Jahrelang wurde riesigen Rummel um Jason Friedberg und Aaron Seltzer gemacht. Dann verstummte der Hass auf sie schlagartig. Was ist passiert?
So traurig es auch ist: Ruhm ist vergänglich. Fess Parker war im Jahr 1955 womöglich der größte Medienstar der USA. Heute kennen ihn hauptsächlich Disney-Cracks, die sich emsig in die Geschichte des Disney-Studios hineinlesen. Oder, um näher an der Gegenwart zu bleiben: Ein Heinz Hoenig hat nicht zahlreiche Sensations-TV-Mehrteiler gedreht, um dann nach seiner Enthüllung bei «The Masked Singer» im Internet mit einem despektierlichen "Watt?! Wer bist du denn?!" begrüßt zu werden.
Und dennoch kam es so.
Aber nicht nur Ruhm ist vergänglich, sondern ebenso sehr Unrühmlichkeit. Was manche freuen wird, kann aber, frei nach dem Motto "Es gibt keine schlechte Publicity!", so manche Person verärgern. Denn manchen Medienschaffenden wird es lieber sein, mit einem schlechten Ruf berühmt zu werde, als völlig in der Belanglosigkeit zu versinken. Auftritt: Jason Friedberg und Aaron Seltzer.
Ein Drecksruf ist immerhin ein Ruf!
Es gab ein kurzes, aber überaus intensives Zeitfenster im Schaffen von Jason Friedberg und Aaron Seltzer. Was zunächst wohl niemand erwartet hätte. Als sie bloß als Autoren an «Agent 00 – Mit der Lizenz zum Totlachen» und «Scary Movie» mitgewirkt haben, interessierte sich kaum wer für sie. Bei «Agent 00 – Mit der Lizenz zum Totlachen» wurden sie von Hauptdarsteller Leslie Nielsen und Weird Al Yankovic, dem Interpreten des Titelsongs, überschattet. Und bei «Scary Movie» waren es die Wayans-Brüder, die sämtlichen Ruhm (oder, bei jenen, die den Film mies fanden: Hass) abgegriffen haben.
Dann aber haben sich Friedberg und Seltzer nicht nur an den Schreibtisch gesetzt, sondern auch auf den Regiestuhl. Von 2006 bis 2010 schossen sie plötzlich von 0 auf -100 und wurden von Niemanden zu verhassten Filmschaffenden, die im Web verlacht wurden, und die wirklich allen Menschen im Filmkritik-Gewerbe ein Begriff waren. Ein Begriff, der Furcht, Zorn und negative Superlative hervorgerufen hat.
Grund dafür: Ihre Filme «Date Movie», «Fantastic Movie», «Disaster Movie», «Meine Frau, die Spartaner und ich» und «Beilight – Bis(s) zum Abendbrot», die allesamt mit Totalverrissen überschüttet wurden – nicht nur von der Filmpresse, sondern auch von genervten und erzürnten Filmfans im Web. Alsbald wurden sie wiederholt zu den "schlechtesten Regisseuren aller Zeiten" ernannt und sie wurden zum Mittelpunkt von Hollywood-Legenden. Es wurden gigantische Verschwörungstheorien rund um sie gesponnen und darum, weshalb sie so viel Schund abliefern und wie sie denn arbeiten. Obwohl sie sich nie in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestellt haben, waren sie namhafter als zahlreiche Regisseure, die solide oder gar gute Arbeit leisten. Ein Jammer.
Wie haben sie das geschafft?
Es ist traurig, aber es ist wahr: Schlechte Filme gibt es wie Sand am Meer. Wie sonst kann eine Show wie «SchleFaZ» über 100 Ausgaben raushauen, ohne auch nur die kleinsten Müdigkeitserscheinungen zu zeigen. Es braucht bei diesem Überangebot schon eine besondere Chemie, damit ein Mistfilm nicht einfach völlig unbemerkt untergeht, sondern mit viel Rummel zerrissen und beschimpft wird. Und es braucht noch mehr, um sogleich mehrere solcher Filme zu verbrechen und sich so einen großen, unrühmlichen Namen zu machen. Von 2007 bis 2010 hatten Seltzer und Friedberg es raus, solch eine popkulturchemische Reaktion zu verursachen.
