«Scooby! - Voll verwedelt» - Enttäuschende Neuauflage des Klassikers
Es ist der erste abendfüllende Animationsfilm rund um den beliebten Hund und seine Freunde der Mystery Inc. Doch «Scooby! Voll verwedelt» wird seinem Anspruch einer zeitgemäßen Neuausrichtung auf der einen und liebevollen Verbeugung auf der anderen Seite nicht gerecht.
Filmfacts: «Scooby! Voll verwedelt»
VÖ: demnächst
FSK: PG-13
Laufzeit: 93 Min.
Genre: Animationsfilm/Abenteuer
Musik: Junkie CL
Buch: Matt Lieberman, Adam Sztykiel, Jack Donaldson, Derek Elliott
Regie: Tony Cervone
Synchronsprecher: Zac Efron, Will Forte, Mark Wahlberg, Jason Isaacs, Gina Rodriguez
OT: Scooby! (USA/CAN 2020)
Die US-amerikanische Zeichentrickserie «Scooby-Doo» wurde 1969 von den berühmten Cartoon Network Studios, genauer: Hanna-Barbera auf den Weg gebracht. Der Konzern verantwortet neben den felligen Detektivgeschichten unter anderem Serien wie «Die Addams Family», «Familie Feuerstein» und «The Powerpuff Girls» sowie diverse Zeichentrickfilme und Short Movies. Viele von ihnen wurden in den USA zur besten Sendezeit ausgestrahlt und erarbeiteten sich so eine große Fanbase. «Scooby-Doo» dagegen lief lange Zeit am Samstagmorgen. An der stetig wachsenden Zahl an Liebhabern änderte das allerdings nichts. Bis heute umfasst das durch die Hände diverser Medienunternehmen gewanderte «Scooby-Doo»-Franchise 13 (!) verschiedene TV-Serien, zwei Kinofilme, neun TV-Specials, zwei Live-Action-Fernsehfilme und noch viel mehr Direct-to-DVD-Futter. Ganz zu schweigen von den unzähligen Merchandise-Produkten wie Videospielen, Sammelfiguren und Co.
Eigentlich sollte «Scooby-Doo» in seiner nunmehr 51-jährigen Karriere als Filmhund sämtliche Karrierestationen durchlebt haben. Und doch ist Tony Cervones «Scooby! Voll verwedelt» eine Premiere: nämlich der erste animierte Kinofilm rund um Scooby-Doo und seine Detektiv-Gang Mystery Inc. Vor allem aber ist er durch und durch ein Ergebnis seiner Entstehungszeit – und das ist nur sehr bedingt positiv zu verstehen.
Ein neuer Fall für die Mystery Inc.
Scooby (im Original: Frank Welker) ist ein frecher, aber liebenswerter Hund, der in dem einsamen Außenseiter Shaggy (Will Forte) einen besten Freund findet. Gemeinsam mit den jungen Detektiven Fred (Zac Efron), Velma (Gina Rodriguez) und Daphne (Amanda Seyfried) gründet er die berühmte Mystery Inc.: eine Vereinigung von Geisterjägern. Jetzt, da Hunderte Fälle gelöst und Abenteuer zusammen bestritten wurden, stehen Scooby und die Gang vor ihrem größten Rätsel aller Zeiten: Eine geheimnisvolle Verschwörung plant, den Geisterhund Cerberus auf die Welt loszulassen. Während sie darum kämpfen, die „Bellokalypse“ aufzuhalten, entdeckt die Bande, dass Scooby ein geheimes Vermächtnis und eine große Bestimmung hat, die größer ist, als sich irgendjemand hätte vorstellen können.
Die Warner Animation Group verantwortete zuletzt Familienunterhaltung wie die «LEGO-Movies», den völlig zu Unrecht unter dem Radar geflogenen «Störche» sowie den nicht minder gelungenen «Smallfoot», einen zeitgemäßen Appell an die Toleranz. Man könnte also sagen, dass Warner zuletzt vor allem jene Animationsfilme verantwortet hat, die zwar nicht zwingend bei der breiten Masse, wohl aber bei den Kritikern und Liebhabern von CGI-Filmkost fernab des dreidimensionalen Mainstreams hervorragend ankamen. Und auch optisch hatten all diese Filme ihren ganz besonderen Reiz. Ob das nun bei «Scooby! Voll verwedelt» genauso sein wird, steht allerdings in den Sternen. Nicht nur, weil zumindest in Deutschland aktuell noch überhaupt nicht sicher ist, ob der Film jemals in die Kinos kommen wird (in den USA kam «Scoob!» direkt auf den Streamingmarkt – zum Leihen und Kaufen!), sondern auch, weil er unter den bisherigen WAG-Produktionen den mit Abstand schwächsten Kandidaten darstellt – sowohl inhaltlich als auch visuell. Und das aus Gründen, die vor allem deshalb so verwundern, weil die Verantwortlichen der Produktionsfirma bislang immer ein hervorragendes Fingerspitzengefühl darin bewiesen haben, zu gleichen Teilen die jungen wie auch die älteren Zuschauer zufriedenzustellen.
