Iris Berben wird 70 und feiert unter anderem mit einem Meta-Stück im ZDF.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Iris Berben als Simone Mankus
Murathan Muslu als Robert Fallner
Barnaby Metschurat als Jonas Mankus
Katharina Nesytowa als Natascha Gobulew
Helgi Schmid als Nico
Johannes Zeiler als Hans Fallner
Julischka Eichel als Jacqueline Hosnicz
Hinter der Kamera:
Produktion: MOOVIE GmbH
Drehbuch und Regie: Nina Grosse
nach dem Roman "Ein Schlag ins Gesicht" von Franz Dobler
Kamera: Alexander Fischerkoesen
Produzent: Jan EhlertEigentlich hat man’s hinter sich: Vor fünfzig Jahren ist man als „goldenes Mädchen“ gefühlt durch den ganzen neuen deutschen Film getingelt und hat dabei ein Millionenvermögen verdient, in den 80ern folgten Drogenexzesse und medienwirksam kaputte Ehen, Plattenverträge, vergeigte Live-Auftritte und Fernsehshows, nebenher hat man noch einen Sohn in die Welt gesetzt und alleine groß gezogen, und heute, da könnte man eigentlich in Ruhe in seinem Bunker in Grünwald sitzen, hin und wieder mit ein paar jungen Musikerinnen auftreten, um das Ego zu streicheln, und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen.
Wäre da im Leben der ehemals gefeierten Schauspielerin Simone Mankus (Iris Berben) nicht der Stalker, der nachts über ihr Grundstück schleicht und zugerichtete Puppen an Baumstümpfe klebt. Oder ihr Sohn (Barnaby Metschurat), der sie auf die Promi-Berghütte verfrachten will, um mit dem Erlös seine Schulden loszuwerden. Oder das Schlimmste von allem: diese furchtbare Leere im Leben, die bittere Enttäuschung darüber, dass es das jetzt war, und dass man sich nur noch die ganzen alten Schinken ansehen kann, in denen man jung, schön und sogar ein bisschen talentiert war.
Zumindest dem Stalker könnte man allerdings beikommen. Darum soll sich ein Neuzugang beim örtlichen Promi-Sicherheitsdienst namens Robert Fallner (Murathan Muslu) kümmern, der kürzlich vom Polizeidienst suspendiert wurde, nachdem er bei einem schiefgegangenen Einsatz einen Achtzehnjährigen erschossen hatte. Die angeschickerte Altschauspielerin und der seelisch am Abgrund stehende Muskelprotz sollen einander nun eineinhalb Stunden lang im Seelenleben herumwühlen, sich emotional auf die Füße treten und die großen Lebenslügen zutage fördern.
Dabei kennt das Medium Film das Motiv der gealterten Schauspielerin fast nur als Karikatur: am schrillsten und nachdrücklichsten wohl in Billy Wilders «Sunset Boulevard», am gruseligsten und psychologischsten in Form des Baby-Jane-Stoffs, und am zynischsten in Mankiewiczs «All about Eve». Eine sonderlich feinsinnige, wehmütige, menschenfreundliche Interpretation dieser Lebenssituation hat man selten gesehen. Und auch wenn es vermessen klingen mag, dass ein deutscher Fernsehfilm genau das zustande bringen soll, bei dem sich amerikanisches Spitzenkino seit siebzig Jahren in Klischees und Vorurteile flüchtet: Gerade Iris Berben hätte man ein solches Gelingen zugetraut. Weil sie den Medienzirkus in ihrer langen Zeit in der Branche nie für voll genommen und sich stattdessen auf ihre künstlerische Arbeit konzentriert hat, weil ihre Laufbahn frei von Skandalen blieb, weil sie immer so wunderbar uneitel ist und selbstbewusst genug, um sich und ihre Figuren auch mit einer sanften Ironie betrachten zu können – und weil ihre eigene bisherige Karriere viel leiser und schöner war als die von Simone Mankus.
Doch dramaturgisch ist dieser Film in erster Linie Whodunnit und nicht Psychodrama, was sich mit seiner inhaltlichen Quintessenz beißt: Wer da ständig nachts um das Grünwalder Anwesen tappst und die Schauspielerin in den Wahnsinn treibt (einer der Ex-Männer, ein durchgeknallter Fan oder doch der seltsame Alte aus dem Supermarkt?), ist schließlich egal. Viel spannender ist, was diese Situation mit ihr macht.
Doch hier wartet «Nicht tot zu kriegen» leider mit keinen sonderlich interessanten Eindrücken auf: Das „goldene Mädchen“ ist eben alt geworden und soll sich dem Wunsch seines Stalkers gemäß jetzt zuhause einschließen, um das Idealbild der ewigen Jugend nun wenigstens noch durch Abwesenheit zu verkörpern – inhaltlich viel zu dünn für das Können einer Iris Berben und den Anlass dieses Films: ihr 70. Geburtstag. Hoch soll sie leben, aber eher für ihr bisheriges Gesamtwerk als ihr Jubiläumsstück.
Das ZDF zeigt «Nicht tot zu kriegen» am Montag, den 10. August um 20.15 Uhr.
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