RTLZWEI tanzte am Samstagabend auf gleich zwei Hochzeiten und übertrug diese live im Fernsehen. Obwohl die Produktion solide umgesetzt wurde, bleibt am Ende eine Frage: Wer soll für so ein Format einschalten?
Haben Sie schon mal von Assmannshausen und Polch gehört? Ohne Frage:
«Deine Hochzeit - Live!» bei RTLZWEI dürfte die Geographie-Kenntnisse vieler Zuschauer am Samstagabend erweitert haben. Sowohl im hessischen Dorf Assmannshausen (995 Einwohner laut Wikipedia) als auch im rheinland-pfälzischen Polch mit knapp 7.000 Seelen gaben sich am Samstagabend zwei Paare vor laufender Kamera das Ja-Wort. Neben den Normalos Leslie und Oleg heirateten auch Yvonne König und Markus Mörl (Foto rechts) - Mörl erlangte in den 1980er-Jahren als Star der Neuen Deutschen Welle Bekanntheit. RTLZWEI war auf beiden Veranstaltungen mit den Reportern Alexandra Maurer und Eric Schroth (sorgte einst als „Anmeldeboy“ bei «DSDS» für Aufsehen) live vor Ort.
Der erste Teil der knapp zweieinhalbstündigen Sendung bestand dabei aus Einspielfilmen und Live-Interviews. In diesen wurde nachgezeichnet, wie sich die Paare kennengelernt und wie sie die Vorbereitungen der letzten Wochen auf den Hochzeitstag erlebt haben. Im zweiten Teil des rund zweieinhalbstündigen Formats ließen sich die beiden Paare schließlich trauen. Nach kurzen Reden, Musik und dem gegenseitigen Anstecken der Ringe wurden die Verliebten von einer Kapitänin (Marcus & Yvonne) sowie von einem Zwillings-Pärchen (Leslie & Leg) zu Mann und Frau erklärt.
Positiv fiel im Laufe der Sendung ins Gewicht, dass RTLZWEI das Live-Event ohne größere Pannen umzusetzen wusste. Bis auf ein paar Szenen, in denen der Ton in der Regie zu spät hochgeregelt wurde, gingen die Hochzeiten ohne größere Verzögerungen über die Bühne. Auch die Live-Schalten zwischen den beiden Reportern funktionierten einwandfrei. Einen soliden Job hat die Produktionsfirma RedSeven Entertainment damit zweifelsfrei geleistet, zumal vor allem das Schiff im Rhein, auf dem Markus seine Yvonne heiratete, auch optisch eine ansprechende Kulisse darstellte.
Und trotzdem fragte man sich beim Schauen der Sendung ernsthaft, warum und vor allem wen das alles überhaupt ernsthaft interessieren soll. Neben einigen Hardcore-Fans von Sänger Markus und Bekannten und Freunden der Protagonisten kommen einem nicht viele potenzielle Interessenten in den Sinn, die in die Zielgruppe dieser Sendung fallen könnten. Unterm Strich gelang es der Live-Hochzeit nämlich weder, die besondere Relevanz der dort geschlossenen Ehen zu betonen, noch, die Ereignisse des Abends in einer besonderen Art und Weise zu emotionalisieren.
Vor dem Hintergrund, dass sich Jahr für Jahr rund 400.000 Menschen in Deutschland das Ja-Wort geben, ist das durchaus ein Problem. Denn die Antwort auf die Frage, warum gerade diese beiden Live-Hochzeiten von gesteigerter Relevanz für das Publikum sein sollten, blieb der Sender seinen Zuschauern komplett schuldig. Die Anwesenheit von C-Promi-Gästen wie Matthias und Hubert Fella sowie Jürgen Milski auf der Hochzeit von Markus wird wohl für kaum jemanden der entscheidende Einschaltimpuls gewesen sein. Den nachhaltigsten Eindruck dürfte bei den meisten ohnehin der spirituelle Lebensberater von Yvonne und Markus namens Leon hinterlassen haben, der mit seinem sonderbaren Auftreten locker auch als Freund von Axel Collins in der Netflix-Serie «White Lines» durchgegangen wäre. Für
Spiegel-Kolumnistin Anja Rützel stellte er jedenfalls schon mal nicht weniger als die Trash-Neuentdeckung 2020 dar.
Und trotzdem: Dass sich am Samstag allzu viele Unbeteiligte zu dem letztendlich doch recht zähen Live-Ereignis verirrt haben, dürfte unwahrscheinlich sein. Am Ende blieb die «Deine Hochzeit - Live!» ähnlich aufregend, wie man sich die kleinen Ortschaften Assmannshausen und Polch auf dem Papier eben vorstellt. Immerhin: Die zwei Paare werden den Sender-Verantwortlichen vermutlich ziemlich dankbar sein - so professionelle Videoaufnahmen vom eigenen Hochzeitstag besitzen die wenigsten Menschen. Allen anderen dürfte das, was da am Samstagabend bei RTLZWEI passiert ist, ziemlich schnuppe sein.
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