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Die Coronakrise erreicht das Fernsehen: Von maximaler Kreativität und großer Unsicherheit

Zahlreiche Produktionen ruhen in diesen Tagen, andere werden unter Einhaltung des Mindestabstands hergestellt. Lücken im Programmplan, speziell im Sommer, werden kaum zu vermeiden sein. Quotenmeter.de hat sich umgehört - wie meistern die Sender die Krise?

Die Coronakrise, sie hat auch die deutsche Medienbranche mit voller Wucht getroffen. Die Tatsache, dass die Werbebuchungen auf nahezu allen deutschen Sendern rückläufig sind, ist das akute Problem. Die Krise wird jedoch weitere Herausforderungen nach sich ziehen. Aktuell müssen nämlich die allermeisten Produktionen ruhen. Wer noch produziert, achtet akribisch auf Abstandsregeln, Showformate kommen schon seit Wochen ohne Publikum aus. Welche Auswirkungen von Corona – auch auf die TV-Saison 20/21, die nun im Juni nicht mit den inzwischen fast schon traditionellen Screenforce-Days-Programmvorschauen eröffnet wird, lassen sich schon abschätzen?

Klar ist – in diesem Sommer wird es vermutlich mehr Wiederholungen im Programm geben als ohnehin schon üblich. Gegenüber Quotenmeter.de erklärte etwa die Mediengruppe RTL Deutschland: „Die Programmverantwortlichen der Sender haben die Lage der Programmversorgung selbstverständlich jeder Zeit im Blick und können mit alternativen Szenarien reagieren.“ Dabei sei es entscheidend, ob es verantwortbar ist, individuell nach Produktion weiter und wieder zu produzieren. Bekannt ist, dass bei RTL etwa alle drei Daily-Dramen eine Produktionspause einlegten. Die Dreharbeiten von «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» und «Unter uns» sind nach einwöchiger Pause unter erhöhten Sicherheits- und Hygienevorschriften wieder aufgenommen worden – «Alles was zählt» ist diesbezüglich nach zwei Wochen Pause wieder am Start. RTL helfe es aber auch sehr, weiterhin ein umfassendes Angebot an die Zuschauer zu machen, dass der Sender einen über Jahre aufgebauten Genre-Mix anbiete – im Infobereich etwa «Guten Morgen Deutschland», «Punkt 12», Magazine, «RTL Aktuell»), Unterhaltungsformate von Talkshow bis Quiz, über tägliche und Primetime-Serien.

Volker Herres, Programmdirektor des Ersten, sieht die unmittelbare Programmversorgung derweil ebenfalls nicht gefährdet. Bis jetzt würden die Zuschauer des Ersten verhältnismäßig wenig von den Ausfällen merken. „In der Fiktion – das betrifft Telenovelas, Hauptabend- und Vorabendabendserien, «Tatort» und alle anderen Fernsehfilme, die um 20.15 Uhr auf dem Programm stehen – wird ja mit einem verhältnismäßig langen Vorlauf produziert. Das heißt, noch zeigen wir auf großen Sendestrecken Erstausstrahlungen.“ Herres bestätigte gegenüber Quotenmeter.de, dass «Tatort» und Fernsehfilme bis zur Sommerpause gesichert seien. Die schon produzierten Folgen der Nachmittags-Serien «Rote Rosen» und «Sturm der Liebe» würden bis etwa Ende Mai reichen.

Klar ist aber, ohne Ausfälle und Verschiebungen wird es nicht gehen. Das ZDF hatte sich hierzu schon vor einigen Tagen klar geäußert: „Die Corona-Krise führt zu zahlreichen Verschiebungen und Ausfällen von Programmen. Meist liegt es an Spezial- und Sondersendungen zur aktuellen Lage, die Verschiebungen des Programmplans und Ausfälle von ursprünglich geplanten Sendungen notwendig machen. Zudem überprüfen wir zurzeit jede Sendung, zumal die fiktionalen, auf ihren Inhalt und ihre Tonalität. Gegebenenfalls kann es auch hier zu Umplanungen kommen. Darüber hinaus müssen wir flexibel auf die produktionsbedingten Ausfälle von Sendungen reagieren. Dies gilt nicht nur im kurzfristigen Bereich, sondern auch mittel- und langfristig. Vor diesem Hintergrund werden auch Sendungen verschoben, die zwar fertig vorliegen, aber erst zu einem späteren Zeitpunkt gesendet werden sollen, um entstandene Produktionslücken zu schließen.“ Auch ProSiebenSat.1 gehe es nicht anders als allen anderen Sendern und Produktionsfirmen weltweit, sagte eine Sprecherin des Unternehmens gegenüber Quotenmeter.de.

„Bei großen Auslandsproduktionen, bei allen Shows und Dreharbeiten in Deutschland überprüfen wir immer wieder genau: Was kann weitergehen, was wird pausiert, was können, was müssen wir schieben?“ Im Falle von Sat.1 ist derzeit etwa die Produktion zahlreicher Nachmittagsformate nicht möglich. Wegen fehlender Drehgenehmigungen lassen sich die Blaulicht-Sendungen nicht umsetzen, «Genial Daneben – Qas Quiz», das vom Mitwirken der Zuschauer lebt, hat ebenfalls eine Produktionspause eingelegt. Die Show war ab Ende Mai wieder um 19 Uhr geplant.

