Mit «Wendezeit» hat Das Erste eine groß angelegte Produktion um die DDR, Spionage und den Kalten Krieg erschaffen. Ob das Thema innovativ angegangen wurde, oder ob es doch auserzählt ist, klärt die Quotenmeter.de-Kritik.
«Wendezeit»-Fakten
Vor der Kamera:
Petra Schmidt-Schaller ist Saskia
Ulrich Thomsen ist Jeremy Redman
Harald Schrott ist Richard
André Hennicke ist Erich Leschke
Alexander Beyer ist Kai-Uwe Henning
Hinter der Kamera:
Regie: Sven Bohse
Drehbuch: Silke Steiner
Kamera: Michael Schreitel
Schnitt: Ronny Mattas
Redaktion: Kerstin Freels (rbb)/ Christine Strobl (ARD Degeto) Deutschland 1989. Noch ist das Land zweigeteilt, doch die Wende steht kurz bevor. Die Diktatur der DDR hat deutliche Risse bekommen, die auch in der Öffentlichkeit spürbar sind. Hinter den Kulissen wird jedoch von US-amerikanischer Seite, als auch von der der Deutschen Demokratischen Republik immer noch aktiv spioniert. Saskia Stark ist Teil des Netzes aus Intrigen und Spionagemissionen. Als Geheimagentin lebt sie zwar in West-Berlin, wo sie auch seit Jahren mit einem Amerikaner verheiratet ist, arbeitet jedoch für die CIA der Vereinigten Staaten. Ihre wahre Identität ist eine vollkommen andere, nämlich Tatjana Leschke, die Tochter eines hochrangigen Offiziers der Stasi. Als Doppelagentin der DDR sitzt sie in den Reihen der CIA und betreibt so Spionage für die andere Seite, stets darauf bedacht ihre doppelte Identität zu wahren. Doch dann kommt die Aufregung: die CIA weiß, dass sie einen Maulwurf unter sich hat. Neue Ermittlungen werden eingeleitet, neue Gesichter betreten das Büro und Saskia alias Tatjana muss aufpassen, dass sie keinen Fehler begeht. Noch dazu steht die DDR kurz vor dem Zusammenbruch, was nicht unbemerkt an ihr vorbeigeht.
«Wendezeit» hat dermaßen große Ambitionen, wie es keine öffentlich-rechtliche Produktion seit
«Unsere Mütter, unsere Väter» gehabt hat. Während dieser Mehrteiler das Schicksal mehrerer Deutscher während den Tagen des Zweiten Weltkrieges beleuchtete, möchte sich dieser Fernsehfilm nun der DDR Diktatur im großen Stil annehmen. Doch nicht nur das – «Wendezeit» möchte zugleich Spionage- und Agententhriller, Familien- und Sozialdrama, Geschichtsepos und Politfilm sein. Nicht alle Baustellen werden zufriedenstellend beendet, dennoch kann es der fast zweistündige TV-Film bewerkstelligen seine meisten Thematiken zu einem großen Ganze zusammen zu weben.
Erzählt wird der Film mit mehreren Rückblenden, die immer wieder in Tatjanas Ausbildung zurückkehren und zeigen, wie diese innerhalb der DDR aussah. Spannender hingegen sind jedoch die Szenen, die in der realen Zeit des Films, sprich 1989 spielen. In diesen macht Petra Schmidt-Schaller als Doppelagentin, die sich im feindlichen Terrain bewegt, eine starke Figur. Ob es nun bei einem Lügendetektortest ist, den Amerikaner an ihr ausüben, oder das Gespräch mit ihren neuen CIA Vorgesetzten ist, Schmidt-Schaller ist herausragend und kann in allen Darstellungen überzeugen. Die Ausbildungsszenen hingegen sind oftmals der Grund, warum «Wendezeit» Längen hat, die spannungsarm sind und man als Zuschauer nur darauf wartet wieder in die Gegenwart des Films zu kommen.
© rbb/ARD/Volker Roloff
Doppelagentin Saskia Starke (Petra Schmidt-Schaller) gerät in einen emotionalen Ausnahmezustand, als sich das Ende der DDR ankündigt. Ihre von der Stasi sorgsam arrangierte Scheinexistenz als CIA-Agentin droht aufzufliegen. Richard Starke (Harald Schrott) weiß noch nichts von der Doppelagentin-Tätigkeit seiner Frau Saskia (Petra Schmidt-Schaller).
Eine Frage, die man sich bei dem TV-Film ebenfalls stellen kann, ist, inwiefern das Thema der Deutschen Demokratischen Republik nicht schon längst auserzählt ist. Ebenso kann man dies auch für den Zweiten Weltkrieg fragen, schließlich sind diese beiden Themen die mitunter populärsten Stoffgeber für die deutsche Film- und Fernsehlandschaft. Doch statt danach zu fragen, warum man gerade diesen Zeiten so viel Aufmerksamkeit widmet, sollte man sich vielmehr darauf konzentrieren, warum die Filmemacher dies in erster Linie tun. Sowohl die DDR als auch die Zeit der Weltkriege sind die bedeutendsten Ereignisse der deutschen Historie, haben das Leben von Milliarden Menschen geprägt und zeichnen bis heute unsere Gesellschaft. Gerade die Langlebigkeit solcher Themen zeigt, wie bedeutend und wichtig sie sind und auch in Zukunft sein werden. «Wendezeit» muss sich demnach nicht zu Schulden kommen lassen, auf ausgetretenen Pfaden zu wandern. Vielmehr ist die Prämisse der Doppelagentin frisch, wenn auch etwas zu überladen.
Mit «Wendezeit» wird ein bedeutsames Stück deutscher Geschichte eindrucksvoll beleuchtet. Das starke Schauspiel, der spannende Plot und der Kampf zweier Geheimdienste sind unterhaltsam, ist aufwendig inszeniert und darf sich zweifelsfrei zu den besseren öffentlich-rechtlichen Produktionen gesellen. Bei dem fast durchgehend spannenden Film fallen die wenigen Längen kaum ins Gewicht und bieten bei zwei Stunden starke Unterhaltung.
Das Erste zeigt «Wendezeit» am Mittwoch, 1. Oktober 2019, um 20.15 Uhr.
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