Herr Henssler, es gibt ein Problem: Eineinhalb Jahre nach seinem ProSieben-Experiment («Schlag den Henssler») ist TV-Koch Steffen nun Teil des mutigen neuen RTL-Nachmittags. 25 Minuten, alles in Echtzeit, viele Probleme, hohes Tempo. Daumen hoch oder Daumen runter?
Jetzt will es Steffen Henssler so richtig wissen: Bei VOX mit seinem Sonntagabend-Showformat «Grill den Henssler» weiterhin hoch im Kurs, ist am Montag eine neue tägliche Kochsendung bei RTL gestartet. Rund eineinhalb Jahre nach dem Ende seines Showversuchs «Schlag den Henssler», bei dem der TV-Koch vorzeitig im Zuge zunehmender Kritik und sinkender Zuschauerzahlen den Dienst quittierte (und ProSieben nun mit «Schlag den Star» besser fährt), bleibt Henssler ganz wie der Schuster bei den Leisten eben bei den Töpfen. In seinem neuen 17-Uhr-Format, das bei RTL die erfolglose Crimenovela «Herz über Kopf» ablöst, werden drei Hobbyköche 25 Minuten lang auf eine echte Probe gestellt – natürlich am Herd. Henssler übernimmt dabei quasi den Part von Ruth Moschner/Annie Hoffmann, ist also der quirlige Host, der das Geschehen mit flotten Gags und einer ebensolchen Handhabe zusammenhalten soll.
Das Konzept der Sendung ist zunächst einfach erklärt: «Hensslers Countdown», das nicht zu unrecht den Beinamen „Kochen am Limit“ trägt, ist Wettkochen in fies. Die Grundaufgabe der Debütsendung nämlich ist eigentlich easy: 25 Minuten Zeit für eine gute Spaghetti Bolognese. Machbar. Allerdings – die Zutaten erreichen die drei Köche anders als erwartet. Das Hack ist noch gefroren, ebenso die Spaghetti an sich. Und als die erste Kandidatin direkt eilig heißes Wasser in ihren Topf gießen will, kommt zu Tage, dass die Produktionscrew auch das Leitungswasser vorsichtshalber abgedreht hat. Das neue Format sei eben „die härteste Kochshow im deutschen Fernsehen“, betont Henssler. „Wer hier besteht, der hat es wirklich drauf.“ Ein Attribut, das sich sicherlich mehrere Genrevertreter ans Revers heften.
«Hensslers Countdown» war...
Kreativität und Witz stehen klar im Vordergrund; es dauert in der Tat nicht lang, ehe die erste Kandidatin mittels ein paar schmelzender Eiswürfel doch noch an Wasser im Topf kommt. Zum Konzept gehört auch, dass alle Kandidaten bis zu 4000 Euro gewinnen können. Ausgangslage sind 2500 Euro für jeden Kandidaten – pro Show stellt Henssler drei Fragen (zum Beispiel woher die Nudel ursprünglich kommt). So können Spieler pro richtiger Antwort 500 Euro gewinnen oder bei falscher Antwort eben auch verlieren.
So schnell, so konfus, Ruhepausen sind auch geplant: Der vermeintlich beste Kandidat kann via einer „Freeze“-Karte von seinen Mitspielern für drei Minuten am Weiterkochen gehindert werden: Beiläufig preist Henssler direkt nach der ersten Frage auch noch den heutigen Juror an, es ist der aus VOX-Sendungen bestens bekannte Meister am Herd, Christian Lohse.
Der Reihe nach: Es geht also um’s Kochen in dieser Show, es geht alle paar Minuten irgendwie auch ums Quizzen und es geht vor allem darum, Tücken und Stolperfallen seitens des Teams zu überwinden – und teilweise noch seine Kontrhenten zu behindern. Das ist für die heimische Küche eher irrelevant, sicher aber ein nettes Zuckerl, um die Spannung hochzuhalten. Dass auf Grund all dieser Besonderheiten aber jeder einzelne Kandidat von einer Mini-Vorstellung abgesehen quasi anonym bleiben muss, könnte sich als Fehler herausstellen. Dem Zuschauer ist es so kaum möglich, eine echte Bindung zu den drei Kontrahenten aufzubauen. Zu hektisch schaltet die Regie von Kandidat zu Kandidat; in ähnlichem Tempo hetzt auch Henssler von Arbeitsfeld zu Arbeitsfeld. So stand auch das Ende der Sendung sinnbildlich für deren Verlauf: Denn Zeit für ein schönes Gesamtbild und ansprechendes Anrichten auf dem Teller hatten die Kandidaten nicht mehr. Stattdessen wurden die Spaghetti schnell auf den Teller geworfen und so Juror Christian Lohse serviert.
Auf dem Reißbrett mag sich der Zutaten-Mix, bestehend aus Henssler himself mit seinem lockeren Humor, ein bisschen Chaos, „einfachen Gerichten“, ein bisschen Quiz, dem 25-Minuten-Echtzeit-Charakter sowie dem Urteil eines bekannten TV-Kochs in der Rolle des Jurors, zu einem sinnigen Gesamtbild fügen. Doch von mancher Zutat war zumindest in der Pilotfolge noch zu wenig vorhanden, von mancher Zutat hingegen zu viel. Verzichtbar, weil quasi untergehend, sind etwa die Raterunden – auch wenn es sicherlich eine interessante Info sein mag, dass die Nudel eigentlich aus China kommt.
Optisch reiht sich die Sendung derweil gut ins Gesamtbild des neuen RTL-Nachmittags ein. Wie schon um 15 Uhr das neue Trödelquiz «Kitsch oder Kasse» und der neue tägliche Talk von «Marco Schreyl» eine Stunde später, setzen die Macher auf wuchtige Kulissen, leichte Backstein-Optik im Hintergrund und eine große Spielfläche für die Akteure. Die Farbtöne, vorrangig Erdfarben und ein maritimes blau, sind nicht aufdringlich. Ein aufwühlender Hintergrund wäre bei den Format nämlich in der Tat auch zu viel des Guten gewesen. Fans von Steffen Henssler, seit «Grill den Henssler» ist unstrittig, dass es diese zahlreich gibt, kommen beim neuen 17-Uhr-Format ihres Lieblings sicher auf ihre Kosten. Alle anderen sehen sich stattdessen vor einer Art One-Pot-Pasta mit ein paar Zutaten zu viel.
Steffen Henssler lässt nun werktags immer um 17 Uhr bei RTL kochen.
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