Wenn die vergangenen Wochen eines gezeigt haben: Entertainment lebt, und zwar wie!
ProSiebenSat.1-Statement zur Coronakrise
Dennoch sieht ProSiebenSat.1 durchaus eine große Chance: „Wenn die vergangenen Wochen eines gezeigt haben: Entertainment lebt, und zwar wie!“, gab man sich in Unterföhring optimistisch. Die Programmmacher hätten flexible und kreative Ideen realisiert, hätten Entertainment – egal ob online oder im TV – nicht nur an die Bedingungen der Krise, sondern vor allem an die Wünsche und Bedürfnisse der Zuschauer angepasst. „In den ersten Wochen waren das Nachrichtenverlängerungen und Info-Spezials, seit vergangener Woche sehen wir einen verstärkten Trend zur Lean-Back-Unterhaltung.“ Diese Krise bringe einen „völlig neuen Schub an Ideen und Programminnovationen in die Branche, der so vor sechs Wochen noch nicht denkbar war.“

Bei RTL, wo die Präsenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Standort Deutz und in den Außenstudios und -Büros auf die Kollegen reduziert wurde, die für die Sicherheit des Produktions- und Sendebetriebs verantwortlich sind, verweist man ebenfalls auf neue Ideen. Die zuletzt entstandenen neuen «Wer wird Millionär?»-Folgen müssen zwar ohne Studiopublikum auskommen, werden dafür nun aber mit neuen Jokern ausgestattet. Diese Episoden würden ab April den Weg ins RTL-Programm finden. Bei VOX musste die Produktion von «Grill den Henssler» nach Fertigstellung von drei Folgen abgebrochen werden. Die Dreharbeiten zur neuen Herbststaffel von «Die Höhle der Löwen» (mit Nico Rosberg) pausieren derzeit ebenfalls, sie sollen fortgesetzt werden, wenn es die Situation zulasse. Am Montagabend setzt VOX im TV auf einen Talk rund um die Gründershow, der sich auch mit den Auswirkungen von Corona auf die Gründerszene befasse. VOX und Spiegel TV haben zudem am Montagabend eine große Reportage rund um Corona im Programm, am Dienstag geht es mit den schon fertigen «DHDL»-Episoden im Programm weiter. Für Show-Nachschub im Frühjahr ist zudem gesorgt. „In Kürze“ werde man eine neue und schon vor der Coronakrise produzierte neue «Sing meinen Song»-Staffel starten, zudem ist die neue VOX-Date-Night (mit «Prince Charming» und «First Dates Hotel») weiterhin ab dem 20. April montags geplant.

Auch bei RTLZWEI werde die Ausnahmesituation Konsequenzen für die Programmplanung haben, heißt es aus Grünwald. "So können aktuelle Produktionen nicht rechtzeitig fertiggestellt werden oder sie passen nicht zur aktuellen Lage und Stimmung im Land. Auf der anderen Seite produzieren wir jetzt sehr kurzfristig neue Inhalte, wie etwa unser Reportage-Special «Corona-Zeit», ein Wollnys-Spezial oder «Berlin - Tag & Nacht: Live aus der WG». Die gute Nachricht von RTLZWEI aber ist: Der Programmspeicher ist üppig gefüllt. "Absehbar ist unsere Programmversorgung gesichert und wir setzen die Arbeit an unseren Formaten soweit als möglich fort. In Abstimmung mit unseren Partnern überlegen wir darüber hinaus natürlich, wie wir in den nächsten Wochen und Monaten für jedes einzelne Format weiter vorgehen: Verschieben wir die Produktion? Können wir weiterdrehen, wenn wir mit zusätzlichen Maßnahmen oder anderer Location den Infektionsschutz sicherstellen können? Oder produzieren wir ad hoc ein Special?" Klar sei aber auch, alles sei derzeit ständig im Fluss, werde angepasst, während die Mitarbeiter des Senders bemüht seien, Zuschauer und Werbekunden ständig up to date zu halten.

Seriös kann das heute noch nicht beantwortet werden. Zum einen gibt es fertige und auch fast fertige Produktionen für das zweite Halbjahr, zum anderen weiß niemand, wie lange wir pausieren müssen. Lücken wird es geben, die wir aber versuchen so klein wie möglich zu halten.
Das Erste-Programmdirektor Volker Herres zur Auswirkung der Coronakrise auf das Programm in den kommenden Monaten
Wie es dann im zweiten Halbjahr, auch in Hinblick auf die in Richtung August und September wieder anlaufende heiße TV-Phase zur neuen Season weitergeht, lässt sich derweil oftmals noch nicht beantworten. Dazu Volker Herres, Programmchef des Ersten: „Seriös kann das heute noch nicht beantwortet werden. Zum einen gibt es fertige und auch fast fertige Produktionen für das zweite Halbjahr, zum anderen weiß niemand, wie lange wir pausieren müssen. Lücken wird es geben, die wir aber versuchen so klein wie möglich zu halten. Abgesehen davon, wird das Programm des Ersten ja zum größten Teil durch die Information bestimmt.“ Hier könnten die Zuschauer des Ersten, so Herres, versichert sein, dass es keine Ausfälle geben werde.“

Somit ist klar, dass die grundsätzliche Planung der kommenden TV-Saison 20/21 mit so vielen Variablen und Unsicherheiten auskommen muss, wie selten zuvor. Dennoch haben die Sender ein großes Interesse daran, Presse, Zuschauern und auch Werbekunden einen frühzeitigen Ausblick auf die anstehenden Pläne zu gewähren – auch abseits der Screenforce Days. Herres gehe entsprechend auch davon aus, dass man im Sommer einen entsprechenden Ausblick gewähren könne. Auch ProSiebenSat.1 zeigte sich diesbezüglich optimistisch: „Wann das sein wird und in welcher Weise wir das tun werden, werden wir rechtzeitig bekannt geben“, heißt es dazu aus Unterföhring.
06.04.2020 15:31 Uhr Kurz-URL: qmde.de/117296
Manuel Weis

super
schade


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