Zweieinhalb Jahre sind vergangen, aber da sind sie wieder: Fina Valent und Xavi Bonet.
Hinter den Kulissen
- Regie: Isabell Suba
- Drehbuch: Peter Koller
- Cast: Clemens Schick, Anne Schäfer, Tara Fischer, Tristan López, Jule Gartzke, Sebastian Fritz, Emilia Packard, Thomas Bading
- Kamera: Johannes Louis
- Schnitt: Susanne Ocklitz
- Musik: Héctor Marroquin
Anne Schäfer und Clemens Schick sind zurück: Ihre Schnüffler-Figuren Fina Valent und Xavi Bonet erleben etwa zweieinhalb Jahre nach ihrem Debüt im Ersten ihren nunmehr dritten Fall – und der nimmt nahezu albtraumhafte Züge an. Ein offensichtlich geistesgestörter Täter entführt junge Mädchen und tötet sie. Das grausame Verbrechen, und die emotional aufwühlende Zusammenarbeit mit einem kummervollen, stummen Mädchen, führt die beiden Ermittler nicht nur an ihre beruflichen, sondern auch an persönliche Grenzen und darüber hinaus ….
Verantwortlich für den ersten neuen «Barcelona-Krimi» seit des Auftakt-Folgendoppels ist Regisseurin Isabell Šuba, die hiermit erstmals in Spielfilmlänge für das Fernsehen inszeniert. Šuba drehte zunächst viele Kurzfilme, sorgte 2014 mit ihrem auffällig betitelten Satire-Komödie-Branchendrama-Doku-Genremix «Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste» für Furore, danach drehte sie den Kinderfilm «Hanni & Nanni – Mehr als beste Freunde» mit Sascha Vollmer, Henry Hübchen, Jessica Schwarz und Katharina Thalbach. Damit, nun einen Fernsehkrimi zu inszenieren, ist Šuba einen Schritt näher, das deutsche Regie-Bingo zu vervollständigen.
Erfreulich daran: Šuba nimmt den «Barcelona-Krimi» nicht als Auftragsarbeit hin, die halt sein muss, um weiter ihr Regieportfolio aufzubauen, sondern geht mit inszenatorischer Passion an den Stoff heran. Gerade die international angelegten Donnerstagskrimis geraten im Ersten ja gerne mal zu runtergefilmten Fließbandarbeiten. Šuba dagegen bezeichnet den deutschen Spanienkrimi als Gelegenheit, ihrer Kindheitsbesessenheit mit «Miami Vice» nachzugehen und einen Krimi voller Flair bei Sonnenschein zu inszenieren. Und das ist nicht nur ein von ihr dahergesagtes PR-Zitat, sondern dem Film tatsächlich anzumerken – auch außerhalb einer atmosphärischen Nacht-Kamerafahrt, die einen aufgewühlten Xavi zeigt, wie er (während Chartmusik läuft) durch Barcelona düst und mit seinen Emotionen ringt:
Šuba und ihr Kameramann Johannes Louis («Druck») setzen auf eine dynamische Ästhetik, die in den angenehmeren Momenten die Vitalität Barcelonas einfängt, in den hektischeren Szenen das Herzrasen der Figuren. Und auch wenn es kräftige Farbkleckse am Strand, in der Garderobe der Figuren oder auch in den bewegten Gesichtern der Hauptfiguren gibt, so dominiert ein stählernes, helles Blau als atmosphärischer Grundton.
Das fügt sich gut damit, wie Drehbuchautor Peter Koller das Vorgehen der Hauptfiguren skizziert: Bei ihnen herrscht (wie in so manchen US-Hochglanz-Crime-Serien) das Bauchgefühl vor kühler Logik, die Ermittlungen werden von situativen Gelegenheiten und Zufällen bestimmt, statt von einem systematischen Vorgehen – und auch wenn das sehr unrealistisch ist, so mischt es immerhin die altbekannte deutsche Krimidramaturgie, die man längst im Schlaf aufsagen könnte, ein wenig auf.
Mimisch ist dies eindeutig Clemens Schicks Fall: Als ungestümer Ermittler, der von Lebensfreude zu großer, ihn zermürbender Involvierung in den Fall schwankt, gibt er eine fesselnde Performance, die trotzdem nie bleischwer wirkt, sondern das positive Grundgemüt seiner Rolle als Anker beibehält.
Doch auch Anne Schäfer als ruhigere Fina, die fast durchweg andere Theorien über den Fall entwickelt als Xavi, ohne dass dies zu forcierten Zerwürfnissen zwischen den Figuren führt, wohl aber zu plausibel-dramatischen Konsequenzen im dritten Akt, findet Raum, ihre mimischen Muskeln spielen zu lassen.
Fazit: «Barcelona Vice» am oft so fließbandmäßigen ARD-Donnerstag!
«Der Barcelona-Krimi – Entführte Mädchen» ist am 21. Mai 2020 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.
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