Für Sportbegeisterte war es die Medienmeldung des bisherigen Jahres: DAZN übernimmt das Bundesligarechtepaket von Eurosport! Wir haben uns das Auftaktspiel der neuen Saison angeschaut und finden: Hier passt schon eine Menge zusammen.
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Und hier schließt sich im Prinzip der Kreis zu dem Ausgangsgedanken: Ein Moderator und ein Experte auf dem grünen Rasen unmittelbar vor Spielbeginn. Das ist nicht nur die Konstellation, die Abonnenten der ersten Stunde von den großen internationalen Nächten aus der letzten Saison gewohnt sind, sondern auch die, die am besten zu der Art passt, wie man das Thema Bundesliga offensichtlich angehen will. Eine nette MAZ zum Start, die einen zum Schmunzeln bringt, und los geht es: Alexander Schlüter und Ralph Gunesch begrüßen, gewohnt leger und ohne Sakko, die Zuschauer und sind direkt danach bei der Sache: Da wird mit Bayern-Trainer Niko Kovac und später Herthas Geschäftsführer Sport Michael Preetz gesprochen, kurz auf den – von DAZN übertragenen – Supercup zurückgeblickt, die Transferpolitik analysiert und natürlich ganz konkret über die unmittelbar bevorstehende Partie gesprochen. Die einzelnen Versatzstücke sind selbstredend nicht neu, denn logischerweise bleibt eine Fußballübertragung eine Fußballübertragung. Trotzdem würde wohl kaum jemand widersprechen, wenn man konstatieren würde, dass sich der Umgang und die Ausgestaltung der Versatzstücke durchaus von dem Vorgehen der Konkurrenz unterscheiden.
Der Vorlauf gerät recht kompakt, jedoch keinesfalls zu kurz. Man fühlt sich am Ende gut informiert, und selbst für all diejenigen, die schon im Vorfeld einer Partie beziehungsweise einer Saison so ziemlich alles aufgesaugt haben, was in irgendeiner Form Fußballbezug hat, ist es lohnend, nicht erst zum Anpfiff einzuschalten. Bei dieser Fraktion punktet man nämlich mit nahbaren Experten wie eben Gunesch, die sich nicht nur überlegen, was den Fußballfan in exakt diesem Moment wirklich interessiert, sondern auch, welche Informationen für ihn einen Mehrwert darstellen. So gesehen ist es eher sogar von Vorteil, dass fast keiner der Ex-Profis (Per Mertesacker bildet da eine Ausnahme) die ganz großen Titel gewonnen hat. Denn die Anekdoten, die – im passenden Moment – eingestreut werden, sind eben zumeist wirklich neu. Zudem ist es verständlicherweise etwas vollkommen anderes, wenn diese von jemandem kommen, der nicht seine komplette Karriere in der höchsten Spielklasse verbracht hat, sondern für den der Aufstieg ins Oberhaus noch ein echtes Highlight war oder der dieses Ziel, welches im Falle von Jonas Hummels zum Beispiel lange Zeit überaus realistisch schien, (aufgrund schwerwiegender Verletzungen) letztlich nie erreicht hat.
Am besten zum Tragen kommt diese Stärke im Spielbericht. Die Tatsache, dass man bei dem Streamingdienst von Anfang an so konsequent auf Duos aus Experte und Kommentator gesetzt hat, zahlt sich spätestens jetzt, wenn man noch etwas mehr als ohnehin schon von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird, aus. Denn insbesondere Zweierteams, die schon zahlreiche gemeinsame Partien hinter sich gebracht haben, sind inzwischen selbstredend bestens eingespielt. Dies ist bei Jan Platte und Ralph Gunesch, seit einigen Monaten Co-Trainer bei der U19 des FC Ingolstadt, der Fall. Deshalb kommt der Kommentar auch ungemein organisch sowie kurzweilig daher und hat nichts von „Der Kommentator spricht und streut hin und wieder Fragen für den Experten ein“. Selbstverständlich wird dabei auch gerne etwas gefrotzelt – Freunde der Rocket Beans fühlen sich da sicher gelegentlich an deren Fußballformat «Bohndesliga» erinnert, in dem der Ex-Paulianer Gunesch nicht selten sehr sympathisch ausgeteilt, allerdings auch eingesteckt hat. Dies geschieht jedoch wohldosiert; das Spiel und die fachkundige Einordnung des Geschehens stehen klar im Vordergrund.
