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Die Kritiker: «Alte Bande»

Obwohl mit Mario Adorf und Tilo Prückner prominent besetzt, mutiert die Komödie über zwei in die Jahre gekommene Gauner schnell zur Gerontenklamotte.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Mario Adorf als Boxer
Tilo Prückner als Wallberg
Hermann Beyer als Henne
Frank Trunz als Rolf
Jochen Stern als Emilio
Manfred Böll als Achim
Denis Schmidt als Freddie

Hinter der Kamera:
Produktion: Elsany & Neary Media GmbH
Drehbuch: Simon X. Rost und Constantin Lieb
Regie: Dirk Kummer
Kamera: Andrès Marder
Produzentin: Anita Elsani
Irgendwann muss man der Tatsache ins Auge sehen, dass man nicht mehr der Jüngste ist. Als Arbeitnehmer verabschiedet man sich dann in den Ruhestand, als Politiker heuert man – je nach ideologischer Couleur – bei der Bahn oder bei Gazprom an, und als Knacki steht eben die Verlegung vom Regelvollzug in eine „Lebensälterenabteilung“ an, eine krude Mischung aus Justizvollzugsanstalt und Pflegeheim.

Boxer (Mario Adorf), der nach mehreren verunglückten Banküberfällen und Juwelenrauben schon seit Jahrzehnten hinter schwedischen Gardinen sitzt und in seiner Stamm-JVA zum unangefochtenen King aufgestiegen ist, wollte diesen schmerzhaften Moment in seiner langen, langen kriminellen Karriere mit allen Mitteln hinauszögern. Doch das Urteil ist gefallen und der alte Cowboy muss sich dem Umzug in die geriatrische Endstation fügen. Dort geht alles ein bisschen lockerer zu, denn den meisten der schweren Jungs ist schon lange die Kontinenz, der Verstand, die Sinneskraft oder alles zusammen abhanden gekommen.

Andere, denen das Alzheimer noch nicht völlig das Hirn zerfressen hat, genießen die letzten Jahre zwischen Antipsychotika und attraktiven Pflegerinnen: So wie Boxers alter Bandenkollege Wallberg (Tilo Prückner), mit dem er noch eine Rechnung offen hat – und einen Anreiz zur Kooperation. Denn draußen warten immer noch die millionenschweren Juwelen, deren Aufenthaltsort die Behörden bis heute nicht ermittelt haben. Doch die beiden Knastbrüder können den alten Schatz nur gemeinsam mit ihrem damaligen Komplizen heben, der aus Mangel an Beweisen auf freiem Fuß bleiben durfte. Also müssen die schweren Jungs auf ihre alten Tage noch mal raus aus ihrer letzten Zelle, um doch noch die Früchte ihrer Verbrecherkarriere zu ernten.

Von da an irrt das Drehbuch so ziellos umher wie ein dementer Pflegeheimbewohner: Erst nach einem Drittel der Filmlaufzeit sind so etwas Ähnliches wie ein Plot und ein halbwegs emotionales Ziel für die Hauptfigur erkennbar: Boxer erfährt, dass seine alte Flamme aus den wilden Bankräuberzeiten eine erwachsene Tochter hat, die gut möglich sein Kind sein könnte. Aber auch diese Idee kann die wenig einfallsreiche Erzählung nicht mehr retten. Stattdessen stehen – einmal in Freiheit – zähe Bowlingabende zu David Bowies „Heroes“ an, und unschöne Auseinandersetzungen mit einem alten Bekannten aus dem Zuhältermilieu. Robert De Niro könnte da auch in seinen Rollen als altes Schlachtross nur müde lächeln – und dieser lauen Geronten-Truppe spielend vorführen, was es heißt, in Würde zu altern.

Das Erste zeigt «Alte Bande» am Mittwoch, den 8. Januar um 20.15 Uhr.
07.01.2020 11:20 Uhr Kurz-URL: qmde.de/114834
Julian Miller

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Alte Bande

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