Am 18. September sollen die deutschen aller Voraussicht nach einen neuen Bundestag wählen. Wichtig dabei wird auch die Frage sein, wer künftig das Land regiert. Um den potentiellen Wählern die Enscheidung zu erleichtern, wird es Anfang September zu einem Aufeinandertreffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seiner Herausforderin Angela Merkel (CDU) kommen. Doch bereits an den beiden vergangenen Donnerstagen konnten sich die Zuschauer ein Bild von beiden Kandidaten machen, die - natürlich - immer nur alleine zu sehen waren.
Merkel: "Keine Wählerbeschimpfung"
Am 11. August stellte sich Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel den kritischen Fragen von ZDF-Moderatorin Maybrit Illner in der Talkshow «Berlin Mitte». 3,67 Millionen Zuschauer ab drei Jahren sahen damals den teilweise unterhaltsamen Auftritt der aus der Uckermark stammenden Politikerin. Der Marktanteil lag bei guten 17,8 Prozent. Bei den 14- bis 49-Jährigen erzielte die Sendung, in der Merkel auch Stellung zu den umstrttenen Ostdeutschen-Äußerungen von CSU-Chef Stoiber Stellung nehmen musste, mit 590.000 Zuschauern hingegen nur 6,6 Prozent Marktanteil.
"Ich habe 35 Jahre nicht frei wählen können, und wir haben jetzt die Chance der freien Wahl, wir haben den Schatz der freien Wahl. Und ich kann nur sagen, dass heißt für mich, werben um jede Stimme. Und das werde ich in den neuen Bundesländern tun, das werden wir von der CDU tun, das werden wir von der CSU tun. Aber Wählerbeschimpfung, das ist das Falsche, was wir nicht brauchen können", sagte sie auf Fragen zu den Äußerungen Stoibers. Merkel betonte: "Wahlen werden in Nord und Süd, in Ost und West gewonnen." Erneut lehnte die Parteivorsitzende eine große Koalition ab. "Ich hielte das für eine ganz ungute Konstellation und für eine Koalition, die Deutschland nicht voranbringen würde, weil der Bundeskanzler, der ja richtigerweise mit der Agenda 2010 vernünftige Schritte eingeleitet hat, ja gescheitert ist genau an seiner Partei." Das Ziel bei der Wahl der Union formuliert Merkel mit "über 40 Prozent".
Schröder: "Reformen notwendig und richtig"
An diesem Donnerstag war nun der Bundeskanzler als einziger Gast in Illners ZDF-Talk zu sehen: Der seit sieben Jahren regierende Gerhard Schröder verteidigte seinen eingeschlagenen Reformkurs und erklärte unter anderem, was er im Falle einer Wiederwahl in den kommenden vier Jahren machen möchte. Doch das Interesse des Publikums hielt sich in Grenzen: Genau eine Million Zuschauer weniger, nämlich nur 2,67 Millionen, sahen das Gespräch mit dem SPD-Spitzenpolitiker aus Hannover. Der Marktanteil lag bei nur 13,9 Prozent. Auch in der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen hatte Schröder im Vergleich zur Merkel-Sendung - wenn auch etwas knapper - das Nachsehen: Lediglich 480.000 junge Zuschauer sahen den Auftritt des SPD-Manns. Es wurde ein Marktanteil von 5,8 Prozent erzielt.
Schröders Ziel sei es, "die SPD zur stärksten Partei zu machen", so der Bundeskanzler im ZDF. Er fügte hinzu: "Dazu brauche ich alle Kraft. Aber wenn es eine Gelegenheit gibt, das mit Joschka Fischer auszudrücken, werde ich das tun." Eine Stellungnahme zu Spekulationen über eine große Koalition von SPD und Union nach dem 18. September lehnte auch Schröder ab. Die geplante Angleichung der Arbeitslosengeld-II-Zahlungen in Ost- und Westdeutschland bekräftigte der Bundeskanzler im Interview. Wie schon in anderen Gesprächen bezeichnete Schröder seine Politik als "notwendig und richtig, um auch in Zukunft Sozialstaatlichkeit in Deutschland durchzusetzen".
Das Quoten-Duell bei «Berlin Mitte» konnte Angela Merkel für sich entscheiden. Wer aber die Wahl am 18. September wirklich gewinnt, muss sich allerdings erst noch zeigen - wenn nicht das Bundesverfassungsgericht allen einen Strich durch die Rechnung macht.