"Nun haltet mal alle das Rostrum!" Die Sylter Kripo ermittelt diesmal zwischen verbohrten Nacktdemonstranten und griesgrämigen Taxifahrern. Über einen beliebigen Grau-in-Grau-Film.
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Peter Heinrich Brix als Carl Sievers
Julia Brendler als Ina Behrendsen
Oliver Wnuk als Hinnerk Feldmann
Angela Roy als Lara Fischer
Oliver Stokowski als Franz Fischer
Juliane Köhler als Bea Fendler
Anna-Lena Schwing als Lena Texter
Hinter der Kamera:
Produktion: Network Movie Film- und Fernsehproduktion GmbH
Drehbuch und Regie: Berno Kürten
Kamera: Meinolf Schmitz
Produzenten: Jutta Lieck-Klenke und Dietrich Kluge Das Schicksal ist grausam, in der neuen Folge von «Nord Nord Mord»: Da hat sich Polizistin Ina Behrendsen (Julia Brendler), etwas übertrieben liebenswürdig geführt wie eh und je, endlich mal in einen annehmbaren Typen verliebt, schon wird selbiger am winterlichen Nordseestrand mithilfe eines rostigen Wagenhebers brutal gemeuchelt, während sie gerade fröhlich um ein paar Leuchttürme joggt. Das Mordwerkzeug wird später bei einem Haufen nackter junger Erwachsener gefunden, die in den Sanddünen kampieren und damit die knuffige ortstypische Fauna vor dem Keulen bewahren möchten. Dass das verboten ist, trägt Hinnerk Feldmann (Oliver Wnuk) zwar gewohnt beflissen vor, was aber nur als Steilvorlage dient, um die aufmüpfigen Nackten ihre abstrakten politischen Vorstellungen dialogisieren zu lassen: „Gezielte Regelbrechung ist Teil des subversiven Kampfes für den Schutz der Seehunde. Wir bleiben so lange nackt wie die Robben, bis diese von den Freizeitfaschisten in Ruhe gelassen werden.“ Ja, genau so spricht man in dieser Reihe.
Nicht nur die trauernde Ina kann dieses altkluge Geschwafel bald nicht mehr ertragen. Anders als sie können wir Zuschauer die nervtötende nackte Bande aber nicht in den Würgegriff nehmen – womit das so altbackene wie beliebte Fernsehkrimimotiv „Geliebte des Mordopfers ermittelt natürlich mit“ etabliert wäre. Dass sie dabei hin und wieder emotional ein bisschen durchdreht, wird vom gutväterlichen Chef Sievers (Peter Heinrich Brix) natürlich umgehend als „verständlich“ eingeordnet, gefolgt von der Sorge, „Kiel“ könne von dieser aberwitzigen Situation etwas erfahren. „Und keine Alleingänge – sonst stelle ich Sie unter Hausarrest!“
Während der kumpelige Feldmann nun in Richtung seiner trauernden Kollegin abwechselnd säfteln und sie umsorgen darf, nimmt das Team das Privatleben des Verblichenen unter die Lupe. Erste Ergebnisse: Die militanten Nacktdemonstranten wollten ihm wegen allgemeiner Seehundvergehen ans Leder. Weil er die Taxifahrer-Dynastie nicht fortführen wollte, hatten seine Eltern ihn verstoßen und die ganze familiäre Aufmerksamkeit seinem Bruder zukommen lassen („Der fährt. Das is’n guter Junge.“). Und seinen Lebensunterhalt hatte er weitgehend durch Spenden älterer Frauen finanziert, denen er dafür die ein oder andere sexuelle Gefälligkeit erwies.
Kurzum: Zustände, die man früher nicht einmal bei Fassbinder gefunden hätte, müssen hier als Grundlage für einen humorigen Wohlfühlkrimi herhalten, der seine komödiantische Brechung ausschließlich in der übertriebenen Persiflage sucht, und bei der Ausstaffierung seiner Charaktere nicht über ein paar plakative Stichpunkte hinauskommt: gutbürgerliche, altkluge Umweltdemonstranten, die die Privilegien ihrer eigenen Bürgerlichkeit nicht erkennen; raffgierige alte Frauen, die sich patente junge Männer in sexueller Abhängigkeit halten; und etwas naive Polizistinnen, die nach dem Glauben an das Gute im Menschen schon wieder schwer enttäuscht wurden – eine Enttäuschung, die sie leider mit dem Kritiker gemein haben.
Das ZDF zeigt «Nord Nord Mord – Sievers und die tödliche Liebe» am Montag, den 13. Januar um 20.15 Uhr.
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