«The Secret - Das Geheimnis» - Esoterisches Geblubber im Gewand einer Schmonzette
Basierend auf dem Selbsthilfebuch «The Secret - Das Geheimnis» will uns Regisseur Andy Tennant in der gleichnamigen Verfilmung weismachen, dass man nur die richtige Lebenseinstellung benötigt, damit einem das Glück hold ist.
«The Secret - Das Geheimnis»
Kinostart: 6. August 2020
FSK: 12
Laufzeit: 107 Min.
Genre: Drama/Romanze
Kamera: Andrew Dunn
Musik: George Fenton
Buch: Andy Tennant, Rick Parks
Regie: Andy Tennant
Darsteller: Katie Holmes, Josh Lucas, Jerry O'Connell, Celia Weston, Sarah Hoffmeister
OT: The Secret: Dare to Dream (USA 2020)
Die Dokumentation «The Secret» der australischen Drehbuchautorin und Produzentin Rhonda Byrne entwickelte sich insbesondere in den USA zu einem Massenphänomen. Darin werden anhand obskurer Zusammenhänge und pseudowissenschaftlich „fundierter“ Fakten vermeintliche Beweise dafür geliefert, dass sich unser Leben allein durch unsere Einstellung zu ihm aktiv lenken lässt. Damit ist gemeint – und ja, das meinen wir (oder eher Rhonda Byrne) wirklich so – dass man sein Leben positiv beeinflussen kann, wenn man einfach nur ganz fest dran glaubt. Dieses esoterische Geschwurbel, das, so fair wollen wir sein, sicher auch schon dem ein oder anderen aus einer Lebenskrise heraushelfen konnte, fand aufgrund seiner Popularität als Dokumentarfilm schließlich auch noch seinen Weg in den Buchhandel. Und nun in Form eines Spielfilms auf die große Leinwand. Doch wer sich schon beim Gedanken an die platte Prämisse der Doku und des Selbsthilfebuches unangenehm berührt fühlt, bei dem werden sich diese Gefühle nach dem Film «The Secret – Das Geheimnis» noch einmal gewaltig verstärken.
Da der Vergleich aufgrund der Aufmachung naheliegt, ziehen wir ihn einfach mal: Die aufgrund ihrer Seichtheit gern kritisierten Nicholas-Sparks-Filme wirken gegen «The Secret» wie ganz großes, gefühliges und vor allem subtiles Emotionskino. Das hier hingegen ist einfach nur großer Mumpitz.
Eine schier unendliche Pechsträhne
In Miranda Wells‘ (Katie Holmes) Leben scheint gerade alles schief zu laufen. Der alleinerziehenden Mutter von drei Kindern wächst alles über den Kopf. Das Geld reicht hinten und vorne nicht mehr, seitdem ihr Mann vor ein paar Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Als hätte sich das Schicksal gegen sie gerichtet, kracht während eines Hurrikans auch noch ein Ast durch das Dach ihres Hauses. Doch das Unwetter stellt Miranda nicht nur vor ihre nächste finanzielle Herausforderung, sondern bringt auch den hilfsbereiten Bray Johnson (Josh Lucas) in ihr Leben. Von nun an scheint sich das Blatt für Miranda und ihre Familie zu wenden. Ob das an dem positiven und lebensbejahenden Spirit liegt, mit dem Bray in ihr Leben tritt? Und was hat es mit dem rätselhaften Umschlag auf sich, der Bray Johnson ursprünglich zu Miranda geführt hat? Ein Geheimnis, das den neu gewonnenen Lebensmut und das langsam wiederkehrende Glück der Familie Wells sogleich wieder aufs Spiel zu setzen scheint…
Es gibt in der ersten halben Stunde von «The Secret – Das Geheimnis» eine Szene, die symptomatisch dafür steht, mit was für platten Motiven die Message von Doku und Buch hier in eine fiktionale Spielfilmhandlung gepresst wird. Nachdem Miranda Wells den sympathischen Bray kennengelernt und mit nach Hause gebracht hat – im Anbetracht von Josh Lucas‘ charmanter Verkörperung des klassischen Traummannes auch absolut nachvollziehbar – drischt der erst einmal mit jeder Menge „Wenn du an dein Glück glaubst, dann kannst du im Leben alles schaffen!“-Phrasen auf die junge Frau und ihre Kinder ein. Wie das funktioniert, veranschaulicht er auf dem Fuß: Da die Kids zum Abend gern Pizza essen würden, glauben sie alle für einen kurzen Moment ganz fest daran, dass ihnen dieses Essen alsbald zufliegen (oder was auch immer) möge – und tatsächlich klingelt prompt ein Pizzabote an der Tür, den Miranda gar nicht bestellt hat.
Nun könnte man natürlich den einfachen Schluss ziehen: Josh hat all das eingefädelt, um seiner hübschen Angebeteten einen kleinen Hoffnungsschimmer in ihrem vom Pech verfolgten Leben zu bereiten. Doch dieser Umstand wird nie aufgeklärt – und da «The Secret» ja eben auf einer Doku (!) basiert, in der auch derart banale Zusammenhänge für möglich erklärt werden, steht stark zu vermuten, dass uns der ansonsten völlig frei von jedweden Fantasy-Elementen inszenierte Film hier weismachen will, dass man sich selbst so etwas Banales wie Pizza einfach herbeiwünschen kann. Wir haben es versucht. Es hat nicht geklappt.
