Noch immer nicht genug gewürdigt: Auf unserem Netflix-Streifzug empfehlen wir dieses Mal das Eddie-Murphy-Vehikel «Dolemite Is My Name», das wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdient hat.
Filmfacts «Dolemite Is My Name»
- Regie: Craig Brewer
- Drehbuch: Scott Alexander, Larry Karaszewski
- Cast: Eddie Murphy, Da'Vine Joy Randolph, Keegan-Michael Key, Mike Epps, Craig Robinson, Tituss Burgess, Wesley Snipes
- Produktion: John Davis, John Fox, Eddie Murphy
- Musik: Scott Bomar
- Kamera: Eric Steelberg
- Schnitt: Billy Fox
- Laufzeit: 118 Minuten
Die Biopic-Komödie «Dolemite Is My Name» erhielt ein sehr positives Presseecho und wurde unter anderem mit zwei Golden-Globe-Nominierungen bedacht – und dennoch hat sich um diesen Netflix-Originalfilm nicht einmal im Ansatz solch ein Hype entwickelt wie um solche Netflix-Titel wie «The Irishman», «Der Schacht», «Always Be My Maybe» oder «Murder Mystery». Ein Jammer – denn «Dolemite Is My Name» ist ein toll gespielter, immens vergnüglicher Film voller Charakter, dem mehr Aufmerksamkeit gebührt.
«Dolemite Is My Name» erzählt die wahre Geschichte des gescheiterten Musikers Rudy Ray Moore, der im Laufe der 1970er-Jahre als Plan B ein Auge auf die Idee wirft, als Komiker berühmt zu werden. Doch auch die Chancen darauf werden ihm versagt – bis er, inspiriert von den Prahlgeschichten Obdachloser, eine Bühnenpersona namens Dolemite entwickelt und reimende, vulgäre, übertriebene Behauptungen von sich gibt. Als Dolemite ernten Rudy Ray Moores Auftritte erstmals Applaus, woraufhin er sich mit geliehenem Geld einen lang gehegten Traum erfüllt und ein Comedyalbum aufnimmt. Der Entertainer feiert damit immensen Erfolg, beginnt daraufhin damit, durch's Land zu touren und baut sich seine eigene Clique von Charakterköpfen um sich herum auf. Und dann setzt er sich den Gedanken in den Kopf, mit ihnen einen eigenen Film zu drehen …
Eddie Murphy sagte im Rahmen der Pressetour zu «Dolemite Is My Name» legendärerweise, dass der Film ja kein Comeback für ihn sei – schließlich war er ja nie weg. Aber es ist durchaus ein Comeback zu alter Form: Nach der Vollkatastrophe «Norbit», dem wenig geachteten «Mensch, Dave!», der lahmen Familienkomödie «Zuhause ist der Zauber los», dem wenig denkwürdigen «Aushilfsgangster» und dem platten «Noch Tausend Worte» ist «Dolemite Is My Name» endlich wieder ein durch und durch gelungener Film mit Eddie Murphy. Und es ist auch die Rückkehr des alten Eddie Murphy: «Dolemite Is My Name» zeigt den Schauspieler und Komiker nach Jahrzehnten wieder von seiner rauen, derben Seite – und erinnert daran, dass Eddie Murphy es versteht, vulgären Witz mit außerordentlichem Charisma zu versehen.
Daher passt Murphy praktisch perfekt in die Rolle des Entertainers Rudy Ray Moore, der in «Dolemite Is My Name» als liebenswerter Langzeitversager gezeigt wird, der unbeirrbar an seinem Traum festhält. Murphy spielt den Mann, der zu einem Kult-Komiker und einer Blaxploitation-Filmlegende aufsteigen sollte, als Person mit freundlichem, kindgebliebenem Gemüt, der aber auch trotz völliger Ermangelung einer entsprechenden Vorbildung ein kluger Geschäftsmann sein kann und auf der Bühne seine Freude an fiesen Schweinereien elegant hervorkehrt. Es ist diese faszinierende Charakterisierung Rudy Ray Moores, sowohl auf Skript-Ebene als auch seitens Murphys Schauspiel, die «Dolemite Is My Name» eine bleibende Strahlkraft verleiht. Die vor 70er-Flair triefenden Sets und Kostüme sowie die peppigen Dialogwechsel unterstützen diese Strahlkraft des Films enorm.
Darüber hinaus verstehen es Regisseur Craig Brewer («Black Snake Moan») und die Autoren Scott Alexander & Larry Karaszewski wunderbar, aus Rudy Ray Moores naiven Versuchen, ins Filmgeschäft einzusteigen, jede Menge Wit zu ziehen, ohne sich dabei gehässig über diesen wohlmeinenden Unterhaltungskünstler lustig zu machen. Wenn «Dolemite Is My Name» die Passage erreicht, in der Brewer die Entstehungsgeschichte des Kultfilms «Dolemite» nachskizziert, werden sowohl der Trubel am Set als auch Moores nahezu unvergleichliche Begeisterungsfähigkeit selbst für riesige Pannen pointiert ausgespielt.
Allein Johnny Depps Interpretation von Ed Wood lässt sich als Vergleich heranziehen, wobei «Dolemite Is My Name» nicht einfach zu einer Blaxploitation-Antwort auf Tim Burtons «Ed Wood»-Tribut mutiert. Denn Rudy Ray Moore hat, bei aller handwerklichen Planlosigkeit, durchaus ein besseres Verständnis dafür, was er mit seinem Film erreichen will und wie nah er seiner Vision kommt. Davon ausgehend kreieren die «Dolemite Is My Name»-Filmschaffenden zudem eine großartige Szene darüber, wie unterschiedliche Herangehensweisen an negative Filmkritiken zu bewerten sind:
Rudy Ray Moore und Co. lesen, berauscht davon, «Dolemite» auf die Beine gestellt zu haben, Filmkritiken zu ihrem Werk. Und während manche Kritiken kein gutes Haar am Film lassen, weil sie ihn auf technischer Ebene schwach und inhaltlich hanebüchen finden, trampeln andere Kritiker in ihren Texten mit Abscheu auf dem «Dolemite»-Cast herum und machen sich über Moores Fettpölsterchen sowie über den Körperbau seines Co-Stars Lady Reed (ebenso verletzlich wie willensstark gespielt von Da'Vine Joy Randolph) lustig.
So, wie der «Dolemite»-Cast, liebenswert von Murphy, Randolph und Co. gespielt, auf diese verschiedenen Arten von Verrissen reagiert, schafft «Dolemite Is My Name» eine einprägsame Argumentation dafür, dass Kritik zwar negativ sein darf, aber bitte vor persönlich-giftiger Attitüde zurückzuscheuen hat. Vor allem aber ist «Dolemite Is My Name» ein sehr launiger, passionierter Liebesbrief an den Unternehmergeist eines Entertainers, der mit Gutmütigkeit und eisernem Willen sein Ding durchzieht.
«Dolemite Is My Name» ist auf Netflix abrufbar.
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21.04.2020 17:52 Uhr 1