►   zur Desktop-Version   ►

Wie «CSI: Miami» Deutsch lernt

„Unser größtes Kompliment ist es, wenn die Zuschauer glauben, die Serie sei nicht synchronisiert“, Torsten Michaelis (Synchronisations-Regisseur, Schauspieler und Synchronsprecher).



In einem unscheinbaren Gebäude von Berlin wird viel geredet. Denn das ist ihr Job. Diese Leute sind Synchronsprecher und stehen in einem Studio. Was sie sagen und vor allem wie sie es sagen, werden später Millionen von Menschen zu hören bekommen. Dass Synchronsprechen mehr als ein Beruf ist, wollen viele nicht glauben.



Vor der Sprache ist der Text

Dirk Hartung sitzt in seinem Büro, welches direkt in seinem Haus außerhalb von Berlin integriert ist. Das Büro ist nicht sonderlich groß, es umfasst viele Regale, einen großen Schreibtisch mit zwei Computern und einen Fernseher. Hier werden die deutschen Sätze von Horatio Caine aus «CSI: Miami» geboren, ebenso wie die der Serie «Numb3rs». Hartung hat alle Folgen der aktuellen Staffel bereits etliche Wochen vor Sendestart in seinem Büro.



Ein einfaches Übersetzen gibt es nicht. Die englische Sprache ist wesentlich kürzer als die Deutsche, teilweise müssen Sätze gekürzt oder schneller gesprochen werden. „I rushed tox“ kann nicht mit „Ich habe hier das Ergebnis einer beschleunigten toxikologischen Blutanalyse vorliegen“ übersetzt werden. Der deutsche Satz ist zweieinhalbfach so lang wie das Original. Dabei muss auch darauf geachtet werden, dass die Mundbewegungen synchron sind. Wenn sich im Englischen der Mund schließt, sollte es im Deutschen ebenso sein. Bereits 69 «CSI: Miami»-Episoden übersetzte Dirk Hartung - er kennt die Darsteller auswendig.



Nicht nur Krimis übersetzt Hartung. So erzählt er, dass Kinder einen anderen Sprachwortschatz haben. So muss der Übersetzer sich in Lebensstil und Alter hineinversetzen können. Ein Kleinkind sagt nicht, dass jemand „unfair“ war, sondern „fies“ oder „gemein“. Eben diese Kleinigkeiten sind die Raffinesse im Beruf von Dirk Hartung.



Die Schwierigkeiten des Sprechens

„Ich habe von denen das Originalvideo gekriegt. Laut Kamera müsstest du jetzt genau an derselben Stelle stehen wie der Täter“. CSI-Ermittler Ryan Wolfe steht direkt vor der Kamera und ruft diesen Satz zu seiner Kollegin Calleigh Duquesne. Der Synchronsprecher Norman Matt steht in einem schalldichten Raum. Vor einem Stehpult, ein Mikrofon nur wenige Zentimeter von seinem Mund entfernt. Hinter ihm, durch eine Glasscheibe entfernt, ist der Regisseur Torsten Michaelis, außerdem noch die Aufnahmeleiterin. Michaelis hört man als Wesley Snipes, Martin Lawrence, Sean Bean, Don Cheadle und Chris Tucker reden. Außerdem ist er in einigen Fernsehproduktionen wie von Leander Haußmann zu sehen.



„Ich habe von denen das Originalvideo gekriegt. Laut Kamera müsstest du jetzt genau an derselben Stelle stehen wie der Täter“. Bevor Norman Matt diesen Satz über die Lippen bringt, bereden Regisseur und Sprecher diesen. Charakter Wolfe steht vor der Kamera, seine Kollegin Duquesne aber zirka zehn Meter entfernt. Norman muss den Satz vor dem Mikrofon so sprechen, als ob er ruft. Dabei muss der Sprecher auch die Geschwindigkeit des Originalbildes beibehalten. Klingt ganz einfach…







Alles muss perfekt sein

Wenn der Sprecher zum richtigen Zeitpunkt das Sprechen anfängt, ist schon der erste Schritt getan. Eigenversuche zeigen: Es ist schwerer als gedacht. Allein schon das planmäßige Anfangen erfordert eine gewisse Übung. Hinzu kommt, dass der Text in einer bestimmten Geschwindigkeit über die Lippen gehen muss. Wer dabei noch mal auf den Text schaut, verliert. Der Satz sollte innerhalb weniger Versuche klappen, dabei muss Geschwindigkeit, Tonart und Lautstarke stimmen. Ärgerlich ist es, wenn nach ein paar Versuchen eigentlich alles klappt, aber dann die Cutterin einwirft, dass der Sprecher ein klein wenig früher beginnen hätte müssen.



Torsten Michaelis wird von vielen Synchronsprechern und Branchenexperten als einer der besten Regisseure und Sprecher bezeichnet. Je nach Sprecher ist er im Studio oder im Regieraum. Der Schauspieler, Synchronsprecher und Synchron-Regisseur beherrscht seinen Job. Er kann sich in sekundenschnelle in jede Figur hineinversetzen. Immer wieder greift er seinen Kollegen unter die Arme.



Selbst Lutz Mackensy, der David Caruso schon in «NYPD Blue» und seit 2002 in «CSI: Miami» spricht, erhält kurze Anweisungen von ihm. Zwischen den Takes wird vom Kaffee getrunken, ehe die nächste Szene gesprochen werden muss.



Die Technik muss gelernt sein

Regisseur Torsten Michaelis verweist im Gespräch mit Quotenmeter.de darauf, dass der Beruf des Synchronsprechers gelernt sein muss. Ein Schauspieler, der eine Ausbildung als jener abgeschlossen hat, schafft es am ehesten in eine Figur zu schlüpfen. Dabei ist es wichtig, nicht hinter der Figur zu sprechen und auch nicht davor. Gerne wird Synchronsprechen als künstlerischer Beruf betitelt. Ob jemand eine schöne Stimme hat, ist in diesem Arbeitsgebiet nicht wichtig.



Immer wieder beschweren sich Fernsehzuschauer, meist jüngere Menschen, dass Synchronisationen schlecht seien. In der Branche kennt man diese Anschuldigungen, Serien wie «CSI: Miami» oder «Numb3rs» beweisen aber, wie gut diese Menschen ihre Arbeit tagtäglich machen.



Auch in der Synchronisationsbranche wird gespart, die Fernsehsender oder Verleihfirmen geben nicht mehr als nötig aus, doch wenn hier gespart wird, wird man es zu hören bekommen.
12.10.2005 15:39 Uhr Kurz-URL: qmde.de/11555
Fabian Riedner  •  Quelle: Quotenmeter.de Exklusiv

Artikel teilen


Tags

CSI: Miami

◄   zurück zur Startseite   ◄

Qtalk-Forum » zur Desktop-Version

Impressum  |  Datenschutz und Nutzungshinweis  |  Cookie-Einstellungen  |  Newsletter