"Positiv denken!"
Wenn nun der einzige Kritikpunkt an «The Secret» der wäre, dass es die Autoren Rick Parks und der auch für die Regie verantwortlich zeichnende Andy Tennant (schrieben bereits gemeinsam das Skript zu «Auf immer und ewig») ein wenig zu gut damit meinen, dem Zuschauer konstruierte Zufälle als Schicksal zu verkaufen, ließe sich der Film ja mit viel gutem Willen fast noch unter dem Begriff „High-Concept“ zusammenfassen. Vielleicht will «The Secret» ja ohnehin nicht die Realität abbilden, sondern wabert irgendwo zwischen romantischem Drama und Fantasyfilm hin und her. Genreunentschlossenheit ist mitnichten ein Verbrechen. Doch gerade im Hinblick auf die Vorlage nimmt die Geschichte um Miranda und Bray bisweilen immer dreistere Züge an. Und da muss man gar nicht erst die Feminismuskeule rausholen und darauf eindreschen, dass die rettenden Arme eines Mannes hier einmal mehr als Universallösung für jede Frau präsentiert werden. Nein, stattdessen ist es die hier dargebotene Lebensphilosophie an sich. Denn wo sich die Dinge durch pure Willenskraft zum Guten wenden lassen – immer dran denken: positiv denken! – bedeutet dies im Umkehrschluss schließlich auch, dass man für alles Übel gleichermaßen selbst verantwortlich ist.
Und nein: Damit ist eben nicht gemeint, dass Jemand, der schon mit einer negativen Einstellung in ein Bewerbungsgespräch reingeht, den ausgeschriebenen Job vermutlich dann auch gar nicht erst bekommt. Sondern dass Miranda solche Dinge wie den Tod ihres Mannes, die Zerstörung ihres Hauses durch einen Sturm oder die hohe Verschuldung im fünfstelligen Bereich einfach hätte abwenden können, hätte sie auch nur einen Moment an ihr eigenes Glück geglaubt. Halleluja!
Es liegt uns fern, wahllos Dinge in einen Film hineinzuinterpretieren, bloß damit es unsere Argumente unterstützt. Doch in «The Secret – Das Geheimnis» muss man all das nun mal nicht vermuten; Man bekommt es eins zu eins auf der Leinwand gezeigt. Immer wieder fallen Begrifflichkeiten aus dem (vor allem christlichen) Glauben. So charmant Bray auch sein mag, so unterschwellig macht er Miranda innerhalb seiner Werbungen um sie klar, wie sie sich doch einst selbst in ihre prekäre Lage manövriert hat und zu guter Letzt können die vornehmlich aus Motivationssprüchen und leeren Worthülsen bestehenden Dialoge das esoterische Geschwurbel nie faktisch untermauern. Nett gemeint bedeutete dies: «The Secret» ist einfach ein filmischer Glückskeks, der motivieren kann, wenn man ein klein wenig dafür empfänglich ist, der einem aber alles andere als Weisheit schenkt. Negativ betrachtet verfolgen die Macher mit ihrem Film eine Agenda – genau wie all die in den letzten Jahren erschienenen, christlich motivierten Dramen aus den USA, deren Fanbase so groß ist, dass selbst wir für unsere Kritiken zu Filmen wie «Die Hütte – Ein Wochenende mit Gott» regelmäßig von wütenden Lesern beschimpft werden.
Dabei wäre «The Secret – Das Geheimnis» eigentlich ein durchaus charmanter, vor allem aber gut aussehender Liebesfilm. Eben ganz im kitschigen Nicholas-Sparks-Stil, der sich dadurch auszeichnet, dass sich schöne Menschen vor noch schöneren Kulissen gegenseitig anschmachten, bis ihnen das gemeinsame Liebesglück hold wird. Doch auch wenn sich Katie Holmes («Brahms: The Boy II») und Josh Lucas («Le Mans 66 – Gegen jede Chance») bemühen, zwischen all den hanebüchenen Dialogen das echte Interesse aneinander aufrechtzuerhalten, gelingt es Andy Tennant nie, den Fokus allein auf die beiden zu legen. Dafür widmet er sich gen Ende viel Zeit für die Aufklärung des titelgebenden Geheimnisses. Doch auch das ließ sich bis dato längst meilenweit gegen den Wind riechen.
Fazit
Man muss «The Secret» zugute halten, dass er ja bereits auf einer fragwürdigen Vorlage basiert, aus der eine annähernd aufrichtige Geschichte über Liebe und Schicksal kaum herauszuholen war. Letztlich ändert das aber nichts daran, dass die schwierige Message des Films die im Kern süße Liebesgeschichte so extrem überlagert, dass es schwierig ist, bis zum Ende dran zu bleiben, ohne sich permanent die Hand vors Gesicht zu schlagen.
«The Secret – Das Geheimnis» ist ab dem 6. August in den deutschen Kinos zu sehen.
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