Der sechste «Neben der Spur»-Teil ist ein spannender Psychothriller mit sehr guten Performances.
Cast und Crew
- Regie: Josef Rusnak
- Cast: Ulrich Noethen, Juergen Maurer, Anna Bederke, Marie Leuenberger, Johannes Krisch, Petra van de Voort, Gerhard Liebmann, Kailas Mahadevan, Lilly Liefers, Rüdiger Vogler, Anna Shirin Habedank, Eray Egilmez
- Drehbuch: Mathias Klaschka, nach einem Roman von Michael Robotham
- Kamera: Ralf Noack
- Schnitt: Dirk Grau
- Musik: Christoph Zirngibl
Die von Michael Robothams Romanen inspirierte ZDF-Krimireihe «Neben der Spur» geht in ihre nunmehr sechste Runde. Erneut kommt es zu einem Regiewechsel – hier nimmt erstmals innerhalb der Reihe Josef Rusnak auf dem Regiestuhl Platz. Der «The Thirteenth Floor – Bist du was du denkst?»-Regisseur arbeitet nach einem Drehbuch des «Neben der Spur»-Veteranen Mathias Klaschka – und kann hier wieder dem Untertitel seines berühmten Sci-Fi-Films gerecht werden. Denn bei diesem «Neben der Spur»-Psychothriller stellt sich mehreren Figuren die Frage, ob sie ihrer Selbsteinschätzung treuen können – sei es hinsichtlich ihrer Moral, ihres Seelenwohls oder ihrer psychischen Gesamtverfassung …
Psychiater Dr. Joe Jessen muss sich durch eine äußerst anstrengende Phase seines Lebens kämpfen: Dass er kürzlich einen Menschen erschossen hat, nagt ungeheuerlich an ihm – und aufgrund der Trennung von seiner Frau Nora mangelt es ihm derzeit an dem Auffangnetz, auf das er sich in weniger schweren Zeiten noch verlassen konnte. Dass sich nun auch noch seine Parkinson-Erkrankung stärker bemerkbar macht, lässt ihn noch mehr leiden. Und dann verwüstet ein Einbrecher auch noch seine Praxis!
Wie so oft, verrennt sich Joe also in die Arbeit, um Ablenkung zu finden – und insofern kommt es ihm fast schon recht, dass bei seinem Einbruch die Patienten-Akte von Milena Lorenz gestohlen wurde, einer Frau, die sich seit dem spurlosen Verschwinden ihres Ehemanns verfolgt fühlt und aufgrund immenser Spielschulden als Prostituierte über Wasser hält. Was Joe nicht weiß: Nicht nur er befasst sich mit Milena Lorenz, sondern auch die Hamburger Polizei …
Für viele Fernsehende ist die teils antagonistische, teils kooperative Beziehung zwischen Protagonist Joe Jessen (gespielt von Ulrich Noethen) und dem Kommissar Vincent Ruiz (gespielt von Juergen Maurer) das Rückgrat dieser Filmreihe. Diesen «Neben der Spur»-Fans bietet der neuste Teil ein reizvolles neues Puzzleteil im Gesamtbild Jessen/Ruiz, denn dadurch, dass Joe Jessen ein vergleichbares Kapitel in seinem Leben aufmacht, das Ruiz schon vor Jahren in seiner eigenen Biografie geschrieben hat, findet ihre Dynamik eine neue, spannende Komponente. Und auch auf beruflicher Ebene können sich die Zwei gegenseitig fördern und fordern, denn mit dem Fall Milena Lorenz haben sie eine sehr knifflige und emotional mitreißende Nuss zu knacken.
Das ist Skript und Schauspiel gleichermaßen zu verdanken: Einerseits ist Milena Lorenz auf packende Weise undurchsichtig geschrieben, und wie im Laufe des Neunzigminüters nach und nach immer weitere Schichten in ihrer Persönlichkeit und ihrer bewegten Vergangenheit aufgedeckt werden, ist bei aller Dramatik plausibel und mit viel psychologischer Substanz versehen. Andererseits gibt «Sommerfest»- und «Beat»-Mimin Anna Bederke in dieser Rolle eine fesselnde Darbietung, die gleichermaßen Mitleid für Milena Lorenz als vom Schicksal und wenig wohlwollenden Menschen gebeutelte Person schürt, und dennoch für massig Suspense sorgt, weil man dieser Frau alles zutraut.
Neben dieser Performance, die den Film fast schon im Alleingang schultern könnte, und Noethen sowie Maurer in einer engagierten Fortführung ihres eh schon gelungenen Rapports miteinander, glänzt auch Rusnaks Regieführung: Er entwirft eine soghafte, dunkle Bildästhetik und versteht es, erklärende wie auch bewusst-verwirrende Rückblenden prägnant einzusetzen, um eine dichte Atmosphäre zu erzeugen und non-verbal die Charakterzeichnungen zu vertiefen.
Fazit: Ein Glanzpunkt in der «Neben der Spur»-Filmreihe: Dieser Thriller ist spannend, dramatisch und visuell atmosphärisch.
«Neben der Spur – Erlöse mich» ist am 20. April 2020 ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel