Die Premiere der neuen Konferenz bei Sky ist missglückt. Der Sender verspricht sofortige Nachbesserungen. Doch ist dem Projekt überhaupt noch zu helfen? Ein analysierender Kommentar.
Wer erinnert sich noch an den vielleicht berühmtesten Vorhang in der Senderhistorie von Sky? Ein Requisit, das es auf eine stolze Einsatzzeit von vier Übertragungstagen oder anders gesagt: ein Wochenende brachte? Ja, der Sky-Vorhang, eine Idee im Jahr 2016, war sehr schnell Geschichte.
Als der Vorhang fiel
Nun hat die Übertragungsidee der DFB-Pokal-Saison 16/17 wenig mit dem aktuellen Geschehen in Unterföhring zu tun. Sie zeigt aber, dass die Macher beim Pay-TV-Sender in der Lage sind, Fehler sehr schnell zu korrigieren. Der Aufklärung halber: Damals steckte hinter einem sehr schlichten Studio, das nur aus einem kleinen Podest und einem rund aufgehangenen Vorhang steckte, die Idee, einen Kontrapunkt gegen sonst visuell immer sehr überladene Fußballstudios zu setzen. Kam nicht an, wurde abgeschafft.
Genau das wünschen sich nicht wenige Fußballfans auch für die neue Zweitliga-Konferenz von Sky. Wer am ersten Spieltag des Fußball-Unterhauses nicht zugesehen hat, hat in der Tat verpasst, wie der Pay-TV-Sender eine im Kleineren (bei DAZN und Magenta Sport) funktionierende Idee ad absurdum führte. Auch bei Sky führen nun in der zweiten Liga die Einzelspiel-Kommentatoren durch die Konferenz. Sky setzt also keine eigenen Leute für das populäre Produkt mehr ein, sondern schaltet in die laufende Übertragung - mit der Konsequenz, das im notwenigen Fall auch mal Sätze abgeschnitten werden.
Bei der Konkurrenz oder auch bei den Handball-Übertragungen im eigenen Haus übernimmt daher ein Moderator aka Lead-Kommentator eine wichtige Rolle. Er hält die Zügel in der Hand, meldet sich bei jedem Szenenwechsel. Er ordnet ein, erklärt, was zuletzt in Stadion X verpasst wurde und moderiert auch Tore an. Genau auf diesen Lead-Kommentator hat Sky am Wochenende verwundernswerter Weise aber fast vollständig verzichtet. Nur ein, maximal zwei Mal pro Halbzeit, meldete der Hauptmoderator der Sendung.
Das Endprodukt, von Sky eigentlich als dynamischere Variante der Konferenz angekündigt, war somit fast vollständig von Emotionen befreit. Kein Torschrei (einen Lead-Kommentator gab es nicht, die Einzelspiel-Kommentatoren hatten den Torruf schon durch, als die Konferenz bei ihnen ankam), natürlich keine Kabbeleien unter den Kommentatoren und somit ein kaum bis gar nicht prickelndes Fernseherlebnis.
So urteilt das Netz
Auch eine am Montagmorgen gestartete Umfrage unter den Lesern der Quotenmeter-Rubrik-
SportCheck bringt ein klares Ergebnis: Über 80 Prozent der Teilnehmer empfanden die neue Konferenz der zweiten Liga als schlechter, rund 57 Prozent empörten sich sogar, sie sei „eine Frechheit“.
Die Mär vom Sparwahn
Dass Konferenz-Kommentatoren seitens Sky weggespart wurden, war zuletzt - in Medien und Social Media - immer wieder zu lesen. Oberflächlich betrachtet mag das stimmen. Dadurch, dass der Sender über 270 Kommentatoren-Einsätze weniger bezahlen muss, lässt sich eine ordentliche - wohl sechsstellige Summe - erst einmal einsparen. Skys Fußballchef Mario Nauen aber will - richtigerweise - nicht vom Sparen sprechen. Eher von einer Ressourcenverschiebung. Er verwies vergangene Woche bei Quotenmeter.de auf den Bau des neuen virtuellen Zweitliga-Studios und darauf, dass Sky bei der zweiten Liga in vermehrte Gast-Experten-Einsätze investiere.
