«Pokémon» im Jahr 2020: Mewtu „strikes back“ – doch die „Pocket Monsters“ waren eigentlich nie weg
1999 begann das «Pokémon»-Fieber in Deutschland und hält bis heute an. Auch weltweit ist die Begeisterung für die tierähnlichen Wesen ungebrochen. Wir haben uns auf die Suche nach möglichen Gründen begeben.
1999 wurde auf RTLZWEI (dem Sender, der die Genrefarbe Anime in Deutschland einst populär gemacht hat) die Folge „Pika-Pikachu“ ausgestrahlt, die erste Episode der ersten «Pokémon»-Staffel. Diese stieß nicht nur hierzulande auf viel Gegenliebe, sondern so ziemlich überall auf dem Erdball. Es gibt weltweit wohl kaum eine gezeichnete Serie, die bei gleich mehreren Generationen an Kindern und Jugendlichen einen derart bleibenden Eindruck hinterlassen hat wie die rund um die kleinen „Pocket Monsters“. Und das wiederum liegt auch, aber definitiv nicht nur an dem Anime selbst. Immerhin basiert dieser bekanntlich auf den ersten Videospieleditionen „Rot“ und „Blau“, die in einer atemberaubenden Geschwindigkeit Schulhöfe sowie Kinderzimmer eroberten. Ähnlich war es mit den Trading Cards, die den dritten Zugang zur Welt der kleinen Monsterpartner darstellten. Will heißen: Die Wahrscheinlichkeit, dass Heranwachsende auf irgendeine Weise eine Karriere als Pokémon-Trainer starten würden, war ziemlich groß.
Und auch wer nach Ursachen dafür sucht, warum das Franchise bis heute nicht an Strahlkraft eingebüßt hat, wird in dieser ersten Phase fündig. Denn diese könnte man rückblickend betrachtet geradezu als ein Paradebeispiel in Sachen Markenaufbau und Fanbindung bezeichnen. Einmal wurde nämlich jede dieser einzelnen Sparten sukzessive ausgebaut und „frisch gehalten“. Dies hatte zur Folge, dass insbesondere viele der ersten 151 tierähnlichen Wesen innerhalb kürzester Zeit Kultstatus erreichen und in Windeseile ein ganz fester Bestandteil der Popkultur werden konnten – vor allem die sogenannten „Starter“, jeder Schwung an neuen Games wartete mit drei Mini-Monstern auf, die sich nichts sehnlicher wünschten, als ausgewählt zu werden und stets den Typen Feuer, Wasser und Pflanze angehörten.
Insgesamt gibt es mittlerweile deren 18. Neben den bereits genannten noch: Normal, Elektro, Flug, Käfer, Gift, Gestein, Boden, Kampf, Eis, Psycho, Geist, Drache, Unlicht, Stahl und schließlich Fee. Diese Form der Kategorisierung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem „Schere-Stein-Papier“-Prinzip, das den Spielen zugrunde liegt – und im Laufe der Jahre immer ausgereifter wurde. Neue Typen brachten das Kräftegleichgewicht mehrfach durcheinander, was wiederum den Karten- wie auch Handheldfreunden gleichermaßen Freude bereitete und sich selbstverständlich ebenfalls in der Handlung der gezeichneten Abenteuer niederschlug.
Überhaupt ist es maßgeblich diesem Dreiklang zu verdanken, dass dieser multimediale Kosmos nie aus der Mode gekommen ist. Denn dadurch, dass jeder neue virtuelle Spielspaß die nötigen Zutaten für neue Decks und neue Bewegtbildinhalte auf den heimischen TV-Geräten und (neuerdings) Streamingdiensten lieferte und nach wie vor liefert, war beziehungsweise ist auch stets garantiert, dass es zu keinem inhaltlichen Stillstand kommen konnte respektive kann. Und Neueinsteigern wurde gleichzeitig immer wieder automatisch ein idealer Startpunkt geboten, um sich in dieses inzwischen durchaus komplexe, allerdings ehrlicherweise nicht allzu komplizierte Universum einzuarbeiten. Auf der anderen Seite muss jedoch ebenfalls angemerkt werden, dass echte Innovationen eher die Ausnahme und Variationen von Bekanntem die Regel sind.
Jede Reise des Protagonisten (im Anime seit jeher der ewig 10-jährige Ash Ketchum aus Alabastia, was sich Gerüchten zufolge bald ändern könnte) beginnt in einer neuen Region (schon erkundet wurden: Kanto, Johto, Hoenn, Sinnoh, Einall, Kalos und Alola. Neuster Schauplatz wird Galar – ein Sonderfall bilden die Sevii Eilande (Handlungsort der Editionen „Feuerrot“ und „Blattgrün“), die nur in dem TV-Special „Die Jagd nach der Legende“ vorkommen), in der es besondere Herausforderungen zu meistern, in den meisten Fällen Arenakämpfe zu bestreiten und vor allem natürlich neue Pokémon zu entdecken gilt. Nach dem jüngsten Schwung an Neuzugängen kennt der Pokédex aktuell unglaubliche 890 verschiedene – und die nächsten stehen quasi bereits in den Startlöchern.
Und in diesem Kontext bietet es sich an, darauf einzugehen, dass man es sich auch ganz einfach machen und den Erfolg mit einer simplen Formel erklären könnte: „Jagen“ (oder „Kämpfen“) + „Sammeln“ = begeisterte Anhänger. Wir leben zwar nicht mehr in der Steinzeit, aber wenn es um Fiktion oder Spiele aller Couleur geht, haben beide Summanden dieser Formel in der Regel ihren festen Platz. Und interessanterweise lässt sich insbesondere an der Art, wie und daran, was gesammelt wird, gut erklären, dass „neu“ in diesem Zusammenhang eine Frage der Definition ist. Denn wie anders sollte man sonst den Pokémon-Go-Hype erklären?
Selbstredend kommt an dieser Stelle der Faktor „Vermischung von Realität und Fiktion“ zum Tragen. Denn die Verbindung aus Smartphone und realen Schauplätzen führte letztendlich zu Szenarien, die sich Ende der 90er – damals noch ohne die moderne Technik – in den heimischen Gärten der Treuesten der Treuen zugetragen haben, sprich: Viele fühlten sich so in ihre Kindheit zurückversetzt und eine ganz neue Generation an Fans sich auf eine ihnen vertraute Weise angesprochen und fand so Zugang zu diesem Kosmos.
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