Ganz egal, ob Serie oder Film, ein Abstecher nach Downton Abbey lohnt sich – aus vielerlei Gründen!
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Über «Downton Abbey»
- Die britische Serie lief von 2010 bis 2015 in 6 Staffeln mit insgesamt 52 Episoden.
- Sie konnte zahlreiche Preise (u. a. Emmys, Golden Globes, BAFTA Awards) gewinnen.
- Die titelgebende Location existiert tatsächlich: Highclere Castle liegt in Hampshire, Großbritannien.
- Hinter dem Film wie auch der Serie steht Julian Fellows, der in beiden Fällen zudem als Drehbuchautor fungierte.
- Für den Leinwandableger kehrte der komplette Hauptcast zurück: Hugh Bonneville, Laura Carmichael, Michelle Dockery, Elizabeth McGovern, Maggie Smith, Penelope Wilton, James Edward „Jim" Carter, Brendan Coyle, Kevin Doyle, Joanne Froggatt, Robert James-Collier, Phyllis Logan, Lesley Nicol, Sophie McShera und Allen Leech.
Zugegeben, auf den ersten Blick könnte
«Downton Abbey» ein weiteres Historiendrama sein, in dem es um die ganz große Liebe, prachtvolle Kostüme und wunderschöne Schauplätze geht. Ein Format, in dem überwiegend eindimensionale Charaktere genau so handeln, wie man es erwartet und Sätze sagen, die man als Zuschauer erahnen kann. Umso wichtiger ist in diesem Fall ein zweiter Blick, einer, der all diese Vorurteile in Windeseile widerlegt und Freude auf mehr macht – sehr viel mehr. Diejenigen, die der Serie seit 2010 die Treue halten, konnten sich über das dritte Septemberwochenende 2019 freuen, denn da kam der lange Zeit im Gespräch gewesene Film endlich weltweit in die Kinos. Fast alle über die Jahre liebgewonnenen Charaktere sind wieder mit von der Partie und der zentrale Handlungsort ist natürlich einmal mehr das titelgebende Anwesen. Keine Frage: Das sind zweifellos wichtige Faktoren, um zu erklären, warum die Produktion direkt in Woche 1 ein erfreuliches Einspielergebnis erzielen konnte.
Während die britische Produktion in Nordamerika von der Spitze der Charts grüßte, konnte sie hierzulande immerhin Rang 2 erobern – in beiden Fällen wurden also «Ad Astra – Zu den Sternen» und sogar «Rambo: Last Blood» auf die Plätze verwiesen. Vor allem der große Zuschauerzuspruch in Deutschland dürfte nicht wenige überrascht haben, da «Downton Abbey» bis dato maximal als Geheimtipp galt, woran sicherlich auch das ZDF nicht ganz schuldlos war. Da der Sender, der in Mainz beheimatet ist, bei der Programmierung der Serie nicht gerade ein glückliches Händchen bewiesen hatte, konnte nie ein echter, nachhaltiger Hype entstehen. Der Serie gelang es also offenbar eher nach und nach, eine echte deutsche Fanbase aufzubauen. Dabei dürften vor allem die Heimkino-Releases sowie Streamingdienste eine bedeutende Rolle gespielt haben. Was jedoch ist es nun, dass diesen fiktionalen Kosmos so besonders macht?
Selbstverständlich gibt es auf solche Fragen nicht die eine Antwort, aber es gibt durchaus mehrere passende: Zum einen wären da, wie gesagt, die Dreh-Locations zu nennen. Dabei handelt es sich nämlich zu einem Großteil um real existierende. Die Dorfszenen etwa entstanden in dem kleinen Örtchen Bampton in Oxfordshire und Downton Abbey heißt in Wirklichkeit Highclere Castle und liegt in Hampshire. Dort leben Lord und Lady Carnarvon, die langjährige Freunde des Serienerfinders Julian Fellows sind. Das viktorianische Herrenhaus selbst war so gesehen der Ausgangspunkt für seine Vision. Und deshalb ist es auch nicht sonderlich überraschend, dass es sich bei diesem Gebäude im Prinzip ebenfalls um einen echten Hauptdarsteller handelt. Einerseits steht es nämlich für Zeitlosigkeit und andererseits gleichzeitig für Veränderung und Fortschritt. Und das ist ein ganz wesentlicher Grund für den globalen Erfolg des Formats.
Fellows legte nämlich von Anfang an sehr viel Wert auf historische Genauigkeit und Akkuratesse. Inspiriert von vielen Briefen und anderen Dokumenten, von Erzählungen seiner Freunde und natürlich von der Geschichte selbst entwickelte der Altmeister (Jahrgang 1949) eine fiktiv-realistische Welt. So sind die Crawleys, um deren Leben sich bekanntlich alles dreht, beispielsweise keine Familie, die es wirklich gab, allerdings eine, die es hätte geben können, da sie im Grunde das Ergebnis der intensiven Recherchen von Fellows waren. Diese und ihre Bediensteten begleitet der Zuschauer ab 1912 bis 1927 (das Jahr, in dem der Film spielt). Dabei handelt es sich um eine Zeit des stetigen Wandels – politisch wie gesellschaftlich. Und das Leinwand- oder Couch-Publikum darf all das aus nächster Nähe mitverfolgen, und zwar ohne Holzhammer.
Denn Downton Abbey als zentraler Handlungsort atmet nur deshalb, weil das, was dort geschieht, das Resultat herausragender Drehbücher ist. Wenn oben geklingelt wird, herrscht unten Betriebsamkeit, und doch verändert sich diese räumlich so klare, gar sinnbildliche Trennung zwischen Oberschicht und arbeitender Bevölkerung spürbar im Laufe der Handlung. Nie von jetzt auf gleich, sondern allmählich, in kleinen Schritten – so, wie es eben auch in der Realität seit jeher war und bis heute ist. Ein typischer «Downton»-Dialog ist daher einer, aus dem mindestens einer oder sogar beide Gesprächspartner etwas mitnehmen, über das es nachzudenken gilt.
Nicht selten prallen zwei Standpunkte aufeinander, die mit Argumenten unterfüttert werden und die aus Sicht der jeweiligen Figur (unter Berücksichtigung ihres Alters und ihrer Herkunft) mindestens plausibel sind. Daher ist es auch meist nicht so, dass die eine Partei plötzlich ihre Meinung ändert, aber man wird gewissermaßen Zeuge, wenn dieser Prozess in den entsprechenden Köpfen einsetzt. Da geht es dann beispielsweise um die Stellung der Frau, um die Zukunft der Monarchie, um das gesellschaftliche Ungleichgewicht oder überkommene Strukturen.
Diese Themen beschäftigen nie nur einen Charakter, allerdings beschäftigen sie unterschiedliche Charaktere zu verschiedenen Zeitpunkten, sodass sich aus diesen Unterredungen und damit einhergehenden Erlebnissen der Gesprächspartner völlig organisch das Für und Wieder zu Thema X ergibt und der Zuschauer somit auf einer fundierten Grundlage unter Berücksichtigung der damaligen Verhältnisse eine Ansicht präferieren kann, jedoch nie ohne für die Gegenseite kein Verständnis aufbringen zu können. Sprich: Diese Serie macht es sich nicht leicht und bevormundet den Zuschauer, sondern überantwortet ihm die Entscheidungsfindung – und dabei macht sie es ihm oftmals gerade so gar nicht leicht.
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29.09.2019 15:30 Uhr 1