Deutsche Literatur, zum filmischen Leben erweckt: Weiter geht's mit «In Zeiten des abnehmenden Lichts».
«In Zeiten des abnehmenden Lichts»
- Kinostart: 1. Juni 2017
- Genre: Tragikomödie
- FSK: o. Al.
- Laufzeit: 101 Min.
- Kamera: Hannes Hubach
- Buch: Wolfgang Kohlhaase
- Regie: Matti Geschonneck
- Darsteller: Bruno Ganz, Sylvester Groth, Alexander Fehling, Angela Winkler, Evgenia Dodina
- OT: In Zeiten des abnehmenden Lichts (DE 2017)
Basierend auf Eugen Ruges Buchvorlage erzählt «In Zeiten des abnehmenden Lichts» oberflächlich von einem Familientreffen, das schief geht. Streit, Kränkungen und Trubel mischen unerwartet den 90. Geburtstag von Wilhelm Powileit (Bruno Ganz) auf, einem linientreuen Mustersozialisten, ehemaligem Heimwerker und Betonkopf, wie er im (Partei-)Buche steht. Mit jedem weiteren vorbeischauendem Familienmitglied, Parteigenossen und singendem Pioniere kriegt der feierliche Anschein mehr und mehr Risse …
Dass Powileits 90. Geburtstag in den Frühherbst 1989 fällt, ist nicht von Zufall: Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase und Regisseur Matti Geschonneck nehmen Ruges bereits sehr metaphorische Vorlage und kreieren einen doppelbödigen Film – an der Oberfläche verkracht sich eine DDR-Familie in den letzten Stunden der deutsch-deutschen Trennung. Auf übertragener Ebene lässt Geschonneck hier Verkörperungen verschiedener Positionen und Länder in der Ost-West-Trennung auf engem Raum aufeinandertreffen.
Da ist der Jubilar, eine mehr dahinsiechende denn noch lebende Verkörperung der DDR (und ihrer Weltsicht aus Grundüngstagen). Da ist die Karikatur von Mütterchen Russland, die wider aller Erwarten diesen Familienzank und sämtliche weitere Widrigkeiten, die dieser Plot für seine Figuren übrig hat, durchsteht. Da haben wir die Bundesrepublik Deutschland, die einst die Situation ihrer anderen Hälfte ignoriert und nun daran arbeitet, das Ende der DDR zu erzielen. Die Ost-Kinder, die die westlichen und kapitalistischen Werte bevorzugen. Die Verkörperung der scheinheiligen SED-Obersten. Und, und, und …
Geschonneck verlangt seinem Publikum durchaus einige Geduld ab, lässt er doch Handlung, Metaphorik und Charakterzeichnung primär in ungehetzten Dialogen zur Geltung kommen. Doch dadurch, dass er und Kohlhaase den mehrere Jahrzehnte überdauernden Montageroman auf einen Tag und seine Bedeutung verdichten, intensivieren sie die Bildlichkeit der Figuren – was sehr viel leise beißenden Humor gestattet, sobald man auf der Wellenlänge des Films angekommen ist.
«In Zeiten des abnehmenden Lichts» ist auf DVD und Blu-ray erschienen und unter anderem auf Amazon, maxdome, iTunes und Google Play abrufbar.
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