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«Endlich kapiert?!»: Eher nicht

Mit Lutz van der Horst und «Endlich kapiert?!» unternimmt VOX einen ersten Ausflug ins Comedy-Genre. Die Sendung sorgt bestenfalls für müde Lacher und stellt inhaltlich gewiss kein Ausrufezeichen dar. Unsere TV-Kritik…

Bei uns wird auch viel geweint. Ich bin manchmal echt überrascht, wie viel bei uns geheult wird, wenn jemand erfährt, dass er eine Dankesbotschaft erhält. Dabei sind die Leute erst mal erschrocken, denn es ist ja immer eine ganz spezielle Art, Danke zu sagen. Wenn aber der Absender der Botschaft kommt und die Situation auflöst, fließen oft Tränen.
Lutz van der Horst über «Endlich kapiert?!»
Mehr als ein Jahr ist es inzwischen her, dass VOX erste Ankündigungen zur Adaption des belgischen TV-Formats «Did you get the Message?» verbreitete. Der nun gewählte Sendeplatz zeugt nicht unbedingt von überschwänglichem Vertrauen. Unter dem Titel «Endlich kapiert?» lief die Sendung erstmalig am Montagabend um 22.15 Uhr bei VOX - eine Uhrzeit, zu der in den zuschauerschwachen Sommermonaten im Zweifel wenig schiefgehen kann. VOX geht damit kein unnötiges Risiko ein, was nach Sichtung der ersten Folge auch durchaus nachvollziehbar erscheint.

Das Konzept von «Endlich kapiert?!» ist schnell erklärt. In Situationen, die mit versteckter Kamera gefilmt werden, wird Moderator Lutz van der Horst zum Übermittler besonderer Nachrichten. Er spricht Leuten Mut zu, sagt aufwändig inszeniert Danke oder verteilt kleine Denkzettel. „Menschen, die ihren Lieben etwas zu sagen haben, rufen mich an. Ich kümmere mich darum und ich gehe erst wieder, wenn der Empfänger die Botschaft endlich kapiert hat“, erklärt van der Horst das Konzept zu Beginn der Sendung. Zumindest letzterer Satz dürfte auf «Endlich kapiert?!» aber kaum zutreffen.

Folge eins startet mit Ruben. Er ist von seinem Mitbewohner Frido genervt, weil dieser ständig Plastik- in den Papiermüll wird. Lutz van der Horst besucht Ruben und lässt sich das Problem kurz erklären. Einige Tage später fährt er als Müllmann verkleidet mit einem Müllauto vor und konfrontiert Frido mit seiner schlechten Angewohnheit. Dieser streitet ab, Müll falsch zu trennen -wird aber kurz darauf Zeuge einer inszenierten Explosion im Müllauto. „Das meine ich, Plastik und Papier immer trennen“, ruft van der Horst dem maximal verwirrten Adressaten zu. Ob der sein Verhalten nun ändern wird? Das lässt die Produktion gänzlich unbeantwortet.

Anders als bei «Verstehen Sie Spaß?» wird der Zuschauer nun nicht mehr Zeuge davon, wie die Situation aufgeklärt wird. Das vor wenigen Minuten abgegebene Versprechen von Lutz van der Horst, so lange bleiben zu wollen, bis die Nachricht auch wirklich angekommen ist, wird damit nicht eingelöst. Die Geschichte wirkt nicht auserzählt, das Ende reichlich abrupt. Im besten Fall hat VOX bis zu diesem Zeitpunkt ein paar müde Schmunzler einfahren können - mehr aber auch nicht. Die sechs weiteren Situationen der ersten Folge verlaufen zum Teil ähnlich ernüchternd.

