Der Comedian und «Standup 3000»-Moderator spricht über Verantwortung in der Comedy, Gags, die er fallen lässt und Zukunftsüberlegungen.
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Jetzt in der vierten Staffel, ist das Studiopublikum viel empfänglicher und begeisterungsfähiger, was wir sicher auch der starken YouTube-Präsenz zu verdanken haben, die sich die Sendung aufgebaut hat.
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Maxi Gstettenbauer über «Standup 3000»
Seit vier Staffeln präsentiert Maxi Gstettenbauer auf dem Spartensender Comedy Central die Comedyshow «Standup 3000», deren Konzept denkbar schnell erklärt ist: In jeder Ausgabe treten drei Comedians auf und liefern ein Standup ab – umrahmt von Gstettenbauers ebenfalls gewitzten Moderationen. "Mixed Show" oder auch "Mixed Comedyshow" nennt man dieses Konzept, das auch «NightWash» und der «Quatsch Comedy Club» verfolgen. Dass sich ein neues Format in dieser Programmfarbe durchsetzt, ist mittlerweile selten geworden – Gstettenbauer weiß es daher sehr zu schätzen, dass sich «Standup 3000» sein Publikum erarbeiten konnte.
Wie er Quotenmeter.de verrät, kommt hinter den Kulissen niemand in Versuchung, etwas kaputt zu reparieren: "Wenn man sich in der Vergangenheit ein bisschen umguckt: Wenn Leute versuchen, Mixed Comedyshows durch andere Ideen aufzupeppen, ist das oft störend – jedenfalls empfand ich das immer so. «Standup 3000» ist daher eine pure Stand-up-Comedyshow, und das soll sie auch bleiben." Neue Gimmicks gibt es in Staffel vier der Show also nicht zu sehen. Und dennoch hat sich seit dem Showstart im März 2018 was verändert – die Atmosphäre im Studio! "In den ersten beiden Staffeln, musste das Publikum noch gucken", erinnert sich Gstettenbauer. "Was ist das für eine Show? Und wer sind diese Comedians eigentlich, die da auftreten?", fasst er die Publikumsgedanken zusammen. "Aber jetzt in der vierten Staffel, ist das Studiopublikum viel empfänglicher und begeisterungsfähiger, was wir sicher auch der starken YouTube-Präsenz zu verdanken haben, die sich die Sendung aufgebaut hat."
Was das Erfolgsgeheimnis hinter «Standup 3000» ist? Gstettenbauer lässt sich zu keiner klaren Vermutung treiben – dafür ist er zu bescheiden. Wenn er mit einem über seine seine Projekte spricht und über seine Sicht auf das Comedygewerbe generell, betont er immer wieder, dass er nur aus seiner Perspektive sprechen kann und niemals eine allgemeingültige Aussage geben könnte. Nun gut, was mag
er denn an «Standup 3000»? "Wir versuchen, das Artifizielle aus der Comedy zu nehmen. Wir wollen so wenig wie möglich schneiden", sagt er. Der 31-Jährige räumt ein: "Man muss schneiden, wenn man Stand-up von der Bühne ins Fernsehen überträgt – das ist einfach ein Stimmungsding. Aber wir wollen nur in den nötigsten Augenblicken schneiden. Wir wollen die authentischsten, lebendigsten Auftritte haben, die uns möglich sind."
Dass «Standup 3000» solch eine Stimmung erreicht, habe die Sendung nicht zuletzt ihrer Location zu verdanken: "Sie ist sehr unmittelbar, aber trotzdem hat sie eine Arena-Anordnung, wo sich die Publikumsreaktion ballen kann. Das bedeutet, dass die Comedians bei uns anders spielen", erklärt Gstettenbauer. Und auch hier betont Gstettenbauer: "Nicht besser oder schlechter, aber ihre Auftritte haben in «Standup 3000» eine eigene Energie, die ich sehr schätze." Im Gegensatz zu einigen anderen Comedians spricht Gstettenbauer auch ganz uneitel darüber, dass er sich beim Texten helfen lässt: "Jede Staffel ist schon eine Herausforderung, was die Texte angeht. Ich flechte manchmal Sachen aus meinen Programmen ein, jedoch versuche ich das, so gut es geht zu vermeiden, um mein Programm nicht so zu verballern. Also wandle ich Dinge ab oder schreibe ganz neue Sachen. Für «Standup 3000» habe ich den Damir Brkan als Autor, was mir sehr hilft."