Punkt eins: Ihre Filme aus diesem Zeitrahmen sind nicht belanglos-schlecht, sondern aggressiv-schlecht. Laut tösend, die Intelligenz des Publikums beleidigend, nicht etwa langweilig getaktet, sondern geradezu nervig. Das erzeugt mehr Reibung als eine reine Schlaftablette.
Punkt zwei: Medienwirksamkeit. Seltzer und Friedberg inszenierten innerhalb weniger Jahre sogleich fünf grottig-schlechte Filmparodien, die auf absurd temporeiche Weise auf den Zeitgeist eingegangen sind. Sie verarschten nicht nur beliebte Filme (und teilweise sogar Filme, die während der Dreharbeiten noch gar nicht erschienen sind), sondern auch Werbung, frühe Internet-Kults und Prominente. Das sorgte für riesiges Feedback auf die Trailer und schlussendlich auch auf ihre Filme – vollkommen ungeachtet ihrer Qualität. Und dann spielten auch noch manche namhafte Persönlichkeiten in deren Filmen mit, was für zusätzlichen "Was?!"-Faktor sorgte.
«Buffy»- und «American Pie»-Darling Alyson Hannigan! «Harold und Kumar»-Mime Kal Penn! Carmen Electra (als sie noch relevant war)! Kim Kardashian (als sie gerade relevant wurde)! Ken Jeong (direkt im «Hangover»-Fahrwasser)!
Punkt drei: Ihre Filme waren zwar Dreck, aber sie eigneten sich für Trailer, die genau ins Beuteschema der damaligen Internetkultur fielen. Egal, dass gemotzt wurde – sie wurden geteilt und geteilt und geteilt und referenziert, was das Zeug hielt.
Der Absturz von den Königen des Anti-Hypes zu Niemanden
2013 setzte sich Seltzers und Friedbergs Parade an grottigen Filmparodien fort – und eigentlich hätte es ein Film werden müssen, der ihren Antihype weiter befeuert: «Die Pute von Panem – The Starving Games» holte als erster Film des Duos exakt 0 Prozent bei Rotten Tomatoes. Und die «Die Tribute von Panem»-Parodie, die zudem die «Expendables», die «Avengers», «Two and a Half Men», «Avatar» und «Der Hobbit» verballhornt, sowie Stars wie Psy, Taylor Swift, Lady Gaga, Nicki Minaj und LMFAO markierte mit einem Mini-Budget von 4,5 Millionen Dollar auch einen neuen Tiefpunkt für Seltzer und Friedberg, was die Optik ihres überdehnten Sketches angeht.
Doch dieses Mal blieben die Berge an Hasstiraden, die Online-Wuthyperbeln, der Wettbewerb des Sich-gegenseitig-in-Zorn-überbietens aus. Was ist passiert? Nun, womöglich haben sie ihren Trick, konfus und schrottig bekannte Dinge zusammenzuschütten und "zu parodieren", einfach einmal zu oft betrieben, so dass sich Filmfans nicht mehr dazu aufraffen konnten, sich noch einmal über das Duo aufzuregen. Zudem wird es nicht geholfen haben, dass nahezu parallel dazu mit «The Hungover Games» eine weitere grottige Parodie erschienen ist, die Seltzer und Friedberg Aufmerksamkeit gestohlen hat. Und dann ist da die Differenz, die die drei Jahre Abstand zu «Beilight – Bis(s) zum Abendbrot» ausmacht: Die frühen Seltzer/Friedberg-Filme waren nahezu "konkurrenzlos". Internet-Videos bestanden damals hauptsächlich aus Musikvideos, Flash-Cartoons, Trailern und Sketchen von "Funny or Die". Den Markt "Dämlicher Popkultur-Kommentar" hatten sie fast für sich und somit fielen die Trailer zu ihren Filmen im Web auf.