Das wäre nun im Umgang mit einer solchen Liebhabermarke wie «Scooby-Doo» nochmal umso wichtiger. Doch Regisseur Tony Cervone («The Looney Tunes Show») und das vierköpfige Autorenduo rund um Matt Lieberman («Chaos auf der Feuerwache») liefern einen hektischen Neunzigminüter für die nachwachsende Cartoon-Generation, für die offenbar keine zehn Sekunden vergehen dürfen, ohne dass sich auf der Leinwand irgendein grobmotorischer Slapstick oder anderweitiges Chaos ausbreitet.
Auf den Spuren des aktuellen Superheldenkinos
Dabei stünde «Scooby! Voll verwedelt» damit ja eigentlich in der Tradition der frühen Cartoons. Zumal es hier darüber hinaus auch noch jede Menge Cartoon-Figuren anderer mal mehr, mal weniger bekannter Reihen zu entdecken gibt. Mit dem kleinen Haken, dass die nunmehr 414 Folgen der insgesamt 30 Staffeln ja immer nur eine Lauflänge um die 20 Minuten umfassen. Matt Lieberman und sein Team strengen sich daher sichtlich an, einen erzählerisch adäquaten Bogen um den sich wie eine sehr lang gezogene Cartoon-Episode anfühlenden Mittelteil zu schlagen. Und zumindest im in den Neunzigerjahren angesiedelten Auftakt (zu erkennen an den unzähligen Nineties-Popsongs, die hier willkürlich eingespielt werden) gelingt das auch. «Scooby!» erzählt von der ersten Begegnung zwischen Shaggy und Scooby. Es ist eine wahrlich zuckersüße Szene, wenn sich die beiden Außenseiter hier das aller erste Mal begegnen und sofort miteinander Freundschaft schließen – und woher Scooby-Doo seinen Namen hat, erfährt der Zuschauer im besten «Solo: A Star Wars Story»-Stil obendrein auch noch.
Das erste animierte Scooby-Doo-Abenteuer für die große Kinoleinwand ist da! In Spielfilmlänge erleben wir die noch nie zuvor erzählte Geschichte über die Anfänge von Scooby-Doo und das größte Geheimnis in der Karriere der Mystery Inc.
Doch anstatt sich im gesamten Film auf die Anfangsjahre zwischen den beiden Freunden sowie die Gründung der weltberühmten Mystery Inc. zu konzentrieren, befinden wir uns nach einem Zeitraffer in der Gegenwart – und plötzlich folgt auf einen Cameoauftritt eines 3D-animierten Musikproduzenten und Castingshow-Jurymitglieds eine Referenz an den 2019er-Oscarfavoriten «A Star is Born». Ein mit dem Popkultur-Vorschlaghammer herbeigeführter Bruch in der Kinderfilm-Abenteuer-Tonalität, der die folgenden 80 Minuten maßgeblich prägt.
Das gilt nicht nur für ebendiese verkrampfte und inhaltlich nie so richtig zum Rest passende Verwendung diverser Popkultur-Referenzen, sondern auch für die Verlagerung des Plots ins Weltall. Nachdem Scooby und seine Freunde nach rund 20 Minuten von einem Ufo entführt und mit ihrer Rettungsmission konfrontiert werden, besteht die mit Anleihen an das aktuelle Superheldenkino versehene Raumschiffreise in Richtung Weltenrettung vorwiegend aus hektischem Slapstick, ausgeführt von Robotern, Hunden und Roboterhunden. Die zu Beginn im Fokus stehende Interaktion zwischen Scooby und Shaggy kommt nur noch in sehr geringen Einzelszenen zur Geltung; dann aber auch eher in Form von Erzählklischees. Etwa, wenn Scooby sich für die Mission sein Freundschaftshalsband abnehmen lässt, obwohl im Prolog noch der Satz fiel, dass er es niemals abnehmen wird.
Darüber hinaus ebenfalls zu kurz kommen die restlichen Mitglieder der Mystery Inc. Und das, wo für deren Stimmcast das Who-is-Who Hollywoods verpflichtet werden konnte. Zac Efron («Greatest Showman»), Amanda Seyfried («Mamma Mia 2: Here we go again») und Gina Rodriguez («Deepwater Horizon») sind mit großem Herzblut bei der Sache. Auch Mark Wahlberg («Spenser Confidential») gefällt in der Rolle des in Gestalt eines Superhelden auftretenden Blue Falcon mit viel Spaß an der Gigantomanie. Wer bei alldem völlig auf der Strecke bleibt? Scooby-Doo. Und das, wo der Film doch diesmal sogar ausschließlich seinen Namen trägt.
Fazit
«Scooby! Voll verwedelt» teilt ein Problem mit diversen modernen Animationsfilmen. Auf der einen Seite biedert er sich zu verkrampft der jungen Zielgruppe an. Auf der anderen Seite versuchen die Macher ebendiesen Schwachpunkt mit aufgesetzt wirkenden Popkulturanspielungen für die Älteren auszugleichen. Auf der Strecke bleiben dabei nicht bloß die Liebhaber der Vorlage, sondern alle Fans gelungener Familienfilmkost.
«Scooby! Voll verwedelt» startet am 9. Juli in Deutschland.
Wichtige Info für Scooby-Doo-Fans (ich selbst bin keiner): Bei Comixology und Amazon gibt es bereits seit ein paar Wochen fast alle (englischsprachigen) Comic-Ebooks gratis - das sind über 200 Volumes und Einzelausgaben! Keine Ahnung, wie lange das noch gilt ...
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
21.06.2020 11:06 Uhr 1