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Sonntagsfragen an Hendrik Hey

Vor gut einem Jahr gab die Welt der Wunder GmbH bekannt, künftig für RTL II zu produzieren. «Welt der Wunder»-Moderator und Produzent Hendrik Hey spricht im Quotenmeter.de-Interview über die wahren Hintergründe des Senderwechsels. Ende November feiert das Magazin zudem seine 500. Sendung.


Herr Hey, Glückwunsch zu der 500.Sendung. Hatten Sie zu Beginn damit gerechnet, dass Sie einmal dieses Jubiläum feiern?

Nein.



(lacht) Eine kurze Antwort…

Nein, im Ernst. Wir hätten nicht damit gerechnet. Wir hatten damals eine fulminante Premiere, lagen um die 16 Prozent Marktanteil – das war einfach fantastisch. Wenn wir mit fünf oder sechs Prozent eingestiegen wären, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass wir langfristig höhere Marktanteile erzielen, natürlich eher gering gewesen.



Wenn ich aber mit überdurchschnittlichen Marktanteilen einsteige, zeigt das auch eine gewisse Tendenz, die zwar zunächst wieder etwas nach unten geht, aber im Lauf der Zeit wieder den Erstwert erreichen kann. So war das auch bei uns – wir lagen dann nach einiger Zeit wieder bei etwa 15 Prozent. Der hätte sogar noch höher werden können, aber ProSieben hat ja im Lauf der Jahre auch Zuschauer verloren.



500 Mal «Welt der Wunder». Ich stell mir das nicht ganz einfach vor – woher nimmt man denn so viele interessante Themen?

Die nimmt man aus der eigenen Umgebung, indem man sich einfach Fragen stellt. Die Welt steckt voller Fragen und es gibt viele Menschen, die Antworten darauf wissen. Es gibt einfach kein Ende und es wird niemals so sein, dass wir alles erzählt haben. Die Wissenschaft umfasst ja auch nahezu jedes Gebiet. Wir können gesellschaftliche Themen machen, geschichtliche Themen oder bewegen uns in der Welt der Forschung und der Technologie. Es fällt daher nicht so schwer, neue Themen zu finden, insbesondere wenn das Team eingespielt ist – und das ist es nach fast 10 Jahren.



Haben Sie immer noch genauso viel Spaß wie im ersten Jahr oder ist inzwischen auch Routine dazugekommen?

Ne, Routine verhindern wir – jedes Jahr. Wir versuchen uns jedes Jahr evolutionär ein wenig weiterzuentwickeln. Früher habe ich das in der Redaktion selbst gemacht. Heute ist Konstanze Beyer dafür verantwortlich, die vor fünf Jahren die Redaktionsleitung übernommen hat. Ihre Aufgabe ist es, die engere Planung der Sendung alleine und autark durchzuführen. Meine Aufgabe ist es, mittel und langfristig zu überlegen wohin wir uns strategisch entwickeln wollen.



Zu Beginn des Formats hatten wir viele kleine Beiträge. Inzwischen besteht die Sendung eigentlich nur noch aus drei großen Beiträgen, die teilweise bis zu 20 Minuten lang sein können. Ein Format wie Welt der Wunder kann nur überleben, wenn man immer wieder versucht neue Trends zu setzen. Immer wieder muss man sich motivieren neues zu versuchen. Manchmal ohne Rücksicht auf die Einschaltquote und ohne zu wissen, ob es funktioniert. So bleibt das Format frisch und ist immer wieder eine Art Neuentwicklung.



Was erwartet uns in der 500. Sendung?

In der 500. Sendung werden wir noch mal auf unsere Aktion „Wunderland Deutschland“ zurückgreifen. Doch diesmal nicht aus der wirtschaftlichen Sicht, sondern aus geologischen und kulturellen Sicht. Wir fragen uns, wie Deutschland eigentlich früher ausgesehen hat und ab welchem Zeitpunkt wir eigentlich von Kultur und Wissenschaft in dieser Region sprechen können. Wir fangen mit der Frage an, auf welchem Boden wir überhaupt stehen. Wie ist unsere Landschaft entstanden. Gab es hier mal tropische Regenwälder, oder war alles mit Eis bedeckt?



Dann machen wir einen Sprung – es leben bereits Menschen – und fragen uns: Wann ist in Deutschland Wissen entstanden? Man weiß inzwischen, dass etwa zur Hochblüte Ägyptens auch hier bei uns erstaunliche Kenntnisse der Wissenschaft vorhanden waren. Nur wurde dieses Wissen nie aufgeschrieben. Der nächste Sprung wird uns dann in die Zukunft führen. Wir fragen uns, wie vergänglich ist eigentlich Wissen? Was müsste passieren, damit wir all unser Wissen wieder verlieren? Das sind spannende Fragen. Wir werden z.B. folgendes Szenario aufbauen: Es leben nur noch 200.000 Menschen in Deutschland: Vielleicht in Gruppen von 3.000 verteilt über das ganze Land. In einer Gruppe kann jeder Auto fahren, es gibt auch 20 Automechaniker, aber niemand weiß, wie man Treibstoff herstellt und schon verkümmert dieses Wissen. Letztlich fragen wir uns noch “Was bleibt wenn der Mensch geht?“ wie lange würde z.B. die Stadt Köln stehen, wenn keine Menschen sie mehr bewohnen. Tja, das ist kürzer als viele von uns dachten. Denn bereits nach 50 Jahren würden normale Bürohäuser in sich zusammenfallen.