Der «Die Pute von Panem»-Trailer und letztlich der Film selber mussten sich hingegen in Sachen "Schau mal, wie bescheuert!" mit wütenden, rumbrüllenden, comichaften Internet-Videokritikern wie dem Nostalgia Critic messen, die miese Sketche in ihre "Reviews" einbauen. Mit Sketch-YouTubern. Und so weiter. Es gab weniger Möglichkeit, um Negativ-Hype-Fahrt aufzunehmen.
Und so begann Seltzers und Friedbergs Absturz in die Unbedeutsamkeit, sie verloren ihren immer wieder betonten Ruf als Drecksregisseure, obwohl sie sich nicht sonderlich verbessert haben: Ihr 2014 veröffentlichter Film «Hangover Girls» ist ziemlich witzlos, unkonzentriert, lieblos gemacht und voller Leerlauf – hat aber wirklich gar niemanden mehr gejuckt. Vielleicht auch, weil er
langweilig-mies ist, und nicht
ätzend mies. Und ihre 2015 als Video on Demand veröffentlichte «Fast & Furious»-Parodie «Superfast!» wurde mit völliger Missachtung gestraft – obwohl sie aus demselben Holz geschnitzt ist wie etwa «Date Movie» Seither haben Seltzer und Friedberg keinen neuen Film mehr herausgebracht. Ist halt schwer, Finanziers zu finden, wenn man weder etwas kann, noch weiterhin berühmt ist.
Oder steckt hinter der verlorenen Unrühmlichkeit von Seltzer und Friedberg noch mehr ..?
Der Internethass hat sich neue Ziele gesucht
Auf der Höhe ihres Hasshypes wurden Jason Friedberg und Aaron Seltzer von Kritikern und in Kommentarsektionen als Vollversager bezeichnet, die man mit Fackeln und Mistgabeln aus Hollywood jagen sollte. Als regieführende Ausgeburten der Hölle. Als boshafte Betrüger, die beliebte Filmreihen vergewaltigen. Als Plage, die die Kinowelt befällt. Als lebende Gefahr für alles, was unserer Popkultur heilig ist. Als treibende Kräfte darin, das Kino zu ruinieren und das Publikum zu verblöden. Als Comedy-Antichristen. Und als filmische Terroristen. Und das sind nicht einmal die schlimmsten Bezeichnungen, die Seltzer und Friedberg abbekommen haben.
Na, klingelt da irgendetwas? Kommen einem solche schimpfende Beschreibungen, derartige Beleidigungen nicht bekannt vor? Ganz genau … So etwas liest man heute nicht unter Filmen der Kajüte eines «Fantastic Movie», «Disaster Movie» oder «Meine Frau, die Spartaner und ich», sondern unter Filmen von Michael Bay, Rian Johnson, J.J. Abrams, unter jedem neuen Marvel-, «Star Wars»- oder DC-Film. Unter Artikeln über «Ghostbusters – Answer the Call», in den Kommentaren zu Videos über Brie Larson oder in Tweets über «Jojo Rabbit».
Am Ende war es vielleicht gar nicht ihr Karrierewandel, der Seltzer und Friedberg ihre Sonderstellung gekostet hat. Und auch nicht die aufkommende Konkurrenz in Sachen schnell, billig und hirnlos zusammengeschusterter Filmparodien. Schlussendlich ist es wohl der Wandel in der Internet-Diskussionskultur, der Seltzer und Friedberg ihre hart erarbeitete Unrühmlichkeit gekostet hat. Nun bekommt man sie für alles mögliche hinterhergeworfen – nur nicht für wahrhaftig, durch und durch verkackte Filme. Was für ein Jammer.
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