Die Verleihung des deutschen Comedypreises wurde in diesem Jahr konzeptionell überarbeitet. Unser Autor war am Abend vor Ort in Köln und fasst die wichtigsten Ereignisse und alle Sieger des Branchenevents zusammen.
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Die Comedypreis-Jury
- Jurypräsident: Hugo Egon Balder
- Jury-Vorsitz: Ralf Günther (Geschäftsführer Köln Comedy GmbH)
- Weitere Mitglieder: Stephan Denzer (Chef der Mainzer Kleinkunstbühne Unterhaus, früher für das ZDF tätig), Tommy Jaud (Schriftsteller und Autor), Phil Laude (Schauspieler und Comedian), Sophie Allet-Coche (Regisseurin) und Sabine de Mardt (Filmproduzentin).
Immer wieder wurde der
«Deutsche Comedypreis» in der Vergangenheit belächelt, geschadet hat es ihm offensichtlich nicht. Zum nunmehr 20. Mal wurde die Auszeichnung am Mittwochabend bei RTL in zwölf Kategorien verliehen. Gleich geblieben ist aber längst nicht alles, pünktlich zum Jubiläum haben die Verantwortlichen das Format überarbeitet. Schuld daran hat womöglich auch die Quote des Vorjahres, schließlich lief es für die letzte Verleihung mit weniger als zwei Millionen Zuschauern und 10,7 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen nicht sonderlich erfolgreich.
Was sofort ins Auge sticht: Während die Titelmusik gleichgeblieben ist, haben die Verantwortlichen dem Comedypreis ein neues und frischeres Logo verpasst. Erstmalig verzichteten die Veranstalter auch auf einen festen Moderator und setzten ähnlich wie bei den großen US-Galas ausschließlich auf wechselnde Laudatoren und Acts. Geschadet hat dies dem Comedypreis nicht, ganz im Gegenteil kam so etwas mehr Abwechslung in die mit drei Stunden doch eher lang geratene Veranstaltung.
Ein Ausrufezeichen setzten die Verantwortlichen mit dem musikalischen Opening, an dem unter anderem Chris Tall und Luke Mockridge beteiligt waren. Letzterer konnte sich eine kleine Anspielung auf seinen Eklat im Fernsehgarten nicht verkneifen, sang und schwebte letztlich sogar an einem Flügel. Der 14-jährige Carl Josef, der im Internet durch einen Auftritt bei «NightWash» bekannt wurde, durfte ohne Nominierung und Preis auftreten. Das hinderte ihn nicht daran, dem Comedypreis eine der schärfsten Spitzen des Abends zu verpassen. „Es ist krass die ganzen Stars hier zu sehen. Manche von Euch kenne ich sogar… aus dem Geschichtsunterricht“, sagte Josef auf der Bühne
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Comedypreis 2019 - Eindrücke vom roten Teppich
Aufhorchen ließ auch die Gästeriege, die mit einigen unerwarteten Gesichtern daherkam. Nico Hofmann, Jan Josef Liefers, Oliver Kalkofe, Thomas Gottschalk und Co gehören definitiv nicht zum „Stamm-Personal“ des Comedypreises. Gerade Gottschalk entpuppte sich dabei als würdiger Laudator für John Cleesse, dem der Preis in der Kategorie „Lebenswerk International“ verliehen wurde. Launig, spontan und gewohnt groß moderierte Gottschalk Cleese an, der mit einer Menge Applaus bedacht wurde - und die Bühne dann doch sehr plötzlich verließ.
Selbst Jan Böhmermann ließ sich am Mittwochabend bei RTL blicken - wobei er den skurrilsten Auftritt auf dem roten Teppich hinlegte. Anstatt persönlich zu erscheinen kommunizierte er mit den Journalisten im Vorfeld der Show via iPad. „Wir vom ZDF, wir leben Innovation“, teilte er den Anwesenden schließlich ebenfalls digital mit, als «Lass Dich überwachen! Die Prism is a Dancer Show» mit dem Innovationspreis ausgezeichnet wurde. Der Comedypreis sei so toll, dass man ihn persönlich erlebt haben müsse, bekundete er gewohnt selbstironisch.
Auf Seiten der Gewinner gab es unterdessen wenige Überraschungen. Der Preis für den erfolgreichsten Live-Act ging wie in den Vorjahren an Luke Mockridge, der wieder die meisten Tickets für seine Shows verkaufen konnte. In seiner Laudatio bedankte er sich gesondert dafür, dass er neben Thomas Gottschalk sitzen durfte. Später in der Sendung wurde er auch als bester Komiker ausgezeichnet und löste damit Carolin Kebekus ab, die zuletzt das Sieger-Abo in dieser Kategorie hatte. Dass der Hape-Kerkeling-Film
«Der Junge muss an die frische Luft» den Preis für die erfolgreichste Kinokomödie erhielt und
«Pastewka» mit dem Sonderpreis geehrt wurde, war schon im Vorfeld bekannt geworden. Chris Tall nutze die Live-Situation wie im Vorjahr aus und spielte das „Penis-Spiel“ mit sich selbst.
Als beste Satire-Show setzte sich etwas überraschend
«Mitternachtsspitzen» im WDR gegen
«Kalkofes Mattscheibe» und Oliver Welkes
«heute-show» durch. Als gelungen darf dabei die Laudatio von Annette und Caroline Frier bezeichnet werden, die entsprechende Hasskommentare zu den jeweiligen Nominierten aus den sozialen Netzwerken vorlasen - eine gute Herangehensweise für die Kategorie Satire. Neben dem WDR darf sich auch 3sat freuen, das mit dem Bühnenprogramm von Olaf Schubert den Preis als bestes TV-Soloprogramm einheimste. Eine Überraschung bescherten die Veranstalter Özcan Cosar, der als bester Newcomer geehrt wurde.
Fazit: Die konzeptionellen Veränderungen haben dem Comedypreis gut getan, er kam in diesem Jahr abwechslungsreicher als zuletzt daher. Auch die prominente Gästeliste fernab der üblichen "Verdächtigen" ließ sich sehen. Trotzdem geriet die Show mit mehr als drei Stunden Laufzeit ziemlich lang und üppiger als geplant, was auch zu einem abrupten Ende führte. Überraschungen hatte der Comedypreis wenige zu bieten, dafür aber unterhaltsame Momente und internationalen Glamour. Und er war vor allem eines: Ungeschnittenes Live-Fernsehen.
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