Jetzt wollen wir nicht zu viel verraten, es soll ja schließlich spannend bleiben. Lassen Sie uns jetzt zu einem Thema kommen, mit dem Sie vor ziemlich genau einem Jahr in den Schlagzeilen waren. Sie haben den Sender ProSieben verlassen und senden seitdem bei RTL II. Es hieß, sie hätten sich mit ProSieben nicht mehr gut verstanden und sich dort auch nicht so geschätzt gefühlt.

Wir haben «Welt der Wunder» stets nicht nur als eine Sendung gesehen, sondern auch als wertvolle Marke. Deshalb hat die Welt der Wunder-GmbH im Jahr 2000 für 1,1 Millionen Euro die Markenrechte von ProSieben erworben. Wir haben uns damals für diese, für uns gewaltige Investition entschlossen, weil wir so die Möglichkeit hatten, die Marke durch unsere eigene Leistung zu kultivieren und auszubauen. Natürlich in Zusammenarbeit mit dem Sender. Dummerweise kam es dann zu einem Managementwechsel und ProSieben war plötzlich nicht mehr so glücklich über den Markenverkauf.



Sie sprechen von der Personalie Jocic…

Nein, es fing schon früher an. Mit Dejan Jocic ist es dann lediglich eskaliert. Es war irgendwie ein schleichender Prozess, der sich von 2001 bis 2004 vollzog. Vorher hatten wir ein ausgezeichnetes, partnerschaftliches Verhältnis, beide Seiten waren umeinander bemüht und jeder freute sich über den gemeinsamen Erfolg. Ab 2002 wurde jeder Ansatz uns sukzessive weiter zu positionieren, im Keim erstickt.



Ich gebe zu, dass dies eher mit einzelnen handelnden Personen, als mit dem ganzen Sender zu tun hatte, aber ich kam einfach nicht mehr weiter: Damit war auch klar, was passieren würde – das Format würde einen Stillstand erleben, selbst wichtige Schritte zur Weiterentwicklung wurden blockiert. Fazit: «Welt der Wunder» wäre langsam gestorben.



Das ist in sich aber unlogisch. ProSieben hätte von einer Weiterentwicklung ja selbst profitiert.

Wir fanden es alle unlogisch und auch nicht nachvollziehbar. Im Oktober 2004 eskalierte die Situation dann. Jocic bot uns zwar einen neuen Produktionsauftrag für 2005 an, aber nur unter der Bedingung das ProSieben die Markenrechte wieder von uns zurückbekäme. Zuerst dachte ich noch man beabsichtige die Markenrechte zurückzukaufen. Das wäre durchaus ein zu verhandelnder Weg gewesen. Jocic teilte uns jedoch mit, dass die Markenrechte umsonst haben möchte und beabsichtige den damaligen sogar juristisch anfechten zu wollen. Er argumentiere auf der Basis des im Jahr 2000 geschlossenen Markenrechtsvertrages. Das in der Tat ein Vertrag unter Freunden. Jeder wusste damals worum es geht und schloss aus, dass man sich jemals uneinig sein könne. Entsprechend enthielt der Vertrag einige Verständnislücken, die man im Nachhinein unter Umständen gegen uns hätte auslegen können.



Wir hatten allerdings diese Verständnislücken in den Jahren 2001 – 2004 klar gestellt und entsprechend nachverhandelt. Offenbar wusste Herr Jocic davon nichts, sonst hätte er sich seine Vorgehensweise wohl noch mal überlegt. So aber lagen die Karten auf dem Tisch und uns wurde klar, dass man die Absicht verfolgte uns unserer Rechte zu berauben. Ich erklärte daraufhin die Zusammenarbeit für beendet, da ich unter diesen Umständen keine weitere Basis des Vertrauens mehr sah. Ich hatte das Gefühl von nun an ständig aufpassen zu müssen, dass mir nicht irgendjemand ein Messer in den Rücken rammt. Auf dieser Basis ist eine Zusammenarbeit natürlich nicht möglich. Einen neuen Sender hatte ich zwar noch nicht, aber lieber hätte ich das Format sterben lassen, aber ich wollte nicht mit Menschen zusammenarbeiten, die mir nur schaden wollen. Und so wechselten wir dann zu RTL II, weil wir dort die größte Unterstützung zugesagt bekommen haben.



Mit welchen Sendern haben Sie noch verhandelt?

