mich hat fast alles, was mit Wissen zu tun hatte einfach interessiert. Warum soll das bei einem Erwachsenen anders sein? Hier setzt «Welt der Wunder» an. Das Gerne deckt auch viele Bereiche ab – angefangen bei „Wissen Light Light“ bis hin zu echter Wissenschaft. Also von «Galileo» bis hin zu «Abenteuer Forschung», welches momentan wohl das anspruchsvollste aller Wissensformate ist. Welt der Wunder bewegt sich im oberen Drittel, etwa auf Augenhöhe mit «Quarks und Co.», welches ähnliche Umsetzungsansätze hat.



Ich sehe aber auch zum Beispiel Sendungen wie «Wissen macht Ah!» im Kinderkanal KIKA (WDR) sehr gerne. Die machen mit wenig Geld eine fantastische Sendung, von denen können wir uns oft sogar etwas abschauen und denken uns: Mensch, auf die Idee hätten wir auch kommen können. Die Kollegen von «Planetopia» haben sich inzwischen sehr gut entwickelt. «Clever» hat den Bereich Wissen und Unterhaltung aufgegriffen… Aber auch Günthers Jauchs «Wer wird Millionär» wird inzwischen zu den Wissensformaten gezählt, da lassen Kandidaten ihr Wissen testen.


Eine große Zukunft sehe ich vor allem für alle Formate die nicht nur Wissen, sondern vor allem auch den Nutzwert von Wissen herausstellen und genau das ist der Ansatz von «Schau dich Schlau!».



Sie haben von den Plänen von RTL II gesprochen. Spielen Formate wie «Big Brother» weiterhin eine Rolle?

Soweit ich weiß, soll «Big Brother» weiter laufen. Aber natürlich spielen auch die Wissensformate bei RTL II eine wichtige Rolle. Ich glaube, wenn man alle Wissensformate und Dokumentationen dort zusammenzählen würde, dann könnte dieser Sender mit Fug und Recht behaupten, mehr in diesem Bereich zu senden, als viele andere Fernsehsender.



Natürlich reden wir hier über eine eher die anglo-amerikanische Art von Wissenssendungen und Doku’s, es sind ja auch sehr viele Discovery Produktionen dabei. Aber zum Beispiel der Sonntag auf RTL II ist inzwischen ein kompletter Doku-Sonntag und funktioniert beim Zuschauer hervorragend.



Wäre für Sie der «Big Brother» Sendeplatz nicht interessant?

Nein, ich denke, «Big Brother» hat absolut seine Berechtigung. Die ersten beiden Staffeln habe ich übrigens super intensiv verfolgt. Ich habe auch kein Problem zu sagen, dass ich die Dschungel-Show toll fand. Sowieso kann ich diese ganze Aufregung über diese Formate nicht verstehen. Wir reden hier über gefilmte Banalität. Aber eben mit sehr hohem Unterhaltungswert. Genauso wie «GZSZ» mit Sicherheit nicht das Kernformat von RTL ist, aber eines der erfolgreichsten, ist es komisch, dass RTL II so sehr mit «Big Brother» identifiziert wird. Es ist nur ein Format von vielen auf diesem Sender, das sollte man nicht vergessen.



Trotzdem kann man sagen, dass auch «Big Brother» ein Grund war, warum wir mit RTL II gesprochen haben. Ich sehe es nämlich so: alle wichtigen Programminnovationen der vergangenen Jahren gingen irgendwie von RTL II aus. Sei es eben «Big Brother», sei es «Popstars», aus dem später «Deutschland sucht den Superstar» wurde. Oder sämtliche Doku-Soaps um Polizisten und Nannys. Es ist doch auffällig, das fast alles bei RTL II seinen Anfang hatte. Dem Bollywood-Genre hat niemand eine Chance gegeben, bei RTL II laufen diese Filme sehr erfolgreich. Den Ankauf des Hitler-Zweiteilers fand ich sehr bezeichnend («Hitler – Der Aufstieg des Bösen», OT: «Hitler – The Rise of Evil», Anmerkung der Redaktion). Der Film lag Ewigkeiten auf dem Markt – niemand wollte ihn haben – bis RTL II zugegriffen hat und damit nicht nur Mut bewiesen hat sondern auch richtig gute Quoten. Aber so ist es als kleiner Sender: Die müssen viel mehr Planen und ausprobieren, weil sie eben nicht über die finanziellen Ressourcen von ProSieben verfügen. Die können sich nicht einfach «Minority Report» oder «Spiderman» kaufen. Ab diesem Zeitpunkt wird es auch einfach.

Ich habe selten mehr Programmentwickler gesehen als bei RTL II. Man sieht sich dort nicht als Programmverwalter, der das Programm einfach nur laufen lässt, sondern als kreativer Entwickler, der ständig Ausschau nach neuen Ufern hält.



Für mich als Programmmacher ist das sehr aufregend und ein Umfeld im dem ich mich sehr gerne bewege.



Zum Ende unseres Gesprächs möchten wir ihnen auch die «Sonntagsfragen - kurz und knapp» stellen:

Welches TV-Format verpassen Sie nie?

Ich gucke den Discovery Channel bei Premiere sehr gerne. Das ist so meine Welt. Ansonsten sehe ich mit meiner Tochter zusammen gerne «Wissen macht Ah!» und wann immer es geht auch «Logo» auf dem KIKA. Aber wirklich regelmäßig kann ich eigentlich nur die «Tagesthemen» und «TV Total» sehen, weil ich häufig erst um diese Zeit zu Hause bin.



Was geht Ihnen vollkommen gegen den Strich?

Ignoranz und Arroganz. Das betrifft manchmal leider auch unsere Medienbranche. Besonders geärgert hat mich der Begriff „Unterschichtenfernsehen“. Ich empfinde diese Bezeichnung als arrogant dem Publikum gegenüber. Fernsehen ist ein Massenmedium, das sich in einer riesigen Bandbreite bewegt. Es kann manchmal eine Ergänzung zur Bildung liefern, ansonsten steht die Unterhaltung im Vordergrund und zwar auf allen Sendern. Nur weil ich das Dschungel-Camp gesehen habe, bin ich doch keine Unterschicht. Im Übrigen: Meistens regen sich sowieso nur Menschen über ein Format auf, die dieses noch nicht einmal gesehen habe. Das ärgert mich.
20.11.2005 12:06 Uhr Kurz-URL: qmde.de/12054
Manuel Weis

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Hendrik Hey

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