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Die Kritiker: «Grenzland»

Der österreichische Fernsehfilm «Grenzland» spielt mit der Flüchtlingsthematik, gesellschaftlichen Feindbildern und Vorurteilen. Ob dabei ein intelligentes TV-Produkt herausgekommen ist oder doch ein weiterer mittelmäßiger Versuch Flüchtlinge in die TV-Landschaft zu integrieren klärt unser Autor.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Brigitte Kren ist Elfriede Jandrasits
Christoph Krutzler ist Hans Boandl
Wolfram Berger ist Wolfgang
Hassan Akkouch ist Achmet
Martin Weinek ist Vukic

Hinter der Kamera:
Regie: Marvin Kren
Drehbuch: Konstanze Breitebner
Kamera: Georg Geutebrück
Musik: Stefan Will/ Marco Dreckkötter
Schnitt: Olivia Retzer
Die Ermittlerin Elfriede Jandrasits inspiziert die Leiche der achtzehnjährigen Renate, die an einem Straßenstück einer kleinen österreichischen Gemeinde aufgefunden wurde. Das junge Mädchen hat eine Sprachbarriere und der Verdacht der Vergewaltigung steht im Raum. Wenige Meter von ihr entfernt findet man eine Tasche mit Übersetzungsbüchern für die arabische Sprache und die Zeichnung eines jungen ausländisch aussehenden Mannes. Jandrasists begibt sich in die nahegelegene Flüchtlingsunterkunft um Nachforschungen anzustellen. Die Ermittlerin wird mit Fremdenfeindlichkeit konfrontiert, zugleich erhärtet sich aber der Verdacht gegen den Asylanten Achmet. Die Fronten verhärten sich und für Jandrasits wird es zunehmend schwieriger den Fall zu durchblicken.

In Österreich regiert aktuell die ÖVP gemeinsam mit der FPÖ, wobei die Freiheitliche Partei Österreich häufig in der internationalen Öffentlichkeit unter Kritik steht - aufgrund rechtsradikaler Einstellungen und Tendenzen. Sympathien zu nationalsozialistischen Gruppierungen und Vorwürfe des Islamfeindlichkeit sind dabei für den Parteivorsitzenden Heinz-Christian Strache keine Seltenheit. Vor dem Strache/Oligarchen Skandal galt die Koalition als sicher. Doch die Neuwahlen wohl im September besiegeln das vorzeitige Ende. Wie geht also ein Film wie «Grenzland» mit der Flüchtlingsthematik um unter Anbetracht des politischen Hintergrundes des Landes? Die Antwort ist vielseitig.

Zum Einen zeigt «Grenzland» die Verdrossenheit der älteren Dorfbewohner, die der Flüchtlingswelle von 2015 kritisch gegenüberstehen. Die Stammtischgespräche und Zeitweilens aufblitzenden Parolen gegen Politiker und Flüchtlinge kann man als Zuschauer als rassistisch und populistisch deuten und man fühlt sich an die Programmatik der FPÖ erinnert. Zugleich aber bekommt man düster und bedrohlich schauende Flüchtlinge auf der Mattscheibe zu sehen, die mit dem Messer in der Tasche durch das Dorf gehen. Auch die Ermittlerin Jandrasits macht einen voreingenommenen Eindruck und so kommt sie schnell zu dem Entschluss, dass es sich um eine Beziehungstat handeln muss und Achmet der Täter ist.
Dass die Ermittlerin eine gewisse Voreingenommenheit an den Tag legt, überträgt sich auf subtile Weise auch auf den Zuschauer. Man wird mit den familiären und patriarchalisch geprägten Familienbildern der islamischen Religion konfrontiert und der Vorwurf, dass ein Asylant der Mörder ist, erscheint immer wirklicher.

Dies ist der Moment, in dem sich Breitebners Drehbuch als äußerst vielschichtig und facettenreich darstellt. Denn das Klischee des bösen Asylanten bekommt im Verlaufe des Krimis immer weitere kleine Risse, bis es letztendlich vollends auseinanderfällt. Ohne das Ende vorweg zu nehmen bleibt am Ende das Bild einer zerrütteten Gesellschaft, die sich auf einfache Feindbilder stürzt, anstatt sich selbst zu hinterfragen.

Brigitte Kren kann als Ermittlerin Jandrasits ist schauspielerisch stark, bringt den Zuschauer zum Mitfühlen und Mitdenken. Da stört es auch nicht, dass die zweite Handlung rund um Jandrasits Mann und dessen Pensionierung zur Nebensächlichkeit verkommt.

Fazit:Nach dem gemächlichen Start legt «Grenzland» an Tempo zu und mustert sich zu einem starken Drama, das man sogar als einen sinnvollen Beitrag zur Völkerverständigung verstehen kann. Klischees und Vorurteile werden hinterfragt und gebrochen, bis man die Wahrheit in einem schmerzhaften Finale erfährt. «Grenzland» ist keine Gute-Laune-Unterhaltung, dafür aber ein spannender Krimi, der mit aktuellen Zeitgeschehen spielt.

Das ZDF zeigt «Grenzland» am Montag, 20. Mai 2019 um 20.15 Uhr.
20.05.2019 09:38 Uhr Kurz-URL: qmde.de/109424
Martin Seng

super
schade


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Grenzland

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