Der neuste «Tatort» aus München blickt in die wilde Vergangenheit eines seiner Ermittler-Protagonisten ...
Cast und Crew
- Regie: Andreas Kleinert
- Drehbuch: Alex Buresch, Matthias Pacht
- Darsteller: Andreas Lust, Udo Wachtveitl, Miroslav Nemec, Justus Johanssen, Ellen ten Damme, Michael Tregor, Luise Aschenbrenner, Lena Baader, Ferdinand Hofer, Robert Josef Bartl, Genija Rykova, Giulia Goldammer, Jonathan Müller, Sören Wunderlich
- Kamera: Johann Feindt
- Schnitt: Vera van Appeldorn
- Musik: Daniel Michael Kaiser
Nach einer nächtlichen Surfsession an der Welle im Münchner Eisbach wird Mikesch (Andreas Lust) Opfer einer Messerattacke, die er schwer verletzt überlebt. Mikesch, seines Zeichens ein schräger Vogel höchster Güteklasse, war Anfang der 80er-Jahre ein enger Freund von Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl). Gemeinsam mit der Holländerin Frida (Ellen ten Damme) verbrachten sie einst einen aufregenden Sommer zu dritt am Strand des portugiesischen Fischerorts Nazaré. Kurz darauf brach Franz aber den Kontakt zu beiden wortlos ab. Als er jetzt, Jahrzehnte später, berufsbedingt wieder auf Mikesch trifft, ist dennoch mit einem Schlag das alte Lebensgefühl wieder nah. Batic (Miroslav Nemec) wundert sich daher enorm über seinen Freund, ebenso wie über dessen Kumpel Mikesch. Denn statt mit der Polizei zu kooperieren, flüchtet der lieber aus dem Krankenhaus …
Es ist der mittlerweile 81. Fall von Leitmayr und Batic, und dieses Mal bringt uns der BR Leitmayr näher. Auch wenn die Idee, einen gesetzten Ermittler mit einer wilderen Vergangenheit zu kontrastieren, nicht neu ist, hat sie weiterhin Reiz und lockert den Münchener Krimialltag auf. Auch narrativ ist dieser Fall kein Standardfall für diese «Tatort»-Reihe, da sie weniger Tätersuche ist, sondern mehr Drama mit kauzigen Figuren.
Neben Mikesch ist auch dessen Kumpel Heinrich (Michael Tregor) eine echte Marke von einem Kerl. Er hat jedoch Voraussicht, warnt Mikesch immer wieder davor, sich in neue Eskapaden zu stürzen, während dieser nur einen Weg kennt – den der Flucht. Das Unglück schwebt bedrohlich über Mikesch, und die treibende Frage dieser «Tatort»-Ausgabe ist daher, ob er die Kurve kriegt, und nicht, wer wann was warum getan hat.
Suspense schürt Andreas Kleinerts gelassene Regieführung nicht, und wenn sich dieser «Tatort» in seichte Actiongewässer bewegt, wirkt der Fall ungelenk. Aber Kleinert überzeugt in den tragikomischen Charaktermomenten, die er mit stilsicherer Hand und vereinzelten visuellen Metaphern umsetzt. Somit umschifft er auch zuweilen die Tücke dieses Falls, dass es schwer fällt, Leitmayr die Vergangenheit abzunehmen, die ihm die Autoren Alex Buresch und Matthias Pacht ohne narratives Fingerspitzengefühl verpassen. Dass Schauspieler Sören Wunderlich in den Rückblenden ein paar Leitmayr-Gesten von sich gibt, drosselt diese qualitative Sorge weiter.
In den Szenen, in denen «Die ewige Welle» zur erzählerischen Abwägung zwischen Freiheit und Stabilität, Individualität und Existenzgründung, Freude und Vernunft wird, fällt dem «Tatort» das Gewicht der Reihenkonventionalität glücklicherweise ab: Kleinert lässt die kauzigen Figuren für sich sprechen, die Dilemmata, die sich Stück für Stück in diesen rund neunzig Filmminuten ergeben, in ihrer Verfahrenheit entfalten. Und so ergibt sich das Surfer- und Kifferpendant
zum Kneipenszene-Fall, den «München Mord» kürzlich abhielt.
«Tatort: Die ewige Welle» ist am 26. Mai 2019 um 20.20 Uhr im Ersten zu sehen.
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