Am Wochenende verschafften Roberto Hilbert und Lotto King Karl wirklichen Mehrwert. Zudem wurde eine Lösung für das Problem gefunden, dass Sky vergangene Saison in einigen Stadion gar nicht mehr mit Mitarbeitern vertreten war und somit auch keine Interviews führen (und für die Klubs wichtig: Sponsoren-Wände abfilmen) konnte. Sportcasts-Kameras stehen nun in drei Stadien pro Wochenende für Schalten parat.
Die Geschichte vom ridigen Sparwahn stimmt aber auch deshalb nicht, weil es ein notwendiger Kostendruck im Bereich der redaktionellen Aufbereitung ist. Ausgelöst durch die horrend hohen Rechtekosten. Im Schnitt zahlt Sky in diesem Rechtezyklus an die Deutsche Fußball Liga über 870 Millionen Euro - aufsteigend gestaffelt. Jetzt, in der dritten von vier Spielzeiten der Rechteperiode, dürfte sich die zu überweisende Summe bei knapp einer Milliarde bewegen. Zusammen mit der Champions League, dem Pokal und der neu dazugekommenen englischen Premier League liegt die Investition Skys alleine in Übertragungsrechte aus Fußballstadien bei rund 1,2 Milliarden Euro. In einer einzigen Saison. Das ist mehr als jemals zuvor und womöglich schlicht zu viel.
Herr der Finanzen bei Sky in Unterföhring ist seit knapp eineinhalb Jahren Colin Jones. Er besetzt den Vorstandsposten für diesen Bereich in Deutschland, ist zugleich aber auch Group Financial Officer der kompletten Sky-Gruppe in Europa. London hat über ihn somit unmittelbar Zugriff auf finanzielle Entscheidungen in Deutschland. Vor jeder Saison muss also genau überlegt werden: Welche Summen sind fix zu bezahlen? Das sind etwa die Rechtekosten, die mit dem Rechtegeber vertraglich geregelt sind. Und dann gibt es Variablen - die betreffen das Marketing, nötige Reisen und eben die redaktionelle Aufbereitung. Hierfür gibt es ein klar gestecktes Budget. Und Controller bessern nicht wirklich gerne nach. Da nicht unbedingt davon auszugehen ist, dass für inhaltliche Optimierungen sechsstellige Beträge schnell gefunden werden, ist nun Kreativität gefragt.
Und nun?
Denn trotz großem Kostendruck ließen sich vielleicht Wege finden, die Original-Konferenz doch noch in Liga zwei anzubieten. Damit für diesen Service keine oder kaum zusätzliche Kosten entstehen, wäre es wohl nötig, auf feste Mitarbeiter zurückzugreifen, also nicht auf Personal, das auf freier Basis pro Einsatz bezahlt wird. Hier kommt man schnell auf die fest angestellten Redakteure von Sky Sport News HD zu sprechen – und blickt in Richtung der Sky-Tennis-Übertragungen. SSNHD-Kollegen wie Paul Häuser und Philipp Langosz sind schon regelmäßig bei der ATP-Tour zu hören, zudem helfen sie auch jetzt schon bei der zweiten Bundesliga. Für die Free-TV-Zusammenfassungen, aktuell freitags um 22.30 und sonntags um 19.30 Uhr zu sehen, fassen unter anderem Martin Weinberger und Oliver Lipinski die Matches zusammen. Florian Bauer, der schon Tennis kommentiert, ist als SSNHD-Mann zur Zeit als Interviewer in der zweiten Liga unterwegs.
