Wie die Oscar-Nominierungen «SchleFaZ»-Fans glücklich machen könnten und in welcher Hinsicht Netflix nun Disney die lange Nase zeigt ...
So könnten sich die Oscar-Nominierungen als «SchleFaZ»-Segen erweisen …
Trivia
- «Joker» ist mit elf Nominierungen nicht nur der am häufigsten nominierte Film dieses Jahres sondern zudem die am häufigsten nominierte Comic-Adaption überhaupt
- «The Irishman»-Cutterin Thelma Schoonmaker zieht mit Michael Kahn («Schindlers Liste») gleich: Sie teilen sich mit jeweils acht Nominierungen den Rekord als am häufigsten nominierte Person in der Sparte "Bester Schnitt"
- «Honeyland» ist der erste Film, der sowohl als beste Doku als auch als bester internationaler Film nominiert wurde
- «The Irishman», «Once Upon a Time in Hollywood», «1917» und «Joker» haben jeweils mindestens zehn Nominierungen – das ist ein Bestwert: Nie zuvor haben so viele Filme eine zweistellige Summe an Oscar-Nennungen erhalten. Das bedeutet zugleich: Die Academy hat ihre Liebe dieses Mal auf ungewöhnlich wenige Filme verteilt
Fans von «Der schwarze Diamant» (Originaltitel:
«Uncut Gems») haben in den vergangenen Wochen aufgrund des immensen Kritikerlobs auf eine Überraschungsnominierung hin gebangt: Die ruhelose Kriminal-Dramödie der Safdie-Brüder («Good Time») schien eine Oscar-Nominierung für Adam Sandler als besten Hauptdarsteller zu ermöglichen. Selbst einige Oscar-Experten ließen sich zu dieser Annahme hinreißen. Schlussendlich ging Sandler aber doch leer aus, genauso wie der Film.
Sandler nahm das mit Humor und scherzte bei Twitter, er müsse nun wenigstens keine Anzüge mehr tragen – dennoch wird sich nun zeigen müssen, ob der Schauspielstar zu seinem Wort steht: Während der Pressetour zu «Der schwarze Diamant» drohte/versprach Sandler, dass er im Falle, dass er keinen Oscar für den Film, erhält einen Film drehen wird, "der mit Absicht unfassbar schlecht ist – einfach nur, um euch alle büßen zu lassen." Sandler hat dadurch, dass er keine Nominierung erhalten hat, seine Chancen auf einen Academy Award verspielt. Aber dafür haben nun alle Fans des Trashfilms die Aussichten auf Ausnahmemüll gewonnen – und wer weiß, vielleicht werden eines Tages Oliver Kalkofe und Peter Rütten bei «SchleFaZ» jammern, dass Sandler keinen Oscar gewonnen hat …
Netflix ist den Buhmann-Status endgültig los
In der vergangenen Oscar-Saison war es noch eines der heißen Themen: "
Darf Netflix eigentlich bei den Academy Awards ganz vorne mitspielen?" Als «Roma» dann seine zehn Nominierungen abgeräumt hat, wurde diese Debatte prompt hoch gekocht. Dieses Jahr hingegen hat die Filmbranche und der Branchenjournalismus nicht mit der leisesten Wimper gezuckt – und das, obwohl Netflix nicht bloß einfach gut abgeschnitten, sondern die Oscar-Nominierungen sogar dominiert hat: Mit insgesamt 24 Nominierungen ist Netflix der führende Konzern bei den 92. Academy Awards. Disney folgt nicht zuletzt dank seiner frisch erworbenen Tochter Fox Searchlight auf dem zweiten Platz (23 Nominierungen), gefolgt von Sony mit 17 Nennungen (darunter jeweils sechs für «Once Upon a Time in Hollywood» und «Little Women»).
Netflix' größter Hoffnungsträger ist erwartungsgemäß Martin Scorseses «The Irishman» mit zehn Nominierungen, gefolgt von Noah Baumbachs «Marriage Story» mit sechs Nominierungen (Fun Fact: Baumbachs Film liegt somit gleichauf mit «Little Women», dem neusten Film seiner Lebensgefährtin Greta Gerwig). In der Animationsfilm-Kategorie hat Netflix mit «Klaus» und «Ich habe meinen Körper verloren» sogleich zwei Hoffnungsträger und pusht somit die klassische Zeichentrickästhetik, während der diese Kunst nunmehr weitestgehend an den Rand drängende Animationsplatzhirsch Disney nur Pixars Fortsetzung «A Toy Story – Alles hört auf kein Kommando» in der Sparte platzierte. Der massive Kassenschlager «Die Eiskönigin II» bleibt ohne Trickfilm-Nominierung, mischt aber in der Song-Sparte mit.
Mehr Trivia
- Zum ersten Mal seit der Jahrhundertwende gibt es in einer der Schauspielkategorien keine einzige Performance, in der geweint wird: Die besten Nebendarsteller kommen allesamt ohne Tränen aus
- An den Kinokassen läuft's nicht glatt für Laika, aber bei den Oscars sieht's dafür bestens aus: Das Stop-Motion-Studio brachte bislang fünf Langfilme raus und sie alle wurden für den Oscar nominiert
- Wieder einmal wurde keine einzige Regisseurin nominiert
- Scarlett Johansson verbessert ihre Oscar-Statistik enorm: Von 0 geht's rauf auf sogleich 2 Nominierungen.
- Inklusive Johansson gelang es bisher nur 12 Personen, zwei Schauspiel-Nominierungen in einem Jahr abzuräumen. Darunter: Al Pacino, Cate Blanchett, Jamie Foxx und Teresa Wright
Gute Aussichten, dass die Oscars ihren Werbeeffekt ausüben können
Viel zu oft kommen Oscar-Anwärter sehr spät nach Deutschland, so dass der "Für X Oscars nominiert!"-Werbeeffekt völlig verpufft und die Verantwortlichen hoffen müssen, dass der Film bei den Academy Awards letztlich auch siegreich hervorgeht, so dass beim Start kurz (oder sogar lange) nach der Verleihung wenigstens dieser Hype für größeren Publikumsandrang sorgt. Dieses Jahr hingegen ist die Konstellation ideal:
«Joker» und «Once Upon a Time in Hollywood» machten schon gut Kasse und können nun auf bessere Blu-ray-Verkäufe hoffen, während die Nazi-Satire «Jojo Rabbit», das Weltkriegsdrama «1917» und die Romanadaption «Little Women» schon demnächst starten und sich so auf vollen Rückenwind aus Pressestimmen und Oscar-Nominierungen verlassen können. Und sollten die drei Filme gut ankommen, könnten sie sich bis zur Verleihung in den Lichtspielhäusern halten, wonach sie womöglich einen erneuten Anschub erhalten. «1917» könnte sich so zum nicht-mehr-ganz-so-überraschenden Überraschungserfolg 2020 in den hiesigen Kinos mausern. Verdient wäre es.
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