Zum sechsten Mal ermittelt der bayerische Provinzpolizist Franz Eberhofer in einem neuen Krimi. In «Leberkäsjunkie» muss er sich nicht nur mit einer vom Arzt auferlegten Diät herumschlagen, sondern auch mit einem mordenden Brandstifter.
Filmfacts: «Leberkäsjunkie»
- Start: 1. August 2019
- Genre: Komödie/Krimi
- FSK: 12
- Laufzeit: 93 Min.
- Kamera: Stephan Schuh
- Buch: Ed Herzog, Stefan Betz
- Regie: Ed Herzog
- Darsteller: Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Lisa Maria Potthoff, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Gerhard Wittmann, Eva Mattes
- OT: Leberkäsjunkie (DE 2019)
Wenn ein für die breite Masse gedachter Film in Deutschland startet, dann ist die Kopienanzahl normalerweise keine eigene Pressemeldung wert. Erst recht nicht, wenn darin thematisiert wird, dass besagte Produktion sämtliche Bundesländer abdeckt. Das ist schlichtweg Alltag im Blockbuster- und Popcornfilmgeschäft. Im Falle von «Leberkäsjunkie», dem nunmehr sechsten Film nach den «Eberhofer»-Krimis von Autorin Rita Falk, sieht das allerdings anders aus. Und zwar deshalb, weil der Auftakt «Dampfnudelblues» aus dem Jahr 2013 noch einen regionalen Start erfuhr, der nicht über den Weißwurstäquator hinaus ging. Nach der zunehmenden Begeisterung für «Winterkartoffelknödel» (2014), «Schweinskopf al dente» (2016), «Griessnockerlaffäre» (2017) und «Sauerkrautkoma» (2018) startet «Leberkäsjunkie» nun in 260 deutschlandweit verteilten Kinos; von Bremen bis Berchtesgaden und Aachen bis Zwiesel.
Und das ist ja auch kein Wunder, denn mit insgesamt 3,4 Millionen Besuchern gehören die «Eberhofer»-Geschichten zu den erfolgreichsten deutschen Filmreihen der vergangenen Jahre; nicht auszudenken, was passiert, wenn die Filme nun einem noch breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass man sich außerhalb bayerischer Provinzen eben doch nicht so sehr für die Belange eines Franz Eberhofer interessiert. Aber warten wir es ab – «Leberkäsjunkie» ist nach den eher mauen Vorgängern nämlich wieder ein Vorzeige-Schmunzelkrimi.
Schluss mit Leberkäs
Diesmal bekommt es der Eberhofer (Sebastian Bezzel) mit seinem bisher schlimmsten Widersacher zu tun: Cholesterin. Ab jetzt gibt’s nur noch gesundes Essen von der Oma (Enzi Fuchs). Zu den Leberkäsentzugserscheinungen gesellen sich brutalster Schlafmangel und stinkende Windeln, weil Halb-Ex- Freundin Susi (Lisa Maria Potthoff) den Franz verpflichtet hat, eine Weile auf den gemeinsamen Sohn Paul aufzupassen. Die Verziehung des Sohnes kriegt er nebenbei gut hin, aber wie immer ist die Idylle von Niederkaltenkirchen durch allerhand Kriminalität getrübt: Brandstiftung, Mord und Bauintrigen. Selbstverständlich eilt Kumpel und selbst ernannter Privatdetektiv Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) zu Hilfe, um ungefragt bei Ernährung, Erziehung und Ermittlung zu beraten.
Wer auch nur irgendeinen der bisherigen «Eberhofer»-Filme gesehen, vielleicht sogar eines der Bücher gelesen hat, der weiß exakt, was ihn erwartet. Insofern ist es nahezu unmöglich, «Leberkäsjunkie» zu sehen und am Ende aufgrund der Inszenierung enttäuscht zu werden; man weiß einfach, dass die Produktionen genauso gut im Fernsehen aufgehoben wären. Doch wie man es schon bei den bisherigen Teilen der Reihe miterlebt hat, so gibt es unter ihnen stärkere und schwächere Vertreter. Insbesondere die Beziehung zwischen Franz Eberhofer und seiner On-Off-Freundin Susi trat teilweise so arg auf der Stelle, dass man sich fragte, weshalb man denn den beiden nicht einfach endgültig einen ganz anderen Partner an die Seite stellt; natürlich mit dem Wissen, dass sich gerade aus den Zänkereien der beiden immer auch ein gewisser, wenngleich sich nun mal erschöpfender Unterhaltungswert ergeben soll.
