Drei schnodderige Grazien werden zu «Rebellinnen» in der neuen französischen Komödie von Autorenfilmer Allan Mauduit.
Filmfacts: «Rebellinnen»
- Start: 11. Juli 2019
- Genre: Komödie/Action
- Laufzeit: 87 Min.
- FSK: 16
- Kamera: Vincent Mathias
- Buch: Jérémie Guez, Allan Mauduit
- Regie: Allan Mauduit
- Darsteller: Cécile de France, Yolande Moreau, Audrey Lamy, Simon Abkarian, Samuel Jouy
- OT: Rebelles (FR 2019)
„Zu viele Köche verderben den Brei!“ – dieses altbekannte Sprichwort sagt aus, dass nie zu viele Leute an ein und derselben Sache herumwerkeln sollten und das lässt sich definitiv auch auf das Filmemachen übertragen. Nur zu oft ist es beispielsweise einem Skript anzumerken, wenn es nicht aus der Feder eines, sondern gleich mehrerer Autoren stammt. Im Fall der französischen Komödie «Rebellinnen» trifft es zwar nur bedingt zu, dafür aber auf ganz anderer Ebene. Denn hier sind es vor allem die zahllosen Einflüsse, die das Endergebnis fad schmecken lassen. «Rebellinnen» ist ein Sammelsurium an Gangsterfilmtropes; „Tarantino Light“ sozusagen. Aber auch Edgar Wright, Guy Ritchie und so ziemlich jeder Andere, der sich in den vergangenen Jahren an energetischem Coup-Kino versucht hat, findet sich in «Rebellinnen» wieder.
Dem Zeitgeist entsprechend erzählt Regisseur und Co-Autor Allan Mauduit («Kaboul Kitchen») hier immerhin von einer Girlgroup, die den Notwehr-Mord an ihrem schmierigen Boss vertuschen will und dabei in einem tödlichen Komplott landet. Kurzweilig ist das allemal, doch durch die zahlreichen Anspielungen und Querverweise in die Richtung von Filmen, die wir eben alle schon mal gesehen haben, hat «Rebellinnen» kein Alleinstellungsmerkmal und ist im Genre ziemlich verzichtbar.
Gangsterinnen wider Willen
15 Jahre lebte die Provinz-Schönheitskönigin Sandra (Cécile de France) an der Côte d’Azur, jetzt kehrt sie nach Nordfrankreich zurück und zieht wieder bei ihrer Mutter ein. Arbeit findet die Ex-Miss in der ortsansässigen Fisch-Konservenfabrik und unter den Kolleginnen auch gleich zwei neue Freundinnen – die einsame, aber scharfzüngige Hausfrau Nadine (Yolande Moreau) und Marilyn, eine hysterische, alleinerziehende Mutter (Audrey Lamy). Weniger gut kommt sie mit ihrem Chef zurecht, der immer wieder zudringlich wird, bis sie ihn eines Tages, als sie sich mal wieder zur Wehr setzen muss, ausversehen tötet. Während die drei Freundinnen noch überlegen, was nun zu tun ist, stoßen sie im Schließfach des Toten auf eine Tasche voller Geld. Spontan beschließen sie, den unerwarteten Reichtum unter sich aufzuteilen. Ein todsicherer Plan? Kann man so sagen. Denn plötzlich ist ihnen nicht nur die Polizei auf den Fersen, sondern auch ein örtlicher Gangster und die halbe belgische Unterwelt…
Zumindest in einem Punkt variiert Allan Mauduit die gängigen Motive des Gangsterkinos, indem er die Handlung von «Rebellinnen» im Arbeitermilieu verortet. Die hier im Mittelpunkt stehenden Figuren leben nicht in luxuriösen Häusern, fahren keine schicken Sportwagen und die Gangster schmücken sich auch nicht mit drallen Bikini-Schönheiten. Hier wird noch auf allen Seiten malocht; wahlweise in einer Fischfabrik oder eben in der französischen Unterwelt, die nicht faszinierend-glamourös ist, sondern eiskalt und kompromisslos. Es hat etwas Erfrischendes, dass im Kino einmal nicht die Mittel- und Oberschicht bedient wird, sondern der Teil der Gesellschaft, für den normalerweise keine Filme gedreht werden. Und wenn, dann sind das meistens Problemdramen, die davon handeln, wie man aus dem Proletariat am schnellsten wieder herauskommt.
