Shows, Wissenssendungen, Dokumentationen und Comedy: Die Non-Fiction-Nominierungen beim Quotenmeter.de-Fernsehpreis zeigen, was die Branche abseits Film und Serie drauf hat.
"Steckt ProSieben seit dem Abgang Stefan Raabs in einer Showkrise?", rätselten nicht nur wir, sondern auch andere Branchenportale und das deutsche Feuilleton in den vergangenen Jahren. So allmählich sollten wir alle, die über Medien berichten, jedoch einsehen: Nein, ProSieben geht es gut. Selbstredend ist nicht jede Show ein Volltreffer, doch wenn ein Sender sechs von acht Slots in den Kategorien für die besten Shows belegt, muss er wohl etwas richtig machen. Neben dem Œuvre des kreativ weiter aufdrehenden Duos Joko & Klaas hat unsere Jury auch die Raab-Produktion «1:30» überzeugt, ein zügiges, abwechslungsreiches Showformat, das beweist: So ganz ist er eben doch nicht gegangen, der Raab.
Weitere Show-Hoffnungsträger sind Jan Böhmermann, der sowohl mit seinem ebenso bissigen wie verspielten «Neo Magazin Royale» antritt als auch mit der Samstagabendshow, die freitagnachts auf Sendung geht – «Lass dich überwachen», die Überraschungsshow für die Generation Social Media. Außerdem wird mit «Gefragt – gejagt» weiterhin anspruchsvoll gerätselt, während «Die Geschichte eines Abends» im NDR beweist, wie kreativ Talkshows sein können.
Aber zurück zu Böhmermann, der mit der bildundtonfabrik ein Qualitätsgarant ist, wie er im Buche steht. Abseits der Showkategorien ist die btf nämlich sogleich drei Mal für die beste Comedy nominiert. Die wilde Mischung aus Selbstironie, Kreativität, Albernheit und hohen Produktionswerten, die die btf ausmacht, weiß nämlich als Sketchshow («Kroymann»), als (Anti-)Weihnachtsspecial («Böhmermanns perfekte Weihnachten») und als satirische Literaturadaption («Dr. Böhmermanns Struwwelpeter») zu begeistern. Mit dem Satire-Wissensmagazin «CC:N» und dem ZDF-Dauerrenner «Die Anstalt» zeigen zudem zwei Comedyformate, wie man den gesellschaftspolitischen Wahnsinn aufbereiten kann, ohne unentwegt nach unten zu treten oder sich an Äußerlichkeiten aufzuhalten.
Herzlicher geht es da schon in unserer Reality-Kategorie zu: Realityfernsehen hat ja weiterhin den Ruf, ausbeuterisch, voyeuristisch oder plump zu sein. Aber wie vor allem VOX vormacht, geht es auch anders: Ob wir namhafte Kochtalente sehen, wie sie kulinarische Herausforderungen meistern und sich allen Tücken, die sie füreinander ausgeheckt haben, zum Trotz weiterhin lieb haben, wir generationsübergreifende Begegnungen sehen oder die konstruktivere Version eines internationalen Investment-Quotenhits erleben: VOX hat den Reality-Dreh raus. Aber auch RTL beherrscht dieses Spiel, wie die inspirierende Sendung «Jenke macht Mut» beweist.
Auch deutsche Informationssendungen zeigen weiterhin, was das lineare Fernsehen auf die Beine stellen kann: Vom medienkritischen Magazin «Zapp», dem die Welt verständlich machenden arte-Projekt «Mit offenen Karten», dem ebenso zugänglichen wie anspruchsvollen Wissensformat «Lechs Kosmos» und der großen Jurashow «Im Namen des Volkes» bis hin zur berührendsten Ausgabe der «Sendung mit der Maus», die Groß und Klein ans Thema psychischer Krankheiten heranführt: Wissensvermittlung kann so packend sein! Das belegen auch unsere fünf Top-Dokus des Jahres, die Politik («Brexit – Hinter den Kulissen»), Musik («Champions der Charts», «Der Rap-Hack. Kauf dich in die Charts»), Feminismus in der deutschen Film- und Fernsehbranche («Superfrauen») bis hin zur Wechselwirkung zwischen gesellschaftlicher Stimmung und Medienkultur («Kulenkampffs Schuhe») mitreißend zu beleuchten wissen.
Bleibt nur noch eins zu tun: Die Besten der Besten auswählen. Und diese verantwortungsvolle Aufgabe überlassen wir von Quotenmeter.de lieber unserer Leserschaft. Denn die Medienkultur lebt nun einmal vom Austausch zwischen Produzierenden und Konsumierenden.
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