Aber nach (geplatzter) Hochzeit und (geglückter) Babygeburt, besitzt die nach wie vor schwierige Beziehung zwischen Franz und Susi nun immerhin einen ganz neuen Stellenwert. Und dank der Anwesenheit des einjährigen Paul kommt endlich wieder Leben in das redundant gewordene Beziehungsgeplänkel, zumal auch Lisa Maria Potthoff («Maria Mafiosi») so wirkt, als habe sie durch diese erzählerische Entscheidung endlich wieder so richtig Spaß an ihrer Rolle.
Politische Spitzen im bayerischen Bergland
Je nach Sichtweise spielt der eigentliche Kriminalfall in jedem «Eberhofer»-Film die erste oder zweite Geige. In «Leberkäsjunkie» ordnen sich die Ermittlungen klar den privaten Problemen des Polizisten unter, wenngleich das wiederkehrende Drehbuchautorenduo aus Ed Herzog und Stefan Betz ihn nicht nur nutzt, um in gewohnt trockener Manier nach einem Mörder zu suchen. Die Schreiber platzieren auf Grundlage des Romans einige politische Statements, die gerade im konservativ regierten Süddeutschland eine beachtliche Durchschlagskraft entwickeln dürften; etwa wenn Franz Eberhofer Alltagsrassismus nonchalant bekämpft, indem er sich mal auf verbaler, mal auf körperlicher Ebene mit denjenigen anlegt, die ihn anwenden. Anstatt auf die inszenatorische Brechstange zurückzugreifen, setzt die Romanautorin Rita Falk auch hier auf den typischen Humor ihres Protagonisten – und wendet ihn in «Leberkäsjunkie» erstmals an, um auf gesellschaftliche Probleme hinzuweisen.
Und das ist eben nicht nur durchaus mutig, weil immer die Gefahr besteht, ein alteingesessenes Publikum damit vor den Kopf zu stoßen. Es ist ganz nebenbei auch noch wirklich lustig. Hier treffen weitaus mehr Pointen ins Schwarze, als noch in den Filmen zuvor.
Wie man es aus den bisherigen «Eberhofer»-Filmen gewohnt ist, ist auch «Leberkäsjunkie» kein Krimi der spannendsten Sorte. In vielen 20:15-Uhr-«Tatorten» der ARD geht es unheimlicher zu – der Franz wäre im deutschen Fernsehen vermutlich eher ein Kandidat für die Vorabendschiene, in der sich dank diverser ähnlich gelagerter Serien der Begriff „Schmunzelkrimi“ etabliert hat. Trotzdem hält das die Autoren nicht davon ab, die gewohnten falschen Fährten zu streuen, um das Publikum ordentlich zum Mitknobeln zu animieren. Dabei müssen die Zuschauer ihr Gehirn nicht überbeanspruchen. Es ist wie immer: Irgendwann bleibt eben nur noch ein Verdächtiger übrig, der es dann gewesen sein muss. Doch wie bei der Reihe üblich, geht es eben nur bedingt um eine Mordermittlung. Insbesondere ein mit der bayerischen Gegend vertrautes Publikum hat die Realitätsnähe Rita Falks schon immer gelobt. Und so ist es auch diesmal: Wer sich schon einmal länger in der süddeutschen Provinz aufgehalten hat, der wird hier einmal mehr viele Spleens und Eigenheiten der dort angesiedelten Bewohner wiedererkennen – und da die Romanautorin Rita Falk selbst aus einer bayerischen Gemeinde kommt (in ihren Büchern spielen alle Geschichten im fiktiven Niederkaltenkirchen), macht sie sich auch nie über sie lustig, sondern nutzt sie, um ihre Geschichten mit Charme und Esprit zu versorgen. Dafür ist «Leberkäsjunkie» der beste Beweis.
Fazit
Bei den «Eberhofer»-Krimis weiß man nun schon seit einigen Jahren genau, was man bekommt. Und trotzdem gelingt es Ed Herzog diesmal, mehr Gags zu landen als zuletzt. Was aber vor allem gefällt, ist die, insbesondere im süddeutschen Raum durchaus mutige, politische Positionierung, mit der Ed Herzig beweist: Allem traditionellen Lokalkolorit zum Trotz ist Franz Eberhofer eben auch im Hier und Jetzt angekommen.
«Leberkäsjunkie» ist ab dem 1. August bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
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