Mehr als Polizistensohn: Was Böhmermann politisch bewegte
Am 12. Dezember 2019 endet das «Neo Magazin Royale». Vier Jahre sorgten bildundtonfabrik und Jan Böhmermann auch für viel Gesprächsstoff.
Über 180 Sendungen präsentierte Jan Böhmermann nun das «Neo Magazin» bei ZDFneo und seit 2015 das «Neo Magazin Royale» beim Digitalsender und beim ZDF. Nach vier Jahren ist Schluss – zumindest vorerst. Im Herbst 2020 startet die bildundtonfabrik eine neue wöchentliche Show mit Jan Böhmermann, die zwar einen neuen Namen bekommt, aber der Sendung ähnlich sein soll. Quotenmeter stellt die fünf größten politischen Themen von Jan Böhmermann vor.
#varoufake
Im März 2015 sorgte Böhmermann und seine bildundtonfabrik für einen echten Coup. Die gleichnamige Talkshow von Günther Jauch fischte ein Video aus dem Internet heraus, in dem der damalige griechische Finanzminister Yanis Varoufakis den Mittelfinger in die Kamera zeigte, als er zeitgleich über Deutschland sprach. Das «Neo Magazin Royale» sorgte für Verwirrung, weil Akteure behaupten, den Mittelfinger selbst hergestellt zu haben. In Wahrheit war allerdings die Aufnahme echt – aber der Plan ging auf: Tageszeitungen beschäftigten sich mit dem Thema. Die Idee dahinter war denkbar einfach: Redaktionen von «Günther Jauch» & Co. sollen fragwürdige Quellen prüfen und Videos nicht einfach als Realität darstellen.
Böhmermann-Affäre
Nachdem das türkische Außenministerium den deutschen Botschafter einbestellte, weil die Satiresendung «extra 3» ein Lied über den Präsidenten Erdogan veröffentlichte, nahm sich die bildundtonfabrik mit der Lösch-Forderung der türkischen Regierung an. Im Rahmen eines Stückes stellten Jan Böhmermann und Sidekick Ralf Kabelka am 31. März 2016 vor, was man im deutschen Fernsehen sagen dürfe und was nicht. In diesen Zusammengang wurde auch das Schmähgedicht vorgetragen, das mit den Worten „Sackdoof, feige und verklemmt“ beginnt.
Infolgedessen beschwerte sich nicht nur die türkische Regierung über die Äußerungen des ZDF-Moderators, das ZDF löschte den Teil aus der Mediathek, der türkische Staatspräsident stellte Strafanzeige wegen Beleidigung und die Bundeskanzlerin erteilte das offizielle Go für die Ermittlung wegen Präsidentenbeleidigung ausländischer Staatsoberhäupter. Dieser Paragraph wurde inzwischen vom Deutschen Bundestag gestrichen.
Auch hier ging der Plan der Redaktion voll auf: Man schaffte es zwar in die internationalen Medien, aber Böhmermann musste zeitweise unter Polizeischutz leben. Schlussendlich wurde der Regierungsstil der Großen Koalition unter Angela Merkel aber bemängelt, von einem ausländischen Despoten als Marionette benutzt zu werden. Erdogan könne in seinem Land machen, was er wolle, solange er nur den Flüchtlingsstrom aus dem Nahen Osten aufnehme.
Das Paketprekariat
Die Deutsche Post hat 2015 ihre Paketzusteller gekündigt und diese in 49 neuen Regionalgesellschaften angestellt. Obwohl die Mitarbeiter der Deutschen Post und DHL Delivery die selben Arbeiten verrichteten, waren die Mitarbeiter der neuen Tochterfirmen Mitarbeiter zweiter Klasse. Viele Jahre geschah nichts mehr – bis sich das «Neo Magazin Royale» dem Thema annahm. Das Thema, das im November 2018 auf den Tisch kam, führte zu erneuten Schlagzeilen in der Presse. Schließlich beendete die Post die Zwei-Klassen-Gesellschaft im Frühjahr 2019.
Homöopathie
Zur Sommerpause 2019 stand das Thema Homöopathie im Mittelpunkt. Böhmermann machte sich darüber lustig, dass das Thema von Vielen nicht angefasst wird, weil das Wort zu kompliziert zum Schreiben sei. In einem fast 25 Minuten Clip beschäftigte man sich auf humoristische Weise mit der umstrittenen Behandlung und dem Verdünnen von angeblichen Wirkstoffen. Außerdem stellte man klar, dass es einen Unterschied zwischen Naturheilkunde und Homöopathie gibt. Inzwischen hat sich auch die Politik mit dem Thema beschäftigt und vereinzelt gibt es erste Initiativen, die Bezahlung von diesen „Medikamenten“ von Krankenkassen auszuschließen.
Die Hohenzollern
Im November 2019 brachte Böhmermanns Team ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte hervor. Jan Böhmermann beschäftigte sich mit der Familie des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., dessen Nachkomme Georg Friedrich Prinz von Preußen mit dem Bund um die Rückgabe respektive Entschädigung für Kunstwerke und Schlösser verhandelt. Neben einer ausführlichen Besprechung über die Familie, die auch mit dem Nationalsozialismus liebäugelte, und sich gegen die jüdische Bevölkerung einsetzte, wurden auch vier vertrauliche Gutachten veröffentlicht, aus denen hervorgeht, welche Rolle die Hohenzollern in der NS-Zeit spielten.
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