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Eisberg umschifft: Das Silbereisen-«Traumschiff»

Mit Spannung und Häme erwartet: Florian Silbereisen löst Sascha Hehn auf dem Traumschiff ab und straft alle Kritiker Lügen, die ihn bereits im Vorfeld abgeschrieben hatten.

Machen wir uns nichts vor: «Das Traumschiff» erfindet sich auch zu Weihnachten 2019 nicht komplett neu und schwelgt sowohl in bekannten Stärken wie es auch berüchtigte Schwächen offenbart. Doch ist dieser Mix eben auch Teil des Erfolgsrezepts. Die viel spannendere Frage war ohnehin, wie die Ankunft von Florian Silbereisen in der Rolle des Kapitäns Max Parger die Gemengelange verändern würde. Die simple Antwort lautet: kaum.

Der Abgang


Grund für den Wechsel auf der Kommandobrücke war der etwas unerwartete Abschied vom beliebten Sascha Hehn in der Rolle des Kapitäns Viktor Burger. Bereits in der Osterfolge 2019 hatte das ZDF ihn ohne eine angemessene Abschiedsfolge durch den auf die Schnelle integrierten Staff-Kapitän Martin Grimm (Daniel Morgenroth) vertreten lassen. Keine Frage: Der Sender hatte auf Zeit gespielt und abgewartet, welche große Lösung man von der vakanten Position würde überzeugen können.

Als klar wurde, dass kein Geringerer als Florian Silbereisen die Nachfolge des einstigen Vorzeigekapitäns antreten würde, rückten sofort mehrere Fragen in den Mittelpunkt des Interesses: Wäre der Neue überhaupt in der Lage, die schauspielerische Last auf seinen schmalen Schultern zu tragen? Würde er nicht zu jung in einer Rolle wirken, die zuvor immer die Ü50-Fraktion für sich gebucht hatte? Und kam am Ende mehr dabei heraus als ein reiner PR-Stunt?

Die Ankunft


Ob es gewollte Selbstinszenierung oder ein Einfall der Produktion war, spielt letztlich keine Rolle. Doch betritt Silbereisen die Traumschiff-Welt im Stile eines Rockstars, wie ein deutscher Tom Cruise aus dem legendären Filmepos «Top Gun». Tätowiert, oberarmfrei, mit viel zu großer Sonnenbrille und einer weltmännischen Lässigkeit stolziert er seiner ersten Reise entgegen, nur um kurz darauf in der Abgeschiedenheit seines Quartiers feierlich die Uniform anzulegen. Wer es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstanden hatte, lernt es eben auf die plakative Tour: Dieses Format ist ab sofort arschcool!

Die Machart


Und wirklich: Etwas ist anders in der blitzsauberen Kreuzfahrerwelt. Silbereisens Parger steuert das Schiff zu bedrohlicher Musik durch gefährliche Untiefen, ungewohnte Kamerafahrten lassen eher an Camerons «Titanic» als eine öffentlich-rechtliche Produktion denken, ein älterer Passagier spricht offen über seine Prostata und obendrauf serviert man uns noch ein cooles und sympathisches homosexuelles Paar, das sogar Vaterfreuden erleben darf. In Zeiten von Netflix, HBO, Hulu und Amazon ist das zwar keine Breaking News mehr wert, für bekennende ZDF-Konsumenten aber doch ein wenig aufrüttelnd. Der Effekt des Ganzen ist dann auch eine etwas modernere Machart, die sich um die Person des Max Parger rankt und die Produktion einige Jahre näher an die Seriengegenwart holt.

Insgesamt gefällt die ganze Episode mit einer gefälligen, charmanten Handlung, einigen netten Gedanken zu verschiedenen Themen, Humor und Esprit. Auch wenn es nicht zum großen Wurf reicht, kann man den Machern in Sachen Unterhaltungsfaktor an dieser Stelle kaum etwas vorwerfen.


Die Gesichter


Florian Silbereisen gelingt es dabei, seinen Max Parger direkt lebensnah zu spielen und uns vergessen zu lassen, dass ihm das Rüstzeug eines Schauspielers eigentlich fehlt. Seine Szenen sind nie hölzern, sondern bewegen sich zwischen akzeptablem und guten Niveau. Wie so oft spürt man dabei aber auch, an welchen Stellen die Dialoge zu schwach geschrieben waren, um ein besseres Ergebnis zutage zu fördern. Dieses Problem trifft aber wie gewohnt auch alle anderen Protagonisten.

Insbesondere Daniel Morgenroth hat zu Beginn der Folge schwer mit seiner Figur zu kämpfen, die plumper als nötig den grantelnden, übellaunigen Miesepeter geben muss und dabei zunächst keinen guten Satz an die Hand bekommt. Die Autoren machen es den Darstellerinnen und Darstellern oft wirklich nicht leicht. Erst als man seinen Martin Grimm im Verlauf der Handlung emotional runterbremst, angemessen einsetzt und die Figur als väterlichen Gegenpol zum coolen Jung-Kapitän Parger positioniert, kann Morgenroth wiederholt glänzen. Dabei fällt auf, dass viele seiner Dialoge passgenau für Sascha Hehn geschrieben zu sein scheinen. Dass Morgenroth die nötige Präsenz mitbringt, um diesen Part ebenfalls auszufüllen, ist ein Glück für die Macher. Somit teilt man die vielfältigen Stärken Hehns und dessen Figur nunmehr auf zwei Charaktere auf, was nur noch einmal den herben Verlust verdeutlicht, den «Das Traumschiff» durch den viel zu frühen Abgang des Wahl-Bayern erlitten hat.