Der Prozess von Gstettenbauer und Brkan sieht so aus, dass sich der Comedian Brkans Ideen durchliest und davon beflügeln lässt: "Darin finde ich oft einen Absatz oder auch nur einen Satz, der mich anspringt, und aus der Inspiration heraus schreibe ich meine Moderationen. Es ist mir sehr wichtig, diesen Spielpartner zu haben. Pro Staffel sind es 40 Moderationen, die alle witzig und auf den Punkt sein sollen – das schüttle ich nicht allein so aus dem Ärmel." Formschwankungen seien da unvermeidlich: "Und dennoch kann es noch immer passieren, dass mal bei einer Aufzeichnung die Sachen nicht so klappen. Du bist vielleicht eine Sekunde daneben oder deine Ideen finden einfach nicht den Weg zum Publikum. Wenn du alleine auftrittst, ist das kein so großes Problem, du schluckst das einfach oder versuchst, im Laufe des Abends was zu retten. Als Gastgeber ist das anders, da kannst du dich nicht so nach vorne drängen, sondern musst für deine Gäste eine super Stimmung erzeugen, ohne alles auf dich zu lenken – das ist sehr diffizil."
Angesprochen auf die große Vielfalt an Perspektiven, die die «Standup 3000»-Comedians mitbringen, verrät Gstettenbauer, dass die Gästeliste das Ergebnis von Teamwork ist. Comedy Central, die Produktionsfirma Banijay und er stellen sie zusammen, wobei er nur ganz wenig intervenieren müsse. "Die haben ein sehr gutes Händchen, wen die besetzen", lobt Gstettenbauer die Verantwortlichen. "Wenn ich Leute bei Gigs sehe, denen ich ein Set in unserer Sendung zutraue, schlage ich sie vor – sonst vertraue ich da ganz auf Sender und Produktionsfirma." Den Grundstein für die divers gestaltete Gästeliste habe einst Daniela Meyer gelegt: "Sie ist jetzt nicht mehr dabei, aber sie hat den Weg dafür geebnet, was die Sendung bedeutet, was sie repräsentieren will: Sie hat sich in die Clubs rein gesetzt und nach tollen Comedians gesucht, die bunt sind, die auffallen, die eine ganz eigene Perspektive mitbringen." Gstettenbauers Stimme füllt sich mit Stolz auf seine Sendung: "Das ist aufregend, das stellt die Comedyszene in Deutschland getreuer dar, das sorgt für eine spannendere Sendung. So entstand ein Line-up, dem wir seither treu bleiben wollen."
Was ist schon ein Fehltritt?
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Ich glaube, Karrierefehltritte passieren dir unvermeidlich. Da kannst du so viel nachdenken und rechtfertigen, wie du willst.
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Maxi Gstettenbauer
Im Gespräch mit Gstettenbauer wird schnell klar, dass er sich stets genau darüber im Klaren ist, was er sagen will und wofür er stehen möchte. Dass er spricht wie gedruckt, habe auch einen klaren (sowie sympathischen) Grund: "Ich mach mir sehr viele Gedanken um die Sachen, die ich mache. Ich muss es ja auch mir selber gegenüber rechtfertigen können. Daher nehme ich mir stets sehr viel Zeit, über meine nächsten Schritte nachzudenken – bis meine Überlegungen druckreif sind." Die These, dass sich so Fehler vermeiden ließen, würde er aber nicht unterschreiben: "Ich glaube, Karrierefehltritte passieren dir unvermeidlich. Da kannst du so viel nachdenken und rechtfertigen, wie du willst. Ich bin von der Überzeugung: Sobald ein Auftritt beginnt, sobald eine Sendung gezeigt wird, ist das alles außerhalb deiner Kontrolle"
Generell tut sich Gstettenbauer aber schwer, Karriereschritte einfach so in 'gelungen' und 'misslungen' einzuteilen. Er geht da nuancierter heran: "Ob etwas ein Fehltritt ist, lässt sich, wenn man mit einer ausdifferenzierten Haltung an seine eigenen Sachen herantritt, gar nicht einmal so leicht beurteilen. Es kann kommerzielle Erfolge geben, die dich aber künstlerisch nicht weiterbringen", hält er fest. Und dann hätte er auch schon das Gegenteil erlebt:
"Etwas scheitert in allen objektiv messbaren Bereichen. Die Quoten sind mies, die Presse und deine Fans bemängeln es berechtigt als veraltete, verstaubte Idee und trotzdem empfindest du es nicht als Fehler." Gstettenbauer hat diese Erfahrung vor drei Jahren beim RTLZWEI-Format «Comedy Clip-Club» gemacht: "Jeder vernünftige Mensch sagt dir, dass eine Clipshow im Jahr 2016 nicht der frischeste Einfall ist. Aber ich bin dankbar für diese Sendung und würde diese Entscheidung niemals rückgängig machen, selbst wenn ich könnte – denn ich habe dadurch wertvolle Moderationserfahrung gesammelt. Egal, was Andere also sagen mögen: Für mich war diese Sendung ein wichtiger Schritt – nicht etwa ein Fehler."
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