Die Hauptfigur muss den Tod einer guten Freundin verkraften – und «Nord bei Nordwest» den Spagat zwischen ironisch angehauchtem Krimi und Trauerarbeit irgendwie schaffen. Ob das gelingt?
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Hinnerk Schönemann als Hauke Jacobs
Henny Reents als Lona Vogt
Marleen Lohse als Jule Christiansen
Anja Schneider als Sarah Winter
Peter Prager als Reimar Vogt
Mike Möller als Jan Stein
Cem Ali Gültekin als Mehmet Ösker
Hinter der Kamera:
Produktion: Aspekt Telefilm-Produktion GmbH
Drehbuch: Holger Karsten Schmidt
Regie: Felix Herzogenrath
Kamera: Stephan Wagner
Produzentin: Claudia SchröderDer Spagat zwischen Krimi und Komödie ist wohl dann am schwersten zu überstehen, wenn die Hauptfigur ein besonders einschneidend tragisches Erlebnis zu überwinden hat. Auf diese Herausforderung hat sich nun die neue Staffel von «Nord bei Nordwest» eingeschossen: In der Auftaktfolge wurde die Holsteiner Dorfpolizistin Lona Vogt (Henny Reents) – Kollegin, gute Freundin und zaghafter
Love Interest von Tierarzt und Jetzt-wieder-Polizist Hauke Jacobs (Hinnerk Schönemann) – bei einem Einsatz schwer verletzt, und überlebte nur knapp – nur um im Finale des diesjährigen Dreiteilers dahinzuscheiden, als sie einem perversen Serienmörder in die Quere kommt.
Psychisch schwer angeschlagen, aber gestützt von seiner langjährigen Kollegin Jule (Marleen Lohse) und einer souveränen und freundlichen Abgesandten aus Kiel (Anja Schneider), macht sich Hauke auf die Suche nach dem Täter, der sich schon länger über Dating-Portale an hübsche junge rothaarige Frauen ranmacht, um sie dann sexuell zu missbrauchen und dabei zu Tode zu strangulieren. Dass Marleen Lohses Figur phänotypisch genau in des Triebtäters Beuteschema passt, lässt schon früh eine Idee erkennen, dem Typen eine Falle zu stellen.
Doch zuvor alterniert der Film eine Stunde lang zwischen der Ausforschung der Tatumstände und der Trauerarbeit des Hauptcharakters – und obwohl ihm hier ein paar ergreifende Momente gelingen und der vergleichsweise stille, aufrichtige Ansatz ohne pseudo-emotionale Übersteuerungen gut gefällt, will er doch nahezu jede Szene mit einem zu ausgesprochenen, banalisierenden und fernsehfilmhaften Abbinder beenden. Nie zieht das Drehbuch die letzte Konsequenz und lässt seine eigentlich stark geführten Charaktere Momente der Stille aushalten oder die Hauptfigur ihrem Schmerz in aufrichtiger Finalität begegnen. Stattdessen muss fast jeder Gedanke auf der Verarbeitungsskala mühsam und unfilmisch ausdialogisiert werden.
Das dürfte der übertriebenen Bedeutung geschuldet sein, die das öffentlich-rechtliche Fernsehen den Kategorien Erwartbarkeit und Markentreue zumisst. Wo «Nord bei Nordwest» draufsteht, muss auch «Nord bei Nordwest» drin sein, der immer leichtfüßige Genre-Mix aus Krimi und Komödie. Was unter diesen Umständen eben auch bedeutet: vorhersehbar, unterkomplex – und unbedingt humorig.
Nun ist es schon genug talentierten – und entsprechend ambitionierten – (Fernseh-)Autoren gelungen, auch das Humorige mit dem schwer Tragischen zu versöhnen. Aber selbst wenn wir uns nicht erdreisten wollen, aus dieser Reihe einen solch erzählerisch konsequenten Beitrag zu erwarten, sticht einem der hier gefundene Minimalkompromiss doch unangenehm ins Auge: Hauke darf trauern, auch aufrichtig, und muss sich dabei nicht einmal mit theatralischem Geschrei das Hemd vom Leib reißen. Trotzdem wird der Verarbeitungs-Plot alsbald in eine (bestenfalls durchschnittlich interessante) Mördersuche umgemünzt, die – wider jede psychologische Ernsthaftigkeit, und mit einem völlig unplausiblen Schlusspunkt – doch ein furchtbar vereinfachtes Abschließen ermöglicht.
Das Erste zeigt «Nord bei Nordwest – In eigener Sache» am Donnerstag, den 6. Februar um 20.15 Uhr.
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