Zweifelsfrei, es wäre ein Kraftakt, den Einsatzplan umzuschreiben, aber es könnte sich in mehrerlei Hinsicht lohnen. Zum einen wäre es ein echtes Goodie für die SSNHD-Jungs, sich regelmäßig auch live im Hauptsport auszutoben. Zum anderen ließe sich eine Verknüpfung mit der Arbeit die Highlights betreffend herstellen. Eine mit auch diesen Nachwuchskräften besetzte zweite Liga wäre also kostensparend, würde aber natürlich weitere Kapazitäten von den News abziehen.
Definitiv aber würde eine Original Konferenz helfen, dass die vielen guten Ansätze, die die neuen Rahmenberichte zeigen, auch wirklich zur Geltung kommen und nicht in den Schatten von der „neuen Konferenz“ gestellt werden. Es ist jetzt an Sky, die Dinge sachlich zu bewerten. Mindestens aber eine optimierte neue Konferenz mit einem Lead-Kommentator der zwingend zwischen jeder Schalte führt, sollte möglich sein.
Es spricht…die Quote
In die Bewertung in Unterföhring werden – neben den Aspekten von Collins‘ Bereich – auch weitere Analysen einfließen. Wie war das Kunden-Feedback am Wochenende wirklich? Und welche Auswirkungen hat die neue Konferenz tatsächlich auf die Quote? Hier muss man zunächst aber sowieso vorsichtig sein. Die Quote liefert nicht zwingend eine bindende Aussage über Kundenzufriedenheit, zudem ist es möglich, dass Konferenzzuschauer leichtsam zu Einzelspielzuschauern wurden. Und: Die drei Parallelspiele jetzt am ersten Sonntag waren auch nicht die prominentesten: Sowohl Hamburg als auch Stuttgart und Hannover, also die Big Three des Unterhauses, kickten auf einem Einzelspiel-Slot.
Daher ist die Zuschauerzahl am Sonntag um 15.30 Uhr, mit einem eher schwächeren Spiel-Line-Up und dazu noch komplett gegen den gefragten Formel1-Grand-Prix vom Hockenheimring mit rund 280.000 Sehern nicht so schlecht gewesen. Der Wert sagt nur sehr wenig darüber aus, wie viele sich über die konzeptionelle Änderung gefreut oder geärgert haben.
So reagiert Sky nun
Im Laufe des Montags haben auch die Verantwortlichen von Sky die neue Konferenz inhaltlich analysiert und bewertet. Auf Anfrage von Quotenmeter.de teilte die Pressestelle des Unternehmens mit: „Wir haben am vergangenen Wochenende einige Neuerungen im Rahmen unserer Live-Übertragung der zweiten Bundesliga eingeführt. Dazu gehört das neue virtuelle Studio, das einen stark verbesserten, visuell hochwertigen und modernen Look mit sich bringt. Zudem war die Sky Konferenz in der zweiten Bundesliga erstmals in ihrer neuen Form zu sehen. Wie bei jeder Neueinführung müssen sich Abläufe unter Live-Bedingungen erst einspielen und man ist noch nicht auf Anhieb bei 100 Prozent. Wir nehmen das kritische Feedback unserer Kunden sehr ernst und wissen um das Verbesserungspotenzial. In den kommenden Tagen werden wir intensiv daran arbeiten, die Konferenz bereits am kommenden Freitag besser zu machen.“
Was bleibt, ist eine wichtige Anmerkung: Klub-Bosse, die jetzt noch fordern und glauben, bei der kommenden Vergabe der TV-Rechte 21 bis 25 eine deutliche Einnahmensteigerung aus dem TV-Markt herausholen zu können, sollten diesen Text direkt noch einmal von vorne lesen.
Anmerkung: Gut möglich, dass es Klubbosse gibt, die auf Grund dieses Hinweises einen ganzen Vormittag lang in ihrem Büro vor dem Bildschirm saßen…
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