Zur Person: Lutz van der Horst

Lutz van der Horst wurde 1975 in Köln geboren und studierte dort Germanistik und Anglistik. Nachdem er zunächst als Sprecher und Autor für den Hörfunk tätig war, kam er im Jahr 2000 zum Fernsehen. Hier war er hinter den Kulissen unter anderem an «TV Total» und «Switch Reloaded» beteiligt, bevor es van der Horst zwei Jahre später erstmals vor die Kamera verschlug. Seit 2009 ist van der Horst als Außenreporter für die «heute-show» tätig, für die er auch als Autor arbeitet. Bei RTL war er zuletzt gemeinsam mit Sonja Zietlow in der Show «Stars im Spiegel» zu sehen.
Dabei dürfte manch einer im Vorfeld durchaus hohe Erwartungen an «Endlich kapiert?!» gestellt haben. Zum einen handelt es sich beim Mutterformat «Did you get the Message?» in Belgien um eine erfolgreiche Marke, die mit Lutz van der Horst in der deutschen Adaption zudem mit einem bekannten, beliebten und nicht verbrauchten Gesicht besetzt werden konnte. Zum anderen hat VOX in den vergangenen Jahren schon häufiger bewiesen, dass es Formate erfolgreich adaptieren und ihnen dabei eine eigene Handschrift aufsetzen kann.

Größtes Problem von «Endlich kapiert?!» ist, dass es der Produktion von SEO Entertainment zu häufig an guten Ideen mangelt. Die unfreiwilligen Situationen, in die das Format seine Protagonisten bringt, sind mal ganz nett, mal aber nur unspektakulär bis unkreativ. Die beiden Zwillinge etwa, die einen Familienvater belehren sollen, das Auto zukünftig vollzutanken, mögen ihren Text zwar gut gelernt haben und niedlich im Auftreten sein. Sie sind zugleich aber der mit Abstand unkreativste Denkzettel, der in der ersten Folge von «Endlich kapiert?!» verteilt wird. Das ist reichlich unspektakulär und entspricht nicht den absurden bis kuriosen Situationen, die man als Zuschauer erwartet.

In einem Interview vor dem Start der Sendung betonte Lutz van der Horst, wie aufwändig Versteckte-Kamera-Drehs in der Umsetzung seien. Dem soll an dieser Stelle auch gar nicht widersprochen werden. Fast scheint es aber, als habe man das, was zusätzlich in die logistische Umsetzung geflossen ist, bei der Kreativität wieder einzusparen versucht. Lustige Situationen entstehen so nur selten, häufig will der Funke einfach nicht überspringen.

Für die Sendung spricht, dass es die Verantwortlichen schaffen, für reichlich Abwechslung zu sorgen. Insgesamt zeigt «Endlich kapiert?!» in rund 50 Minuten sieben verschiedene Situationen, womit der Bogen in Sachen Länge niemals überspannt wird. Das Hauptproblem ist auf der anderen Seite aber, dass auf einen mäßig unterhaltsamen Denkzettel häufig nur ein schlechter folgt. Am sehenswertesten sind noch die Situationen, in denen Lutz van der Horst zum Überbringer von Dankesnachrichten wird. In den zwei betreffenden Filmen der Auftaktfolge nimmt der Zuschauer den Protagonisten ihre Freude ernsthaft ab. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn man sich darauf beschränkt hätte

So aber bleibt am Ende der Eindruck, dass «Endlich kapiert?!» zwar mit einem hohen Anspruch antritt, diesem allerdings nicht gerecht wird. Bei all jenen, die einen Denkzettel bekommen, darf man zumindest Zweifel anmelden, ob Lerneffekt und Einsicht einsetzen. Besonders fatal ist aber, dass den Verantwortlichen die guten Ideen gefehlt haben. Besser wäre es gewesen, wenn sich die Produktion weniger Fälle herausgreifen würde, um diese dafür intensiver zu beackern. Während in einigen Situationen durchaus ein Ausrufezeichen gesetzt wird, scheint es regelrecht, als sei der Produktion in anderen Situationen das Geld ausgegangen. Der heiß ersehnte erste Ausflug von VOX ins Comedy-Genre verläuft mit «Endlich kapiert?!» nur lauwarm bis enttäuschend.

VOX zeigt «Endlich kapiert?!» in den kommenden Wochen immer montags um 22.15 Uhr. Schon jetzt sind alle Folgen bei TV Now Premium abrufbar.
15.07.2019 23:20 Uhr Kurz-URL: qmde.de/110738
David Grzeschik

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