Eigentlich haben wir mit fast allen Sendern gesprochen. Allerdings hat es zwischen uns und RTL II sofort gefunkt. Wir haben sehr schnell eine Basis der Zusammenarbeit formuliert die alle Missverständnisse ausschließt und gleichzeitig die gemeinsame Arbeit auch an der Marke Welt der Wunder formuliert. Der Vertrag stellte für beide Seiten „Win Win“ und wir kamen schnell voran.. Das Gespräch mit Dejan Jocic fand am 5. Oktober statt, am 5. November haben wir die Pressemeldung rausgegeben, dass «Welt der Wunder» künftig bei RTL II zu sehen sein wird. Der Sender, besonders aber die Menschen dahinter haben mich einfach überzeugt. Denn letztendlich sind Verträge zwar sehr wichtig, aber in unserer Branche geht es vor allem um Vertrauen und Fairness. Neben allem was Welt der Wunder anbelangt hat mich auch die zukünftige Programmstrategie von RTL II überzeugt. Einiges davon ist jetzt auch schon im Programm zu sehen. Aber vieles wird bestimmt noch kommen, ich glaube da können sich die Zuschauer wirklich freuen. Bezogen auf die Marke Welt der Wunder ist dann auch viel in diesem Jahr passiert. So gibt es jetzt das sehr erfolgreiche Print-Magazin zur Sendung in Zusammenarbeit mit dem Heinrich Bauer Verlag, Bücher und vieles mehr sollen noch auf den Markt kommen. Dafür braucht man natürlich einen Sender, der Lust und Freude hat dies zu unterstützen. Das war bei ProSieben leider überhaupt nicht der Fall. Da hat man lieber gar nichts gemacht, als uns auf unserem Weg zu unterstützen.



Die Verhandlungen dürfte zu Beginn Josef Andorfer geführt haben. Der ist dann aber relativ überraschend gegangen worden. Steht Jochen Starke genauso hinter Ihnen?

Interessanterweise ging alles von der damaligen 2. Ebene aus. Wir haben immer mit Jochen Starke und Torsten Prenter verhandelt. Irgendwann habe ich dann auch mal Josef Andorfer, übrigens ein sehr ehrenwerter Mann, gefragt, ob er es denn auch begrüßt, uns unter Vertrag zu nehmen. Was er bejahte. Der heutige Geschäftsführer, Jochen Starke hat sich damals nicht nur als professionell, sondern auch als fair erwiesen. Dass uns das allen sehr viel Spaß gemacht hat, ist klar, sonst wären wir jetzt nicht bei RTL II. Als Starke das Amt des Geschäftsführers übernahm hat er aber konsequent die Pläne, die wohl schon letztes Jahr feststanden, mit seinem Team weiterentwickelt. Damit meine ich vor allem die Schwerpunktverlagerung in bestimmte Programmbereiche. Die Farbe Wissen ist eine von diesen Bereichen – und davon hat RTL II jetzt drei eigen produzierte Formate. Dass ein Sender aber auch mit Schwankungen lebt, bis er denn mal den Umwandlungsprozess vollzogen, weiß jeder Programmmacher. Das ist doch klar: Einige Zuschauer sagen: „Du bist nicht mehr wie vorher“ und gehen und andere Zuschauer haben dich noch nicht entdeckt.


Wenn man sich den 19 Uhr Sendeplatz anschaut, entdeckt man aber einen kleinen Widerspruch. «Welt der Wunder» erreicht wohl eher nicht die - jugendliche - Zielgruppe von «Big Brother».

Interessanterweise hat RTL II herausgefunden, dass der Großteil – nämlich 80 Prozent unserer Zuschauer –früher «Big Brother» auf diesem Sendeplatz geschaut haben. Damit konnten wir neue Zuschauer für das Format generieren. Natürlich hat ProSieben bei der Zuschauerzahl momentan noch einen Vorteil, weil die Zuschauer einfach unsern alten Sendeplatz gewohnt sind. Und jeder weiß, wie schwer es ist, Gewohnheiten zu ändern. Bei uns melden sich Menschen, die erst kürzlich gemerkt haben, dass wir nicht mehr bei Pro Sieben senden. Das war uns aber von Anfang an klar. So ist nun also ein qualitativer Wettbewerb zwischen beiden Formaten entstanden, was ich übrigens auch schön finde. Was wir tun, tun wir nicht nur für unsere Sendung, sondern wir haben das Gefühl aktiv an der Popularisierung von Wissen und Wissenschaft mitzuwirken. Als es nur uns gab hatten wir etwa 15 Prozent Marktanteil – inzwischen belaufen sich beide Formate zusammen auf etwa 25 Prozent – jeder Vierte schaut also am Sonntag um 19 Uhr eine Wissenssendung. Das zeigt doch wie viel Power in solchen Formaten steckt. Wir liegen bei RTL II weit über dem Sendermarktanteil. Wir erreichen um die 10 Prozent Marktanteil. Auch «Wunderwelt Wissen» liegt über dem Marktanteil von ProSieben, aber eben nicht so eindeutig, wie wir.



Am kommenden Sonntag spricht Hendrik Hey mit uns über die direkte Konkurrenz - «Wunderwelt Wissen» - und den Kampf um den früheren Sendeplatz, der im Sommer stattfand.
13.11.2005 10:50 Uhr Kurz-URL: qmde.de/11938
Manuel Weis  •  Quelle: Quotenmeter.de Exklusiv

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Henrik Hey

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