Kreuzfahrtdirektor Schifferle alias Harald Schmidt, auch gerne mal Opfer suboptimaler Texte, erfreut dafür diesmal gleich mit diversen sympathischen Auftritten, die er souverän herunterspielt. Gleiches gilt für Nick Wilder als Doc Sander und Barbara Wussow als Hanna Liebhold, die beide mit dem gebotenen Material überzeugend arbeiten. Wilder darf sogar erneut sein musikalisches Talent zur Schau stellen. Mehr davon!

In Sachen Gastdarsteller gibt es zudem gleich einige Prominenz anzusprechen: Uschi Glas glänzt bei ihrem erst zweiten Auftritt (seit Episode 13) mit rustikalem Witz und Charme. An ihrer Seite gefällt Michael Gwisdek mit vielen guten One-Linern. Zusammen bilden sie ein Dreamteam, in dem sicher viele Zuschauer ihre eigenen Eltern wiedererkennen dürften. Sarah Lombardi gefällt in der Rolle des singenden Zimmermädchens, wird jedoch insgesamt zu wenig eingesetzt. Gleiches gilt für Joko Winterscheidt, der jedoch immerhin alles aus dem Material herausholt, sein komödiantisches Talent zeigen darf und somit positiv überrascht.

Die Story


Größtes Sorgenkind der Produktion war und bleibt jedoch das Drehbuch. So weltoffen und fluffig alles daherkommen mag, kann man auch wie so oft eine dramaturgische Unausgewogenheit erkennen, die bei einer sorgfältigeren Ausarbeitung der verschiedenen Teile vermeidbar gewesen wäre. Sowohl die Liebelei von Hanna Liebhold als auch die Geschichte um das amüsante Rentnerpaar erhalten viel zu viel Sendezeit und entwickeln dadurch schnell Redundanz. Dafür gelingt es auf der anderen Seite nicht, aus der Wilder/Lombardi-Geschichte sowie dem Bruderkonflikt der Pargers ausreichend Tiefe herauszuholen.

Auch in Sachen Handlungsführung und Schnitt ging bei der Geschichte um die Sangeskünste des Zimmermädchens etwas daneben. Zwar hört Doc Sander die junge Frau in einer frühen Szene singen und probt ohne irgendeine weitere Überleitung später mit ihr in der Krankenstation, weiß dann aber nur kurz darauf offenbar nichts mehr davon, als Schifferle ihm von einem Ausfall im Bordprogramm berichtet. Zum Schluss schubst er die junge Frau dann auf die Bühne. Ende gut, alles gut. Hätte man sich hier die Mühe von ein, zwei weiteren Szenen und einer anderen Sortierung gemacht, wäre eine rundere Sache daraus geworden. So bleibt alles nur Stückwerk ohne großen Eindruck auf den Zuschauer. Positiv ist jedoch das sehr schöne Duett der beiden zu werten.

In Sachen der Pargers wären ebenfalls ein paar Einblicke in deren Kindheit, Jugend oder überhaupt das vorhandene Konfliktpotenzial erfreulich gewesen. Alles rauscht zu schnell und gehaltlos vorbei und löst sich derart nichtssagend auf, dass am Ende nur das Prädikat „nett“ übrig bleibt.

Schade: Den Machern fehlt weiterhin der Mut zu mehr Sorgfalt im Aufbau ihrer Geschichten und besseren Charakterisierungen ihre Figuren. Es bleibt viel Luft nach oben.

Das Urteil


Die Katastrophe ist ausgeblieben, der Eisberg wurde umschifft. Florian Silbereisen überzeugt in seinem ersten Auftritt als Kapitän mit abgeklärter Coolness und spielt seinen Part souverän herunter. Dass man Daniel Morgenroth überdies als Ersatz-Burger inszeniert, hilft dem Gesamtbild und bringt eine neue Dynamik in die Kommandozentrale. Dazu erleben wir kurzweilige Geschichten, denen wie so oft zwar die Tiefe fehlt, die das Herz jedoch am rechten Fleck haben. Und obwohl Sascha Hehn durch die neuen Chefs auf der Brücke nicht so schnell zu ersetzen sein wird, ist die Zukunft des Formats für den Moment doch in (vier) guten Händen.

«Das Traumschiff» läuft am 26. Dezember 2019 nach Antigua aus (20.15 Uhr im ZDF) und am Neujahrstag nach Kolumbien (ebenfalls 20.15 Uhr im ZDF). Danach geht es wie gewohnt mit einer Osterfolge weiter. Dann geht es nach Marokko.
25.12.2019 10:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/114624
Björn Sülter

super
schade

71 %
29 %

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Tags

Das Traumschiff Top Gun Titanic

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Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
Familie Tschiep
27.12.2019 12:33 Uhr 1
Sie sollten bitte sich mehr Zeit für die Dialoge lassen, denn sie sind das Problem der Serie.
Sentinel2003
28.12.2019 17:12 Uhr 2
Ich will ja nix sagen, aber duch seine Schlager - Sendungen in der ARD hat Silbereisen bestimmt massig Fans, die ihm dann beim "Traumschiff" zugesehen haben....diese gute Quote ist für mich keine Überrschung!
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