Für alle, deren Rente nicht zum Leben reicht, wartet der Weihnachts-«Tatort» mit einer pfiffigen Idee auf: Warum ins Heim nach Polen, wenn's in Afrika Drogen und schöne Frauen gibt?
Cast & Crew
Vor der Kamera:
Udo Wachtveitl als Franz Leitmayr
Miroslav Nemec als Ivo Batic
Ferdinand Hofer als Kalli Habermann
Stefan Betz als Ritschy Semmler
Jürg Löw als Jakob Broch
Robert Joseph Bartl als Dr. Matthias Steinbrecher
Monika Lennartz als Inge Mathes
Hinter der Kamera:
Produktion: Roxy Film GmbH
Drehbuch und Regie: Rupert Henning
Kamera: Josef Mittendorfer
Produzenten: Annie Brunner, Andreas Richter und Ursula WoernerArme deutsche Rentner müssen nach Bulgarien ziehen, weil sie in Baden-
Württemberg die Miete nicht mehr bezahlen können. Pflegebedürftige werden nach Kroatien, die Slowakei und Thailand abgeschoben, weil kaum jemand vierstellige Beträge an maßlos unterbesetzte Einrichtungen bezahlen will, die die Alten und Kranken aus Mangel an therapeutischen Alternativen stundenlang in ihren Exkrementen liegen lassen. Und Flaschensammeln scheint in der Bundesrepublik ohnehin zu einem geriatrischen Volkssport geworden zu sein.
Dabei gibt es für die Omas und Opas in unserem Land so viele Möglichkeiten, um an Geld zu kommen. Glücklicherweise stellt ihnen der diesjährige Weihnachts-«Tatort» eine bislang wenig genutzte darunter vor: unter dem Deckmantel einer NGO Drogen und Bargeld zwischen Kenia und Deutschland schmuggeln.
Das geht natürlich nur so lange gut, bis die boarischen Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl), die bis zu ihrer Anschlussverwendung in der Altersarmut ja auch nicht mehr lange haben, auf den Plan gerufen werden, als einer der NGO-Mitarbeiter in München tot aus einem Wagen gezerrt wird. Wenig später enthüllen die Überwachungskameras, wie eine panische Afrikanerin kurz zuvor hektisch aus dem Fahrzeug geflohen war – und das, obwohl erste Ermittlungen ergeben, dass der Verblichene „net so der G’spusi-Typ“ war.
Glücklicherweise hatte der Gerichtsmediziner als junger Arzt mal ein Techtelmechtel mit einem Kollegen aus der Tropenmedizin, sonst wäre er auf die Todesursache wohl nie gekommen (wie sich dieser «Tatort» auch sonst sehr bemüht, mit ein paar gestelzten Erklärungssätzen sogar den abstruseren Ereignisketten noch etwas Plausibilität abzuringen): Der NGO-Typ war mit einem Wolfsmilchskraut ermordet worden, das die STASI über Umwege immer aus dem kommunistischen Bruderstaat Angola importierte und damit ihre Feinde liquidierte. Von der afrikanischen Westküste ist es in den kenianischen Kibera-Slum (dankenswerterweise wird uns dazu sogar noch die Etymologie erläutert) zwar ein weiter Weg, doch Afrika bleibt bei „One Way Ticket“ eben Afrika – und zumindest, wenn eine strahlende schwarze Frau am schönen wilden Strand die Sehnsuchtsfantasie eines deutschen Lustgreises gibt, ist die Grenze zur unappetitlichen neokolonialistischen Darstellung überschritten.
Dafür macht Franz Leitmayr den deutschen Armutsrentnern dampf, deren Schwarzgeld- und Drogengeschäfte schon lange aufgeflogen sind: „Man kann nicht die eigene Bedürfnislage zum Maßstab jeglicher Moral machen“, dröhnt aus ihm das abstrakte ethische Fazit, dessen universitär-moralphilosophischer Duktus für den Verhörstil eines gestandenen Münchener Kommissars eher untypisch klingt. Flaschensammeln hat als alternative Einkommensquelle außerdem den Vorteil, dass man nicht in einer abgefuckten Drölfzigpersonenzelle im schwül-heißen Nairobi abgestochen wird, wovon so mancher «Tatort»-Rentner mittlerweile ein Lied singen kann. Und auch Osteuropa hat doch schöne Ecken für ein Rentnerdasein am Existenzminimum.
Das Erste zeigt «Tatort – One Way Ticket» am Donnerstag, den 26. Dezember um 20.15 Uhr.
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