Dass man sich außerdem untereinander duzt, den Zuschauer duzt und einige der Interviewpartner ebenfalls, wird sicher nicht jedem der durch die Übernahme der Bundesliga-Rechte hinzugewonnenen Abonnenten gefallen. Es ist bei genauerem Überlegen aber ebenso logisch wie die Tatsache, dass es keinen wirklichen Dresscode und weder Sakkos noch Jacken mit Emblem gibt. Auch hier gilt: Die Alternative ist keinesfalls schlecht und hat als Teil eines anderen Konzepts auch ihre absolute Berechtigung, zu dem von DAZN passt sie allerdings nicht.
Bei den Gesprächen mit Gästen vor oder nach dem Spiel bewies man schon im Supercup in Dortmund, dass man sich bei aller Lockerheit auch der neuen Verantwortung bewusst ist. Eine etwas zu lax formulierte Frage oder ein fehlendes Nachhaken im richtigen Moment dürften diejenigen, denen der zeitgeistige Ansatz DAZNs nicht wirklich geheuer ist, sofort als Anlass nehmen, um die Arbeit des On-Air-Personals zu kritisieren. Zugegeben, zu Premier-League-Zeiten hatte es manchmal wirklich etwas von „Da treffen sich zwei gute alte Bekannte“, wenn etwa Jürgen Klopp oder David Wagner von Schlüter, Herzog oder Benesch befragt wurden. Ehrlicherweise war der Kontext jedoch damals ein anderer: Denn natürlich macht es einen Unterschied, ob DAZN-Moderatoren/-Field-Reporter deutsche Spieler oder Trainer an einem Spieltag in der wahrscheinlich besten Liga der Welt vor dem Mikro haben oder Unai Emery, Maurizio Pochettino & Co. – allein schon, weil die Erwartungen der Zuschauer an diese Gespräche völlig andere sind. In der Bundesliga gilt hingegen selbstredend zu 100% das Objektivitätsgebot, und nach den ersten Eindrücken aus Dortmund und München besteht auch keinerlei Zweifel daran, dass sich der Streamingdienst diesbezüglich in Zukunft angreifbar machen könnte:
Sämtliche Interviews (im Supercup oder jetzt beim Liga-Auftakt), ob mit Hans-Joachim Watzke, Niko Kovac, Ante Covic, Hasan Salihamidzic, Michael Preetz, Joachim Löw, Lucien Favre oder den Spielern der jeweiligen Mannschaften, zeigen deutlich, wofür „Bundesliga bei DAZN“ stehen soll: Für seriöse Berichterstattung mit dem gewohnten Augenzwinkern. Man darf gespannt sein, wie es die kommenden Freitage und gelegentlichen Sonn- respektive Montage weitergeht, ausreichend Gründe, um ihnen optimistisch entgegenzublicken, gibt es jedoch definitiv!
PS: Natürlich muss zumindest noch kurz auf den PR-Schachzug der letzten Tage eingegangen werden: #FRITZLOVE is (einmalig) back! Kommentatorenlegende Fritz von Thurn und Taxis, der – laut eigener Aussage – seit seinem Abschied von Sky im letzten Jahr viele Anfragen erhalten, aber bislang alle abgelehnt hatte, ist zurück. Bei DAZN darf man stolz darauf sein, den Coup mit dem Österreicher, dessen Popularität insbesondere in seiner Abschiedssaison noch einmal deutlich dank des besagten Hashtags zunahm, eingefädelt und auf diese Weise noch etwas mehr Aufmerksamkeit als ohnehin schon generiert zu haben.
Der Grandseigneur der Branche bleibt sich allerdings in gewisser Weise treu, da er nicht alleine durch die Partie führte, sondern an der Seite von Uli Hebel, dessen Bruder Joachim vor wenigen Wochen zu Sky gewechselt ist. Fritz von Thurn und Taxis, der Mentor vieler Kommentatoren war, die sich ihren Lebenstraum verwirklichen konnten, hat sich nämlich einst auch des jungen Mannes (damals noch Sky-Praktikant) angenommen, mit dem er nun gemeinsam die zweite Tonspur mit Leben füllte. Der Altmeister hielt sich – für seine Verhältnisse – durchaus zurück und war sichtlich darum bemüht, die von ihm im Vorfeld angekündigte Rolle des „Unterstützers" zu übernehmen, während sein ehemaliger Schüler die des Hauptkommentators innehatte. Diese Aufgabe meisterte der junge Sportjournalist souverän – dass sich der Mann, der über viele Jahre eine der bekanntesten Sky-Stimmen war, nicht immer würde zurückhalten können, war abzusehen, Hebel wusste jedoch stets angemessen darauf zu reagieren. Ein „Rewatch“ mit diesem Duo lohnt also in jedem Fall – allein schon, um ein – vermutlich – letztes Mal zu erleben, wie „TuT“ auf die ihm eigene Weise mit der deutschen Sprache und Spielernamen spielt.
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