Verklärend wird das Skript von Mauduit und Jérémiz Guez («The Night eats the World») trotzdem nie. Die in «Rebellinnen» im Mittelpunkt stehenden Protagonistinnen machen keinen Hehl daraus, dass sie aus ihren prekären Lebensumständen schon ganz gern irgendwann ausbrechen würden, ihnen allerdings bislang das Geld fehlte, um genau diesen Plan in die Tat umzusetzen. Als sich ihnen die Möglichkeit eröffnet, genau das endlich zu tun, fackeln die Drei nicht lange und wachsen über sich hinaus. Schade ist nur, dass sich der Plot nach den amüsanten Mord- und Zerstückelungsereignissen (nie wurde eine Leiche kreativer aus der Welt geschafft!) konsequent gen Durchschnitt und schließlich auch darunter manövriert.
Frauenpower, der die Luft ausgeht
Dabei wohnt der Handlung eigentlich etwas sehr Befreiendes inne. Der Film schlägt sich durch und durch auf die Seite seiner titelgebenden Rebellinnen, die sich zunächst gegen das System, anschließend gegen ihren übergriffigen Boss und schließlich gegen ihre Widersacher zur Wehr setzen müssen, wobei es bei Letzterem nie eine Rolle spielt, dass es sich bei Sandra, Nadine und Marilyn um Frauen handelt. Haben die bösen Buben erstmal ihre Spuren aufgenommen, gehen sie mit ihnen genauso hart ins Gericht wie mit jedem anderen Widersacher auch. Dass man Sandra allerdings auch noch eine private Verbindung mit den Gangstern andichtet, ist dann doch etwas zu viel des Guten und lässt das Ganze konstruierter aussehen, als es das sonst eigentlich ist. Darüber hinaus zerfasert «Rebellinnen» nach dem gelungenen Auftakt spürbar.
Zwischenmenschliche Probleme, Schießereien, Verfolgungsjagden und der Versuch, zwischen alledem die innige Freundschaft der drei Frauen zu betonen – Allan Mauduit bekommt derart viele Ansätze nicht gewuppt und macht letztlich das, was wir schon zu Beginn angedeutet haben: Er sucht sich aus alledem die Dinge aus, die wir schon aus anderen Filmen zur Genüge kennen und inszeniert letztlich ein Best-Of-Gangsterfilm, dem mit fortlaufender Spielzeit sein Überraschungseffekt abgeht. Kennst du einen, kennst du alle.
Darunter leidet auch eine der großen Stärken von «Rebellinnen»: die Besetzung. Mit Cécile de France («High Tension»), Yolande Moreau («Die fabelhafte Welt der Amélie») und Audrey Lamy («Die Schöne und das Biest») spielen hier drei Ladys die Hauptrollen, die sich mit ihrer Kodderschnauze und ihrem Mut zur Natürlichkeit nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Mit Ausnahme der immerhin ansatzweise um einen privaten, wenn auch sehr klischeehaften Background ergänzten Sandra, ist das aber ach schon das Einzige, worüber sich die Frauen definieren lassen. Wenngleich man von der einen mal den Ehemann, von der anderen mal den Sohn zu Gesicht bekommt, erhält man nie ein Gefühl dafür, was die Frauen abseits ihrer Gangsterkarriere wider Willen ausmacht. Interessant sind sie somit nur bedingt und insbesondere im letzten Drittel weichen die durchgehend recht gewieften Dialoge auch noch hysterischem Geschrei.
Das wird «Rebellinnen» nicht gerecht, denn auch, wenn sich hier nur bedingt neue Genrefacetten ausmachen lassen, so tut es doch gerade gut, einmal einen weiblichen Tarantino-Klon zu erleben. Schade, dass dieser auf den letzten Metern dann doch wieder alle Klischees bestätigt, um die sich die Macher zuvor so geschickt herummanövrieren konnten.
Fazit
Mehr Fingerübung als ausgereiftes Kinoabenteuer: «Rebellinnen» fühlt sich an wie ein Sammelsurium aller möglicher Tarantino- und Gangsterfilmmotive, vorgetragen von drei nur mäßig interessanten Hauptfiguren. Wenn hier am Ende jeder jeden ankeift, wird’s auch noch ganz schön nervig.
«Rebellinnen» ist ab dem 11. Juli in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel